Inhaltszusammenfassung:
5. Zusammenfassung
Das Humane Herpes simplex Virus Typ 1 ist ein weltweit verbreitetes Virus, das in infizierten Organismen dauerhaft persistiert. In Deutschland liegt die Durchseuchungsrate bei knapp 90 % der über 40-jährigen. Die HSV-1-Infektion findet zumeist unbemerkt statt. In selteneren Fällen weisen die Patienten schmerzhafte orofaziale Schleimhautläsionen auf. Das Immunsystem von gesunden Infizierten kann die Infektion jedoch im Normalfall schnell eindämmen und die Läsionen heilen auch ohne medikamentöse Behandlung folgenlos aus. Vor allem bei Immunsupprimierten hingegen kann es zu ausgedehnten, nekrotisierenden Infektionen und zu lebensbedrohlichen Komplikationen wie HSV-Enzephalitiden oder -Pneumonien kommen. Das Mittel der Wahl zur Therapie der HSV-Infektion ist das Nukleosidanalogon Aciclovir (ACV). ACV hemmt die virale DNA-Polymerase (DNA-Pol) kompetitiv und behindert dadurch die Synthese von Virusproteinen. Um aktiviert zu werden, muss es dreimal phosphoryliert werden. Die erste Phosphorylierung erfolgt durch die virale Thymidinkinase (TK), die beiden weiteren werden von zellulären Kinasen durchgeführt. Resistenzen gegen ACV werden durch Mutationen in den beiden eben genannten Enzymen verursacht, wobei die TK für 95 % und die DNA-Pol für 5 % der Resistenzfälle verantwortlich ist. Bei Immunkompetenten stagniert die Prävalenz von Resistenzen seit der Entdeckung von Aciclovir 1974 auf einem niedrigen Niveau von etwa 0,4 %. Stammzelltransplantierte jedoch weisen Resistenzraten von bis zu 36 % auf. Um die Therapie adäquat anpassen zu können, müssen die Resistenzen schnell entdeckt werden können. Bisher ist der Goldstandard die zeitaufwendige phänotypische Testung eines Patientenisolats. Für diesen Test gibt es keine standardisierte Durchführung und Auswertung und die Interpretation ist sehr untersucherabhängig. Genotypische Tests sind weniger zeitraubend in der Durchführung und sie können objektiv interpretiert werden. Die Auswertung eines solchen Tests setzt aber voraus, dass die gefundenen Mutationen als Polymorphismus- oder Resistenzassoziiert eingeordnet werden können. Dafür sind genaue Kenntnisse des natürlichen Polymorphismus der Gene für die TK (UL 23) und die DNA-Pol (UL 30) vonnöten.
Das Ziel dieser Arbeit war es die Kenntnisse in Bezug auf den natürlichen Polymorphismus des UL 30-Gens von HSV Typ 1 zu erweitern und damit genotypische Resistenztests aussagekräftiger machen zu können.
Es wurden insgesamt die UL 30-Gene von 42 HSV-1-Isolaten von 17 Patienten untersucht. Mit einer Ausnahme handelte es sich um Patienten aus Tübingen nach Stammzelltransplantation. Bei 9 Patienten waren nur ACV-sensible Isolate vorhanden und bei 2 Patienten nur resistente Isolate. Von den restlichen 6 Patienten standen sowohl sensible als auch resistente Proben zur Verfügung.
Insgesamt wurden 37 stumme Mutationen, 20 Polymorphismen und 2 resistenzassoziierte Mutationen gefunden. Von den 20 Polymorphismen sind 6 bisher nicht beschrieben worden (L438M, E682K, G685S, D741N, I755F, T1121M. E682K und G685S).