Inhaltszusammenfassung:
Die zahlreichen Einflussfaktoren auf abweichendes
oder kriminelles Verhalten erfordern die Einbeziehung
aller gesellschaftlichen Kräfte bei der Prävention.
Kriminalprävention darf nicht länger als
Aufgabe einzelner Institutionen, sondern muss vielmehr
als gesamtgesellschaftliche Herausforderung
begriffen werden. Das Deutsche Forum für Kriminalprävention
(DFK) versteht entsprechend Kriminalitätsvorbeugung
als Querschnittsaufgabe für alle gesellschaftlichen
Gruppen und gleichermaßen für den
Bund, die Länder und die Kommunen. Die Zusammenführung
dieser unterschiedlichen gesellschaftlichen
Kräfte sowie der staatlichen Institutionen
ist der Arbeitsauftrag des DFK. Und nicht nur
dieser Forums-Gedanke ist das Leitbild der Stiftung -
vielmehr geht es ihr auch darum, als zentrale Anlaufstelle
für Kriminalprävention in Deutschland als
Dienstleister eine effektive Vernetzung der unterschiedlichen
Präventionsprojekte auf kommunaler,
Länder- und Bundesebene sicherzustellen, Erfahrungsaustausch
zu ermöglichen und somit die breite
Streuung vorhandenen Wissens um die Bedingungen
und alternativen Strategien erfolgreicher Kriminalprävention
sicherzustellen.
Dieser Grundgedanke stand auch hinter der mit
dem vorliegenden Bericht dokumentierten Tagung.
Vertreter von Politik, Justiz, Polizei, Jugendwohlfahrtsverbänden,
Kommunen, Schulen, Wirtschaft,
Wissenschaft, Medien und Migrantenselbstorganisationen
diskutierten einen Tag lang die möglichen
interdisziplinären kriminalpräventiven Maßnahmen
im Migrationsprozess, am Beispiel der türkischstämmigen
Jugendlichen. Die Entscheidung dafür, eine
Veranstaltung eigens der Prävention in der Gruppe
der Migrantinnen und Migranten, speziell in der
Gruppe der Türkischstämmigen, zu widmen, war dabei
weniger einer besonderen Kriminalitätsbelastung
der Zuwanderer geschuldet, als vielmehr der
Tatsache, dass die Migrationswirklichkeit spezielle
Anforderungen an Kriminalitätsprävention in dieser
Zielgruppe stellt. Diese besonderen Anforderungen
ergeben sich nicht allein aus einer nicht hinlänglich
erfolgten Integration, sondern auch aus der Etablierung
gesellschaftlicher Beteiligungsformen und Sozialstrukturen,
deren Ansprache den aufnahmegesellschaftlichen
Akteuren aufgrund mangelnder
interkultureller Kompetenz noch nicht in ausreichendem
Maße gelingt. Gerade junge Menschen mit
Migrationshintergrund brauchen die Anerkennung
ihres sozialen Umfelds, in Familie, Schule, Beruf und
Freizeit, sowie Perspektiven für ihre Zukunft in
Deutschland. Hiermit sind bereits wichtige Eckpfeiler
von Kriminalprävention in dieser Zielgruppe benannt.
Die hier dokumentierte Fachtagung umfasste Plenums-
wie Arbeitsgruppen-Veranstaltungen, wobei
Politiker, Wissenschaftler, Wirtschaftsvertreter sowie
Praktiker der Sozialen Arbeit zu Wort kamen. Das Eröffnungsreferat
hielt der Bundesminister des Innern,
Otto Schily, gleichzeitig Vorsitzender des Kuratoriums
des DFK. Er reflektierte in seinem Beitrag sowohl
auf die neuesten Befunde zur Kriminalitätsbelastung
von Zuwanderern als auch auf den Zusammenhang
von Integration und Kriminalprävention.
Prof. Dr. Kurt Schelter, Minister für Justiz des
Landes Brandenburg, skizzierte im Anschluss Grundzüge
einer rehabilitativ wirkenden Strafverfolgung
von Jugendlichen.
Die folgenden Rednerinnen und Redner des Vormittags
widmeten sich den Rahmenbedingungen
von Prävention - Prof. Dr. Ingrid Gogolin, Universität
Hamburg, mit ihrem Referat über die Defizite der
schulischen Integration und Ursachen der mangelnden
Chancengleichheit von Zuwanderern im deutschen
Bildungssystem, Christoph Kannengießer, Abteilungsleiter
Arbeitsmarkt bei der Bundesvereinigung
der deutschen Arbeitgeberverbände, beleuchtete
das Thema Migration und Arbeitsmarktintegration
aus gesamtwirtschaftlicher Sicht, während Anja
Köster, Leiterin der Trainingsberatung der Ford-
Werke AG, aus der Mikroperspektive das Diversity-
Management bei Ford referierte. Die Ausländerbeauftrage
des Senats von Berlin, Barbara John, schloss
das vormittägliche Plenum mit einem Überblick über
Herausforderungen und Strategien der Zuwandererintegration
in Berlin.
Die Workshops am Nachmittag ermöglichten den
Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Diskussion
mit Wissenschaftlern und Praktikern. Die Schwerpunkte
der fünf Arbeitsgruppen lagen auf Projekten
im kommunalen Wohnumfeld, den Wegen zu einer
besseren Einbindung jugendlicher Migrantinnen
und Migranten in Wirtschaftsunternehmen im Rahmen
von Ausbildung und Beschäftigung, arbeitsmarktorientierten
Haftentlassungsvorbereitungen
jugendlicher Straftäter, an der Schnittstelle zwischen
Schule und Ausbildung sowie der Rolle der Migrantenselbstorganisationen
bei Präventionsanstrengungen.
Die Tagung schloss mit der Vorstellung
der Arbeitgruppenergebnisse durch die jeweiligen
AG-Leiter im Plenum.
Die vorliegende Dokumentation bietet dem Leser
nicht nur einen Zugang zu den unterschiedlichen
Aspekten der Kriminalprävention in der Gruppe der
türkischstämmigen Jugendlichen durch die Wiedergabe
der Vorträge und die AG-Inputs, sondern in der
Dokumentation der Arbeitsgruppenergebnisse auch
Kriterien für eine erfolgreiche Durchführung von
Präventionsprojekten. Für das DFK bedeuten die Tagungsergebnisse
Hinweise für die Gestaltung einer
effektiven Förderung, Vernetzung und Begleitung
von Präventionsprojekten mit türkischstämmigen
Jugendlichen.