Inhaltszusammenfassung:
Molekulare und morphologische Daten sind wesentlich für die phylogenetische Rekonstruktion der Taxa und Populationsgeschichte innerhalb einer Spezies. Während beide Beweislinien parallel verwendet werden, um die menschliche Evolutionsgeschichte zu rekonstruieren, können sie manchmal zu widersprüchlichen Ergebnissen führen. Diese kumulative Dissertation zielt darauf hin, konkurrierende Hypothesen zur Verbreitung moderner Menschen aus Afrika zu testen. Hierzu werden parallel molekulare und morphologische Daten verwendet. Populations- und quantitativ-genetische Methoden werden mit genomischen und Schädelformdaten von Populationen aus Afrika, Asien und Australien verwendet. Die erste Studie untersucht den Zusammenhang von neutraler genomischer Variation und Schädelform. Hierzu werdenjeweils Einzel-Nukleotid-Polymorphismen (SNPs) und anatomische 3D Landmarks quantifiziert. Das Ergebnis dieser ersten Studie ist, dass insbesonders die Form des Schläfenbeins ein starkes Signal der Populationsgeschichte der neutralen Differenzierung des modernen Menschen wiederspiegelt. In der zweiten Studie, werden SNPs und Schläfenbeinform als unabhängige Beweislinien verwendet, um konkurrierende Out-of-Africa Hypothesen zu testen. Beide Datensätze bekräftigen die ‘multiple dispersal’ Hypothese, nach der anatomisch modernen Menschen sich während des Mittelpleistozäns entlang einer südlichen Route nach Asien ausbreiteten und erst im Spätpleistozän entlang einer nördlichen Route nach Eurasien auswanderten.In der dritten Studie werden Schädelformdaten von Fossilien aus dem Mittel- und Spätpleistozän Afrikas und der Levante genutzt, um die ‘multiple dispersal’ Hypothese zu bekräftigen. In der vierten Studie werden diese Ergebnisse in einer Rezension diskutiert. Um widersprüchliche Beweislinien und laufende Debatten in Einklang zu bringen, wird ein nuanciertes Out-of-Africa Szenario, das eine frühe Ausbreitung in Südwestasien und eine verzögerte Expansion in Eurasien vorsieht, vorgeschlagen. Schließlich wird in der fünften Studie der Zusammenhang zwischen Schädelformvariation und linguistischer Variation diskutiert, wobei das Potential linguistischer Daten zur Rekonstruktion der menschlichen Evolutionsgeschichte hervorgehoben wird. Die in dieser Dissertation erfolgte Synthese aus morphologischen, genotypischen, und linguistischen Daten vermag wichtige biologische und kulturelle Aspekte der menschlichen Evolutionsgeschichte zu beleuchten.