Inhaltszusammenfassung:
Lithium ist eines der ältesten Medikamente die in der
Neuropsychopharmakologie eingesetzt werden (183) und stellt noch immer eine
Therapie erster Wahl als Behandlungsoption bei bipolaren affektiven Störungen
dar. Lithium entfaltet seine Wirkung zumindest teilweise durch die Hemmung
der Glykogensynthase-Kinase 3 (GSK-3), welche den Aquaporinkanal 2 via
Adenylylcyclase oder Prostaglandin E2 reguliert (32, 184). Die Lithium-
Behandlung ist zudem eine der häufigsten Ursachen für den
arzneimittelinduzierten Nephrogenen Diabetes Insipidus (NDI), welcher zu
renalem Wasserverlust führt. Bereits gezeigt wurde, dass Dehydratation mit
einer Hemmung des Klotho-Proteins einhergeht, das als obligater Kofaktor für
den Fibroblasten-Wachstumsfaktor (FGF23) dient (144, 145).
FGF23 unterdrückt effektiv den Alterungsprozess. Ein Mangel an FGF23 führt
zu einer Erhöhung der Serumphosphat-, Kalzium- und 1,25(OH)2D3-
Konzentrationen, gefolgt von vaskulärer Kalzifikation, Abnahme der
Knochendichte und Erniedrigung der Lebenserwartung (118, 158, 185, 186).
Seit kurzem gibt es vermehrt Hinweise darauf, dass die Behandlung mit niedrig
dosiertem Lithium einen Anti-Aging Effekt ausübt und eine positive Auswirkung
auf die Lebenserwartung beim Menschen zeigt (12, 178, 180).
Diese Studie beschäftigt sich mit der Frage, ob eine Lithium-Behandlung die
renale Expression und den Serumspiegel von Klotho, die FGF23-
Serumkonzentration, die 1,25(OH)2D3-Bildung, sowie die renale Ausscheidung
und die Serumkonzentration von Phosphat- und Kalzium beeinflusst. Zu diesem
Zweck wurden 10 Wochen alte C57BL/6 Mäuse (Weibchen) nach einer 14-
tägigen Behandlungsperiode mit NaCl oder Lithium (LiCl) (200 mg/kg/d
subkutan) untersucht. Darüber hinaus wurden 95 akut depressive Patienten
rekrutiert, die eine Lithiumkarbonat-Behandlung als zusätzliche Therapie über
einen Zeitraum von vier Wochen erhielten. Alle Patienten erreichten ein
Serumlevel von mehr als 0.4mmol/l. Von diesen Patienten wurden Blutproben
vor und nach der vierwöchigen Behandlung entnommen.
Im Mausexperiment wurden zudem die Serumkonzentrationen von ADH,
FGF23 sowie 1,25(OH)2D3 mittels ELISA bestimmt. Mit Hilfe der Western Blot-
Technik wurde die renale Klotho-Proteinmenge und die GSK-3
Phosphorylierung analysiert. Die Urin- und Serumkonzentrationen von
Phosphat und Kalzium wurden photometrisch bestimmt.
Im Humanexperiment wurden die Serumkonzentrationen von FGF23, dem
zirkulierenden α-Klotho, von 1,25(OH)2D3 sowie die Phosphat- und
Kalziumkonzentrationen der Patienten vor der Lithiumbehandlung und vier
Wochen nach der Lithiumbehandlung gemessen.
Sowohl die Resultate der Maus- als auch der Humanexperimente zeigen, dass
eine Behandlung mit Lithium mit einer erheblichen Erhöhung des FGF23-
Serumlevels und einer signifikanten Erniedrigung des 1,25(OH)2D3 sowie der
Phosphatkonzentration einhergeht. Im Mausversuch zeigte sich zusätzlich zu
diesen Effekten noch eine statistisch signifikante Erniedrigung der renalen
Klotho-Expression und eine Erhöhung der renalen Phosphatausscheidung. Die
Lithiumbehandlung bewirkte auch eine tendenziell niedrigere
Serumkalziumkonzentration bei den Mäusen.
Zusammenfassend präsentiert diese Studie schlüssige Beweise, dass Lithium
die FGF23-Bildung hochreguliert, ein Effekt, welcher mit einer Erniedrigung der
Serum 1,25(OH)2D3- und Phosphatkonzentrationen einhergeht. Diese Effekte
könnten möglicherweise der Bildung von vaskulären Kalzifikationen und dem
Auftreten von altersbedingten Krankheiten entgegenwirken. Unsere
Beobachtungen könnten teilweise den Mechanismus erklären, durch welchen
Lithium die Überlebensrate begünstigt und eine höhere Lebensdauer beim
Menschen fördert.