Zusammenhang von Fitness und dem metabolen Risiko bei morbid adipösen Frauen

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/70655
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-706552
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-12070
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2016-06
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Zahnmedizin
Gutachter: Nieß, Andreas (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2016-06-06
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Schlagworte: Fitness , Fettsucht
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Eine große Zahl an Untersuchungen dokumentiert den Zusammenhang zwischen dem Vorliegen einer Adipositas einerseits und einer Zunahme des Krankheitsrisikos und einer Erhöhung metaboler Risikofaktoren andererseits. Darüber hinaus gibt es erste Hinweise darauf, dass eine gesteigerte kardiorespiratorische Fitness die Sterblichkeit und das Risiko für Begleit- und Folgekrankheiten der Adipositas attenuieren kann. Unklar ist, ob sich der modulierende Effekt der kardiorespiratorischen Fitness auch auf Patienten mit morbider Adipositas übertragen lässt. In der vorliegenden Arbeit wurde auf der Basis einer Personenstichprobe von Patienten der Tübinger Plattform Adipositas der Zusammenhang zwischen morbider Adipositas, dem vorliegenden metabolen Risiko und der kardiorespiratorischen Fitness bzw. Leistungsfähigkeit untersucht. Hierzu wurden ausschließlich aus Routineuntersuchungen die Daten von 204 Patientinnen der Tübinger „Plattform Adipositas“ ausgewertet und über Laboranalysen das metabole Risikoprofil bestimmt. Die Patientinnen mussten gewisse Vorbedingungen erfüllen - Gehfähigkeit, Ausschluss von Diabetes Mellitus Typ 2 - und möglichst in der Lage sein, das Belastungsprotokoll weitgehend absolvieren zu können. Das Belastungsprotokoll (Stufentest) wurde wenn möglich bis zur maximalen Auslastung der Patientinnen durchgeführt. Mit Hilfe endokrinologischer Verfahren wurden aus Blutanalysen die einzelnen Risikofaktoren ermittelt. Die Ergebnisse zeigten, dass mit steigendem BMI die Sauerstoffaufnahme der Patientinnen bei submaximalen aber auch bei maximalen Belastungsstufen signifikant zunahm. Definiert man die kardiorespiratorische Fitness als den Quotienten aus normiertem Sauerstoffverbrauch und dem aus der Körpergröße errechneten Normalgewicht, wiesen Frauen mit morbider Adipositas eine höhere kardiorespiratorische Fitness auf als Frauen mit leichter bis mittelschwerer Adipositas. Erstmals konnte an einem relativ großen Kollektiv (n > 200!) beobachtet werden, dass die kardiorespiratorische Fitness morbid adipöser Personen nicht zwingend herabgesetzt, sondern vielmehr erhalten bzw. im Vergleich zu weniger adipösen Vergleichspersonen erhöht ist. Ein zentrales Anliegen der vorliegenden Arbeit war die Herausarbeitung von entsprechenden klinischen und physiologischen Konsequenzen. Zunächst musste geklärt werden, ob sich durch den Einfluss des morbid erhöhten Körpergewichts auch veränderte metabolische Risikoprofile ergeben. Bei den ausgewählten Risikofaktoren konnte ein leicht positiver Zusammenhang von BMI und sowohl den absoluten als auch den alters-adjustierten Konzentrationen beobachtet werden. Kumuliert man unterschiedliche Risikofaktor in abgestufte Klassen und setzt diese in Beziehung zum BMI der Teilnehmerinnen konnte klar dargestellt werden, dass Patientinnen mit morbid erhöhtem BMI ein höheres Risikoprofil als Patientinnen mit milderen Ausprägungen aufwiesen. Die generell relativ geringen Ausprägungen des Bestimmtheitsmaßes machen allerdings allgemeine Aussagen problematisch, da im Allgemeinen nur relativ schwache Tendenzen zwischen BMI und individuellen Risikoprofilstrukturen ermittelt werden konnten. In der dritten Fragestellung sollte ein möglicher Zusammenhang zwischen der kardio-respiratorischen Fitness und den Risikofaktoren herausgearbeitet werden. Dieser Zusammenhang konnte zwar für die submaximalen und für die maximalen Fitnesswerte, abgeschätzt durch die Sauerstoffaufnahme, teilweise gesichert werden, die erklärten Kovarianzen sind jedoch überraschend gering. Deshalb wurden