Inhaltszusammenfassung:
Die vorliegende retrospektive Fall-Kontroll-Studie beschäftigt sich mit der Identifikation von Risikofaktoren und frühen Warnsymptomen bei der Entstehung eines Volvulus ohne Malrotation bei extrem kleinen Frühgeborenen. Eine diagnostische Abgrenzung zur nekrotisierenden Enterokolitis wurde versucht. Dies spielt eine entscheidende Rolle für das weitere therapeutische Vorgehen, da es sich beim VOM sowie bei der NEC um hochakute, fulminant verlaufende Krankheitsbilder handelt, jedoch beim VOM im Gegensatz zur NEC immer eine sofortige operative Intervention notwendig ist. Für die Ergebnisse der Studie wurden 5 VOM-Patienten mit jeweils 5 Kontrollpatienten und insgesamt 9 NEC-Patienten, aus den Jahren 2007 bis 2011, verglichen.
Die VOM-Patienten gehörten alle zu den extrem untergewichtigen Frühgeborenen. Das mediane postmenstruelle Alter lag bei Manifestation bei 31. Gestationswochen. Weder ein verspäteter Mekoniumabgang noch eine verminderte Stuhlfrequenz in den Tagen vor dem Volvulus sprachen für ein Problem unzureichender Peristaltik. Im Gegensatz zu früheren Veröffentlichungen konnte die vorliegende Studie die Häufigkeit der Bauchmassagen nicht als Risikofaktor identifizieren. Es zeigten sich jedoch Hinweise auf vermehrten Meteorismus, welcher einen Risikofaktor für eine Darmtorquierung darstellen kann. Ausserdem zeigte sich eine tendenziell vermehrte Ateminstabilität vor der Manifestation des Volvulus. Auffällig ist, dass ein erheblicher Anteil der VOM-Patienten, aber kein Vergleichspatient beim Eintreten des VOM mittels HFO-CPAP atemunterstützt wurde.
Die VOM-Patienten wiesen ein geringeres postmenstruelles Alter und Gewicht bei der Geburt als die NEC Patienten auf. Außerdem manifestierte sich die NEC signifikant früher als der VOM. Spezifische klinische Symptome beim VOM konnten nicht ermittelt werden. In der Sonographie waren beim VOM dilatierte Dünndarmschlingen zu erkennen. Eine stark verdickt Darmwand, welche vor allem auch im Röntgen zu erkennen war, könnte ein Hinweis auf einen VOM sein.
Obwohl die Leitlinien hinsichtlich der Behandlung von Frühgeborenen mittels Bauchmassagen, Darmrohrinterventionen, Darmspülungen, CPAP-Atemunterstützung usw. nicht geändert wurden, gab es in den auf den Untersuchungszeitraum folgenden Jahren bis zum Abschluss dieser Studie Ende 2014 keine weiteren VOM-Fälle bei Frühgeborenen im Universitätsklinikum Tübingen.
Im Anschluss an diese Studie wurde eine prospektive deutschlandweite Beobachtungsstudie zur Erfassung von Inzidenz, klinischer Symptomatik sowie Risikofaktoren des VOM gestartet, um mögliche Präventionsstrategien zu entwickeln und den VOM eindeutiger von anderen gastrointestinalen Erkrankungen abzugrenzen.