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Eine der häufigsten gastrointestinalen Erkrankungen bei Neugeborenen, mit einer Inzidenz von 1 : 5000, ist die Hirschsprung-Erkrankung. Bei dieser Erkrankung finden sich im Darm eine oder mehrere aganglionäre Abschnitte, die aufgrund der fehlenden neuronalen Innervierung tonisch kontrahiert sind. Aktuelle, meist operative Behandlungsmöglichkeiten sind unbefriedigend und einhergehend mit einer erheblichen Minderung der Lebensqualität (Granstrom et al., 2015; Rintala und Pakarinen, 2010 und 2012; Tsuji et al., 1999).
Für eine zellbasierte Therapie ist es aus ethischen Gründen wünschenswert, postnatale, zellbasierte Therapien auf Basis von progenitor-abgeleiteten Zellen zu entwickeln. In der Vergangenheit wurde gastrointestinalen Progenitorzellen (adulte multipotente Stammzellen) die Fähigkeit zugesprochen, gastrointestinale Dysfunktionen heilen bzw. eindämmen zu können (Gershon, 2007; Estrada-Mondaca et al., 2007; Wilkinson et al., 2012). Im Jahr 2009 zeigten Metzger et al., dass adulte progenitor-abgeleitete Zellen aus dem humanen Darm in vitro neben neuronenähnlicher Morphologie, spannungsabhängige Natriumkanäle aufweisen (Metzger et al., 2009a und 2009b).
Die Aufgabe der vorliegenden Arbeit, als Teil eines Verbundprojektes, war es deshalb, das Potenzial progenitor-abgeleiteter Zellen aus dem murinen Darm hinsichtlich ihres Entwicklungspotenzials hin zu funktionalen enterischen Neuronen in vitro zu untersuchen. Diese Evaluation durch elektrophysiologische Charakterisierung sollte Aufschluss darüber geben, ob Progenitorzellen, welche postnatal aus dem murinen Darm isoliert und anschließend in vitro proliferiert und differenziert wurden, in der Lage sind, sich nicht nur morphologisch, sondern auch funktional in Neurone entwickeln zu können. Elektrophysiologische Patch-clamp Messungen in vitro ergaben erstmals, dass progenitor-abgeleitete Zellen tatsächlich dazu fähig sind, sich in verschiedene neuronale Subtypen mit modulierenden Eigenschaften entwickeln zu können. Als positiver Hinweis einer erfolgreichen Differenzierung hin zu neuronalen Zellen, diente der Nachweis von Natriumströmen und natrium-getragenen Aktionspotenzialen. Sowohl die gemessenen Natrium-Spitzenstromamplituden als auch das dynamische Schaltverhalten der Natriuminaktivierung stimmte mit der in der Literatur beschriebenen Kinetik von primären, murinen enterischen Neuronen, sowohl in vitro (Rugiero et al., 2003) als auch in situ (Osorio et al., 2001) überein. Darüber hinaus konnte elektrophysiologisch zwischen zwei verschiedenen Neuronenarten des enterischen Nervensystems unterschieden werden, den S- und AH-Neuronen. Bei der näheren elektrophysiologischen Evaluation dieser Aktionspotenziale der beiden Neuronentypen konnten ebenfalls mit der Literatur vergleichbare Ergebnisse bezüglich der mittleren Maximalamplituden bestimmt werden (Nurgali et al., 2004, Rugiero et al., 2002; 2003). Außerdem lässt das Vorhandensein verschiedener phasischer und tonischer Aktionspotenzialmuster und (neuronenspezifischer) Ionenströme zusätzlich den Rückschluss zu, dass sich in vitro verschiedene neuronale Subtypen differenziert haben.
Zusätzlich untermauert wurden diese Ergebnisse durch immunhistochemische Untersuchungen der elektrophysiologisch evaluierten Zellen durch den Projektpartner Anatomisches Institut der Universität Tübingen. Durch Markierung der sich proliferierenden Zellen mit BrdU, welches während der Zellteilung in die DNA interkaliert, konnte bestätigt werden, dass sich die elektrophysiologisch gemessenen Zellen aus Progenitorzellen differenziert hatten.
Die vorliegende Arbeit zeigt, dass adulte enterische Progenitorzellen aufgrund ihrer bereits determinierten Funktionalität und dem Vorteil, in vitro expandiert werden zu können, ein hohes Potenzial haben, als Quelle für (autologe) progenitor-zellbasierte (gastrointestinale) Therapien eingesetzt werden zu können. Ein großer Vorteil hierbei ist die geringe Menge an benötigtem patienteneigenem Material. |
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