Psychophysiologischer Wirksamkeitsnachweis eines multimodalen Therapiekonzepts bei Jugendlichen mit Anorexia nervosa

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/69278
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-692787
http://dx.doi.org/10.15496/publikation-10694
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2016-04-12
Sprache: Deutsch
Fakultät: 7 Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
7 Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Fachbereich: Psychologie
Gutachter: Hautzinger, Martin (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2016-03-07
DDC-Klassifikation: 150 - Psychologie
Schlagworte: Anorexia nervosa
Freie Schlagwörter: Jugendliche
multimodal
anthroposophisch
Herzratenvariabilität
Körperwärme
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Vor dem Hintergrund eines noch jungen Forschungsfeldes bezüglich der Evaluierung von Therapieverfahren bei jugendlichen Anorexia nervosa (AN) Patienten machte es sich die folgende Arbeit zum Ziel, die Wirksamkeit eines integrativen stationären Behandlungskonzepts basierend auf den Grundsätzen der anthroposophischen Medizin zu untersuchen. Die AN gilt bis dato als eine schwer behandelbare Erkrankung mit chronischem Verlauf, welche leitliniengetreu durch psychotherapeutische Verfahren behandelt werden sollte. Vorhandene Reviews, welche den noch geringen Forschungsstand hinsichtlich jugendlicher AN Stichproben zusammenfassen, weisen auf die Bedeutsamkeit familientherapeutischer Inhalte für den Langzeitverlauf hin. Des Weiteren wird als ein bedeutender Prädiktor für den Therapieverlauf die meist stark ambivalent ausgeprägte Therapiemotivation der Patienten angesehen. Daher wurde in der vorliegenden Arbeit ein besonderes Augenmerk unter anderem auf die Veränderungsmotivation und deren Einfluss auf den Behandlungsverlauf gelegt. Im Hinblick auf die durch die Erkrankung bedingten körperlichen Veränderungen und dem damit einhergehenden hohen Mortalitätsrisiko bei AN wurden neben der Erfassung psychischer Merkmale Veränderungen im autonomen Nervensystem sowie in der Körperwärmeverteilung näher betrachtet. Insgesamt nahmen 40 AN Patienten im Alter zwischen 11 und 18 Jahren (M=14.76, SD=1.72, BMI=14.11), die im Erhebungszeitraum von Mai 2013 bis Oktober 2014 auf der psychosomatischen Kinder- und Jugendstation der Filderklinik behandelt wurden, an der Studie teil. Die Patienten erhielten ein auf anthroposophischen Gesichtspunkten beruhendes Behandlungsprogramm, welches tiefenpsychologische, systemisch familientherapeutische und medizinische Maßnahmen mit äußeren Anwendungen und Kunsttherapien verbindet. Zu vier Messzeitpunkten – t0 = vor dem ersten ambulanten Vorgespräch (nur Veränderungsmotivation erfasst), t1 = bei stationärer Aufnahme, t2 = sechs Wochen nach t1, t3 = drei Monate nach t2 – wurden sowohl psychologische als auch physiologische Parameter anhand evaluierter Fragebögen und Messinstrumenten erhoben. Darunter die essstörungsspezifische Symptomatik (EDI-2), die komorbide depressive und ängstliche Symptomatik (HADS), die Lebenszufriedenheit (SF-12), die Veränderungsmotivation (ANSOCQ) sowie der Body-Mass-Index (BMI). Veränderungen in der Herzratenvariabilität (HRV) wurden anhand drei verschiedener HRV-Tests gemessen: Messung der Respiratorischen Sinusarrhythmie (RSA), der Orthostase-Test (Liegen-Stehen) und die 24-Stunden-HRV Messung. Die Veränderungen in der Körperwärmeabstrahlung wurden mittels Aufnahmen einer Thermographie-Kamera erfasst. Für den Vergleich mit einer gesunden Stichprobe durchliefen 40 gesunde Jugendliche (Alter: M=15.03, SD=1.67; BMI=19.43) einmalig die gesamte Testbatterie bis auf den Fragebogen zur Veränderungsmotivation. Wie erwartet nahm die essstörungsspezifische und komorbide Symptomatik im Verlauf der Therapie ab, während die Lebenszufriedenheit signifikant zunahm, sodass im Vergleich zur Kontrollgruppe keine Unterschiede mehr bestanden. Hinsichtlich der Veränderungsmotivation zeigte sich eine Zunahme von t0 nach t1. Außerdem konnte eine mittlere negative Korrelation zwischen der Motivation zu t1 und dem Schlankheitsstreben zu t2 und t3 festgestellt werden. Bezüglich des BMI konnte eine signifikante Zunahme - welche bei einem Drittel der AN Patienten zu t3 Normalgewicht bedeutete - nachgewiesen werden. Des Weiteren konnte für die Herzratenvariabilität gezeigt werden, dass in der Krankheitsphase eine autonome Dysbalance mit einer Verschiebung in Richtung Parasympathikus bestand, diese sich jedoch zu t2 und t3 der Kontrollgruppe anglich. Zu guter Letzt bestätigte sich bezüglich der Körperwärmeverteilung, dass die AN Patienten sowohl an den Extremitäten als auch hinsichtlich der Körperkerntemperatur eine Unterkühlung aufwiesen, welche nach der Therapie nicht mehr nachweisbar war. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das untersuchte auf anthroposophischen Gesichtspunkten basierende multimodale Therapiekonzept wirksame Verbesserungen hinsichtlich essstörungsspezifischer aber auch physiologischer Parameter erzielte. Da ein multimodales Gesamtkonzept evaluiert wurde, bleibt offen, ob die einzelnen anthroposophischen Therapieinhalte zu einem verbesserten Therapieangebot für AN beitragen. Daraus ergeben sich Fragestellungen für zukünftige Studien, in denen z.B. die Wirkung einzelner anthroposophischer Therapieverfahren in den Fokus genommen oder aber auch das gesamte Konzept mit anderen multimodalen Therapieverfahren prospektiv verglichen werden kann.

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