Der Effekt des volatilen Anästhetikums Sevofluran auf inflammatorische Prozesse während extrakorporaler Zirkulation

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/58324
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-583244
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2014
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Rosenberger, Peter (Prof. Dr. med.)
Tag der mündl. Prüfung: 2014-11-25
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Schlagworte: Allgemeine Entzündungsreaktion , Extrakorporaler Kreislauf , Anästhetikum
Freie Schlagwörter: Herz-Lungen-Maschine
extrakorporalen Zirkulation
systemisches Inflammationssyndroms
SIRS
Sevofluran
inflammatory response
Sevoflurane
extracorporeal circulation
heart–lung machine
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Extrakorporale Unterstützungssysteme, welche die Funktion von Herz und Lunge übernehmen, werden bei vielen herzchirurgischen Eingriffen benötigt um stabile Kreislauf-Parameter des Patienten zu gewährleisten. Die Anwendung der extrakorporalen Zirkulation (EKZ) ist daher ein essentieller Bestandteil der modernen Herzchirurgie. Allerdings ist der Einsatz der EKZ auch mit unerwünschten und potentiell lebensgefährlichen Nebenwirkungen für den Patienten assoziiert. So zählt die EKZ zu einer der Hauptursachen des systemischen Inflammationssyndroms (SIRS), welches zu einem Multi-Organversagen und einer damit einhergehenden signifikanten Erhöhung der Mortalität herzchirurgischer Eingriffe führen kann. Die Mechanismen der durch die EKZ induzierten Entzündung sind multifaktoriell. So bewirkt die EKZ unter anderem eine Aktivierung der Leukozyten und resultiert in der Freisetzung von Entzündungsmediatoren wie z.B. Zytokinen. Sowohl in klinischen als auch experimentellen Studien wurden für das volatile Anästhetikum Sevofluran neben kardioprotektiven Effekten auch immunmodulierende und antiinflammatorische Wirkungen beschrieben. Allerdings finden sich in der Literatur bisher keine Daten, ob die routinemäßige Verabreichung von Sevofluran in klinisch gebräuchlichen Konzentrationen während der balancierten Anästhesie, die durch eine EKZ verursachte Entzündungsreaktion reduzieren kann. Das Ziel der vorliegenden experimentellen Arbeit war die Analyse der Wirkung des volatilen Anästhetikums Sevofluran auf inflammatorische Prozesse während der normothermen EKZ. Hierzu wurde systematisch mittels durchflusszytometrischer und enzymimmunologischer Methoden sowie Blutbildanalysen die Expression der Oberflächenrezeptoren Mac-1 und P-Selektin, die Leukozyten-Thrombozyten Aggregatbildung, die Freisetzung der proinflammatorischen Zytokine IL-1β, IL-8 und TNF-α, die Konzentration der PMN-Elastase, sowie Blutbildparameter im zeitlichen Verlauf der normothermen ex vivo EKZ analysiert. Für jeden Versuch wurde frisch entnommenes und heparinisiertes humanes Vollblut für 90 Minuten in einem ex vivo-EKZ-Modell bei Normothermie (37 °C) zirkuliert. In der Kontrollgruppe (n = 5) wurde über den Oxygenator des Modells ein Luft-Sauerstoff-Gemisch verabreicht; der anderen Gruppe (n = 5) wurde das Anästhetikum Sevofluran in einer klinisch gebräuchlichen Konzentration von 2 Vol.-% zugeführt. Zu vier definierten Zeitpunkten - Ausgangswert, nach 30-, 60- und 90-Minuten Zirkulation - wurden der EKZ Blutproben entnommen und die entsprechenden Inflammationsmarker analysiert. Die in der vorliegenden Arbeit ermittelten Ergebnisse zeigen, dass die EKZ die Mac-1 Expression auf neutrophilen Granulozyten (p < 0,001), sowie die Freisetzung der PMN-Elastase aus polymorphkernigen Granulozyten (p < 0,001) induziert. Durch die Applikation des volatilen Anästhetikums Sevofluran werden diese durch das ex vivo-EKZ-Modell hervorgerufenen proinflammatorischen Effekte signifikant minimiert. Sevofluran hemmt die Expression des Leukozyten-Integrins Mac-1 auf neutrophilen Granulozyten zu allen Untersuchungszeitpunkten um das 1,5-fache (p < 0,05) im Vergleich zu denen der Kontrollproben. Auch der durch die EKZ induzierte Konzentrationsanstieg des zytotoxisch wirkenden Enzyms PMN-Elastase, welches nach einer Aktivierung von neutrophilen Granulozyten durch diese freigesetzt wird, ist in den mit Sevofluran behandelten Versuchsproben zu allen Untersuchungszeitpunkten im Vergleich zur jeweiligen Vergleichsgruppe um das 1,8-fache reduziert (p < 0,05). Gleichwohl werden die Mac-1 Expression auf Monozyten, die Leukozyten-Thrombozyten Aggregatbildung, die thrombozytäre P-Selektin Expression sowie die proinflammatorischen Zytokine IL-1β, IL-8 und TNF-α nicht statistisch signifikant durch die EKZ und die Behandlung mit Sevofluran beeinflusst. Auch zeigt sich kein direkter Einfluss der EKZ auf die Blutbildparameter Hämatokrit, Erythrozyten-, Thrombozyten- und Leukozytenzahl. Die erhobenen Daten zeigen auch, dass sich trotz des im Rahmen der vorliegenden ex vivo-Studie gewählten EKZ-Versuchsaufbaus mit oberflächenbeschichteten extrakorporalen Kreisläufen der neusten Generation und Normothermie, die Induktion einer inflammatorischen Reaktion während der EKZ nicht verhindern lässt. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen jedoch, dass das volatile Anästhetikum Sevofluran in einer klinisch relevanten Konzentration die Aktivierung neutrophiler Granulozyten während der simulierten normothermen EKZ signifikant minimiert. Diese neu gewonnenen Erkenntnisse über die antiinflammatorischen Effekte des Anästhetikums Sevofluran lassen in Kombination mit den Forschungsergebnissen anderer Arbeitsgruppen den Schluss zu, dass Sevofluran ein vielversprechendes Anästhetikum mit günstigen antiinflammatorischen Effekten für den Einsatz während der EKZ darstellt. Die klinische Relevanz für den Patienten lässt sich aufgrund des experimentellen Studiendesign jedoch nicht zweifelsfrei ableiten. Die Untersuchungsergebnisse und die darin gewonnenen Erkenntnisse rechtfertigen jedoch weitere Studien bezüglich des antiinflammatorischen Effektes von Sevofluran unter klinischen Bedingungen.

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