Inhaltszusammenfassung:
Enterokokken kommen als Kommensalen im Intestinaltrakt des Menschen vor. Als opportunistische Krankheitserreger verursachen sie vor allem bei abwehrgeschwächten Patienten Infektionen. Besonders E. faecium gilt aufgrund häufig auftretender Antibiotikaresistenzen als nosokomialer Problemkeim.
Die genauen Mechanismen der Pathogenese von Enterokokkeninfektionen sind bisher noch weitgehend unverstanden. Ein möglicher Invasionsmechanismus könnte die lysozymabhängige Zelltodinduktion darstellen, wie sie bereits für
E. faecium in murinen Makrophagen beschrieben wurde.
In dieser Arbeit sollten weitere eukaryote Zellen definiert werden, die für den lysozymabhängigen zytotoxischen Effekt von E. faecium empfänglich sind. Weiterhin sollte geklärt werden, welche Rolle bakterielle Oberflächenproteine und reaktive Sauerstoffspezies bei der lysozymabhängigen Zelltodinduktion spielen und ob Lysozym die bakterielle Adhäsion beeinflusst.
Die an murinen und humanen Zelllinien durchgeführten Infektionsversuche ergaben, dass E. faecium in Anwesenheit von Lysozym in myeloiden, lymphoiden und epithelialen Zellen Nekrose auslöst. Die Ausprägung des zytotoxischen Effekts war dabei abhängig von der verwendeten Lysozymdosis. Als nicht suszeptibel hingegen erwiesen sich eine murine und eine humane Darmepithelzelllinie.
Weitergehende Versuche zeigten, dass Lysozym bei einer empfänglichen Epithelzelllinie (HeLa) zunächst die bakterielle Adhäsion steigert und mit einer zeitlichen Verzögerung nekrotischen Zelltod auslöst. Im Gegensatz dazu konnte bei einer Darmepithelzelllinie (CaCo-2) weder die bakterielle Adhäsion durch Lysozym gesteigert noch Nekrose induziert werden.
So scheint Nekroseinduktion in Darmepithelzellen durch E. faecium in Anwesenheit von Lysozym, welches physiologischerweise im Darm vorhanden ist, keine Rolle für die Entstehung opportunistischer Infektionen durch diese Bakterien zu spielen.
Als mögliche Ursachen für die zytotoxische Wirkung von E. faecium in myeloischen, lymphoiden und HeLa-Zellen wurden zunächst die beiden bakteriellen Oberflächenproteine Esp und SgrA untersucht. Infektionsversuche mit entsprechenden Deletionsmutanten zeigten, dass Nekrose auch bei fehlender Expression dieser Proteine induziert wurde. Lediglich bei murinen Makrophagen und Lymphozyten war SgrA zumindest partiell für die zytotoxische Wirkung von E. faecium verantwortlich.
Bei Verwendung eines E. faecium-Stamms, der keine extrazellulären Sauerstoffradikale produziert, wurde die Zelltodrate in HeLa-Zellen und J774A.1-Makrophagen signifikant reduziert, der zytotoxische Effekt konnte jedoch nicht vollständig aufgehoben werden.
Insgesamt lässt sich aus diesen Beobachtungen das folgende, hypothetische Pathogenesemodell (Abb. 4.1) ableiten:
Lysozym, ein kationisches Molekül steigert die bakterielle Adhäsion an verschiedenen Wirtszellen mit Ausnahme intestinaler Epithelien. Möglicherweise ist dieser Effekt auf eine durch Lysozym veränderte Nettogesamtladung der Enterokokken zurückzuführen. Die gesteigerte bakterielle Adhäsion scheint eine entscheidende Vorraussetzung für den zytotoxischen Effekt von E. faecium zu sein. Die Ergebnisse dieser Arbeit deuten darauf hin, dass die räumliche Nähe zwischen Wirtszelle und E. faecium es einem löslichen, hochflüchtigem Toxin wie beispielsweise reaktiven Sauerstoffspezies ermöglicht, die eukaryote Zellmembran zu schädigen und dadurch Nekrose auszulösen. Eine Schädigung des Darmepithels (z.B. durch Chemotherapie) wäre in diesem Pathogenitätsmodell die Voraussetzung dafür, dass E. faecium Darmwand-assozierte Zellen der angeborenen und erworbenen Immunsystems erreicht, diese abtötet und damit systemische Infektionen auslöst.