Inhaltszusammenfassung:
Zellbasierte Therapien stellen potentiell einen alternativen Behandlungsansatz angeborener und degenerativer Erkrankungen des enterischen Nervensystems dar. Bisher wurde die Besiedelungskapazität enterischer Stamm- und Progenitorzellen hauptsächlich mit embryonalen Progenitorzellen und in embryonalen Organkultur-systemen getestet.
Um das Differenzierungspotenzial postnataler ENS-Stamm- und Progenitorzellen analysieren zu können, wurden diese Zellen aus eGFP-positiven Mäusen isoliert und in der Zellkutur proliferiert und differenziert. Nach Differenzierung ließen sich sowohl gliale als auch neuronale Zellen identifizieren. Diese enstanden zum Teil aus sich in vitro teilenden Zellen, was durch BrdU-Inkorporationsversuche belegt wurde. Nach Implantation der in vitro-proliferierten Zellen in die Darmwand immundefizienter Mäuse konnten die Zellen in 13 von 16 implantierten Tieren detektiert werden. Innerhalb von 12 Wochen waren die Zellen weit in das Empfängergewebe eingewandert und hatten Neuritenfortsätze ausgebildet. Mittels immunhistologischer Methoden konnten eGFP-positive neuronale und gliale Zellen nachgewiesen werden, die zuvor in der Zellkultur BrdU aufgenommen hatten. In weiteren Versuchsreihen wurden ebenfalls humane, adulte Stamm- und Progenitorzellen in Därme immundefizienter Mäuse implantiert. Diese differenzierten sich ebenfalls in gliale und neuronale Zellen.
Um untersuchen zu können, ob humane, enterische Stamm- und Progenitorzellen in der Lage sind, ein enterisches Nervensystem in aganglionären Darmabschnitten zu rekonstruieren, ist ein immundefizientes Morbus Hirschsprung-Mausmodell notwendig. Durch Kreuzung immundefizienter Mäuse mit immunkompetenten C57Bl/6SOX10+/LacZ-Mäusen entwickelten 4 von 21 Tieren des gewünschten Genotyps ein Megacolon. Histologische Analysen ergaben, dass diese Mäuse über ein aganglionäres Segment im distalen Darm verfügen, wie es auch im humanen Morbus Hirschsprung bekannt ist.
Die im Rahmen dieser Doktorarbeit erhobenen Ergebnisse unterstreichen das Potenzial postnataler enterischer Progenitorzellen für eine Behandlung intestinaler Neuropathien. Inwieweit diese aber zur vollständigen Rekonstruktion des ENS im Rahmen einer zellbasierten Therapie beitragen können, muss in Zukunft in weiterführenden Arbeiten in tierischen Erkrankungsmodellen detailliert untersucht werden.