in einem erweiterten Schritt die Leistungskennwerte an den Belastungsstufen mit dem Risikoprofil verglichen. Hierbei ließen sich sich signifikante Zusammenhänge zwischen der geleisteten Wattzahl sowohl bei maximaler als auch bei submaximaler Auslastung nachweisen. Interessanterweise zeigte sich in diesem Kontext, dass das kumulierte Risikoprofil bei Frauen mit relativ geringen Sauerstoffaufnahmewerten bzw. geringer Leistungsfähigkeit bei submaximalen Belastungsstufen höhere Korrelationen aufwies als bei maximalen Belastungsstufen. Betrachtet man die positiven Zusammenhänge zwischen dem BMI und der körpergewicht-normierten Sauerstoffaufnahme, so könnte in erster Sicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass morbid adipöse Frauen eine erhöhte funktionelle Fitness besitzen. Dieser Schluss ist aus einigen Punkten nicht gerechtfertigt: einerseits ist die reale, nicht gewichtsnormierte Sauerstoffaufnahme nicht proportional erhöht, andererseits sind die erreichten maximalen Leistungen ebenfalls nicht vergrößert. Demnach könnte als Erklärungsmodell die Unverhältnismäßigkeit der aktiven und nicht aktiven Körpermasse herangezogen werden: Frauen mit morbid adipöser Konstitution müssen mit ihrer vorhandenen Muskelmasse die disproportional erhöhten Fettmassen (Fett- und Bindegewebe) zusätzlich bewegen, was durchaus für eine erhöhte periphere Sauerstoffausnutzung sprechen würde. Diese Schlussfolgerung stützt sich primär auf den erhöhten Energiebedarf eines veränderten, ineffizienten Gangbildes und eine erhöhte Atemarbeit. Unterstellt man adipösen Personen eine vergleichbare Größe an „lean-body-mass“, so ist allein aus mechanischer Sicht verständlich, dass die Mehrarbeit bei Personen mit hohen BMI-Werten durch die physiologische Mehrarbeit der beteiligten Muskulatur umgesetzt werden muss. Allein hieraus ergäben sich höhere Trainingsreize und damit logisch auch entsprechend verbesserte Fitnesskennwerte. Auch wenn für die Risikofaktoren im Einzelnen nur schwache Tendenzen vorlagen, so konnte auf der Basis des umfangreichen Datensatzes erstmalig gezeigt werden, dass eine Kumulation der Anzahl der Risikofaktoren durchaus mit dem Körpergewicht, der Fitness und der Leistungsfähigkeit unter maximalen und submaximalen Beanspruchungen assoziiert ist. Die durchweg niederen, teilweise nur randständig statistischen Differenzen lassen sich primär aus der Selektivität (Diabetes mellitus als Ausschlusskriterium, klinisch nicht bedeutsame Veränderungen der individuellen Risikofaktoren etc.) interpretieren. Weiterhin muss limitierend konstatiert werden, dass die Verfahren bei der vorliegenden Studie nicht differenziert auf die Verteilung der Fettmassen eingehen konnten. In der neueren Literatur wird der anatomischen Variante des Körperfettanteils eine erhebliche Bedeutung für die Bewertung von Risikofaktoren eingeräumt. Hierzu müssten in künftigen Untersuchungen die individuellen Verteilungsmuster differenziert analysiert werden. Der etwas überraschende Befund, dass Sauerstoffparameter kaum und Leistungsparameter sehr viel deutlicher mit dem Risikoprofil assoziiert sind, könnte darauf zurückzuführen sein, dass die Effekte, welche bei adipösen Patienten zu einer vermehrten Sauer-stoffaufnahme führen (wie nicht aktive Körpermasse, vermehrte Atemarbeit, Halte-Stütz-Kontrolle etc.), eigentlich nicht auf die erbrachten Leistungen übertragbar sind. Eine Erklärung dieser Diskrepanz könnte sein, dass das Risikoprofil eher durch eine höhere aerobe Kapazität der in die Fortbewegung einbezogenen Skelettmuskulatur als durch Faktoren der generellen kardiorespiratorischen Kapazität (Fitness) beeinflusst wird. Die vorliegende Arbeit zeigt an einem sehr großen Patientenkollektiv den Zusammenhang von erhöhter Adipositas und Fitness- bzw. Risikoprofilierung auf. Die Ergebnisse weisen in einigen Aspekten auf die Bedeutung von kardiorespiratorischen Parametern zur Beschreibung der Fitness und damit letztendlich auch der Risikoprofilierung hin. Allerdings sind die Zusammenhänge einerseits relativ milde und andererseits häufig durch andere Einflussgrößen maskiert.

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