Inhaltszusammenfassung:
Das Merkel-Zell-Karzinom (MZK) ist eine seltene, hochgradig aggressive, maligne kutane Neoplasie (Calder and Smoller 2010). Schon früh wurde eine infektiöse Genese des Tumors vermutet. Feng et al. beschrieben 2008 erstmals ein neuartiges Polyomavirus, das Merkel cell polyomavirus (MCV/MCPyV), welches sich in 80% aller MZKs fand und klonal in das Wirtsgenom integriert wird (Feng, Shuda et al. 2008; Becker 2010). Seither wurden diverse Studien zur Erhebung des MCPyV-Prävalenzstatus sowohl in MZK-Tumorgewebe, als auch in nicht-MZK Tumoren der Haut veröffentlicht. Allerdings wurde bisher nie vergleichend die Penetranz des MCPyV in metastasierten und nicht- metastasierten MZK mit der zu Primärtumoren assoziierten MZK-Metastasen und nicht-MZK-Tumoren der Haut verglichen. Ziel dieser Arbeit war, ob eine Infektion mit MCPyV eine generelle oder für MZKs exklusive Infektion darstellt. Zusätzlich erhofften wir uns durch Analyse der Konkordanz zwischen MZK- Primärtumor und Metastase eine Aussage machen zu können, inwiefern MCPyV-Integration in Tumorzellen möglicherweise zu einer Proliferation und erhöhter Metastasenabsiedlung führen könnte.
Zur Probengewinnung wurden Paraffinschnitte erstellt, entparaffiniert und reines Tumorgewebe gewonnen. Dieses wurde enzymatisch verdaut und anschließend DNA isoliert. Mittels PCR, unter Verwendung der Primer MCV138 und MCV191, wurde MCPyV-DNA amplifiziert. Die Amplifikationsprodukte wurden gelelektrophoretisch aufgetrennt und durch UV-Licht visualisiert. Die DNA wurde purifiziert und extern sequenziert. Untersucht wurden MZK, Metastasen und nicht-MZK Hauttumore von 29 Patienten. Bei 17 Patienten lag das MZK ohne, bei 12 Patienten mit 16 Metastasen vor. Bei 5 Patienten lagen zusätzlich 7 nicht-MZK Tumore der Haut vor.
In allen 17 Primärtumor-Proben der Patienten mit MZK ohne Metastase konnte MCPyV-DNA detektiert werden (16/17 für MCV138 und 11/17 für MCV191; positiv für beide Primersets 10/17).
Im Vergleich dazu waren 12/13 Primärtumor-Proben der 12 Patienten mit MZK und Metastase infiziert (10/13 für MCV138 und 7/13 für MCV191; positiv für beide Primersets 5/13). Im Gesamtkollektiv der 29 Patienten waren 28/30 Primärtumor-Einzelproben positiv für MCPyV (26/30 für MCV138 und 18/30 für MCV191; positiv für beide Primersets 16/30).
14/16 zu den Primärtumoren korrespondierende Metastasen waren mit MCPyV infiziert (14/16 für MCV138 und 12/16 für MCV191; positiv für beide Primersets 12/16). 9/11 Patienten mit MCPyV im Primärtumor zeigten eine MCPyV- infizierte Metastase. Ein identischer MCPyV-Status in Primärtumor und assoziierter Metastase lag somit bei 75% der Patienten vor. Diese hohe Konkordanz-Rate impliziert, dass MCPyV-Integration in Tumorzellen zu Proliferation und möglicherweise zu erhöhter Metastasenbildung führen könnte. Zum Ausschluss unspezifischer MCPyV-Infektionen, wurden auch nicht-MZK Hauttumore untersucht. Interessanterweise, und nicht unserer Arbeitshypothese entsprechend, konnte in allen sieben nicht MZK-Hauttumoren DNA des MCPyV amplifiziert werden. Untersucht wurden 8 Proben 7 eigenständiger Hauttumore, von denen alle über mindestens einen der beiden Primer ein Amplifikat für MCPyV-DNA zeigten (7/8 für MCV138 und MCV191; positiv für beide Primersets 6/8). Man kann vermuten, dass eine Infektion mit MCPyV allgemein in Hauttumoren auftreten kann und nicht spezifisch für MZK ist.
Unsere PCR-Ergebnisse wurden durch DNA-Sequenzierung verifiziert. Über MCV191 konnten in 16/18 MCPyV-infizierten Primärtumoren Wildtyp- Sequenzen nachgewiesen werden, die auch die nicht-MZK Hauttumore dominierten. Zwei Patienten trugen allerdings identische Punktmutationen sowohl im Primärtumor als auch in korrespondierender Metastase. Dies ist ein mögliches Indiz für eine Weitergabe des Genoms, inklusive integrierter MCPyV- DNA vom Primärtumor zur Metastase.