Hohlglas aus Westfalen-Lippe. Vergleichende Untersuchungen zu archäologischen Funden des Mittelalters und der Neuzeit

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Zitierfähiger Link (URI): http://hdl.handle.net/10900/54059
http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-dspace-540596
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2014
Sprache: Deutsch
Fakultät: 5 Philosophische Fakultät
Fachbereich: Ur- und Frühgeschichte
Gutachter: Scholkmann, Barbara (Prof. Dr. Dr. h.c.)
Tag der mündl. Prüfung: 2012-10-09
DDC-Klassifikation: 390 - Bräuche, Etikette, Folklore
943 - Geschichte Deutschlands
Schlagworte: Mittelalterliche Archäologie , Hohlglas , Westfalen-Lippe , Sachkultur , Glas , Getränk , Trinken , Funde , Brauchtum
Freie Schlagwörter: Mittelalter
Neuzeit
Tischsitten
Trinksitten
table culture
drinking manners
fine glass
rumers
modern times
Middle Ages
Westfalia-Lippe
hollow glass
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

HOHLGLAS AUS WESTFALEN-LIPPE. VERGLEICHENDE UNTERSUCHUNGEN ZU ARCHÄOLOGISCHEN FUNDEN DES MITTELALTERS UND DER NEUZEIT. In dieser Arbeit werden Hohlgläser aus verschiedenen archäologischen Ausgrabungen in Westfalen-Lippe vom 12. bis zum 20. Jahrhundert untersucht. Der Auswertungsteil beinhaltet eine Analyse von Fundstücken aus Fundorten der Kategorien „Burg/Herrensitz“, „Kloster/sakrale Einrichtung“ und „Stadt“ und einen Vergleich der westfälisch-lippischen Hohlgläser mit den Funden aus überregionalen Gebieten. Bei der Analyse von drei exemplarisch für die Fundorttypen untersuchten Ausgrabungsstätten wird deutlich, dass dort das Auftreten von Hohlglas generell in seiner zeitlichen Entwicklung dem der Gesamtfundmenge aus Westfalen-Lippe entspricht. Weiterhin zeigt sich, dass die Analyse von ausgesuchten Fundorten stellvertretend für die Gesamtanzahl schwierig ist, weil die zutage getretenen Funde sehr unterschiedlich sind. Bei dieser Analyse kann es sich nur um eine vorsichtige Annäherung an die früheren Lebensbedingungen der Menschen handeln. Der zweite Punkt der Auswertung ist ein überregionaler Vergleich, in dem das Fundgut aus Westfalen-Lippe mit Hohlgläsern aus Nord- und Süddeutschland, den Niederlanden und England verglichen wird. Diese Gegenüberstellung war nur durch eine Auswahl an Glas- und Ausgrabungsliteratur der entsprechenden Gebiete möglich und hat keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. In den ersten Jahrhunderten des Vergleichszeitraumes ließen sich große Abweichungen der Glasformen erkennen. Diese verschwanden erst im 16. Jahrhundert mit der Glasproduktion à la Façon de Venise. Dieser Trend breitete sich bis ins 17. Jahrhundert über ganz Europa aus und hatte eine Vereinheitlichung der Glastypen und einen Anstieg der Glasherstellung zur Folge. Dies bewirkte niedrigere Preise für Gläser, die nördlich der Alpen produziert wurden, als für die venezianischen Stücke. Somit konnten sich auch Gesellschaftsschichten wie die der wohlhabenden Kaufleute oder Handwerker feines Glas leisten. Bis dahin war dies nur dem reichen Adel oder Klerus vorbehalten gewesen. Erst ab der Zeit um 1650 tauchten vereinzelt regionale Besonderheiten bei der Glasherstellung auf, so z. B. in den Weinanbaugebieten des Rheines und der Mosel bestimmte Hohlgläser für die jeweiligen Weine. Auch wurden heimische Glasformen wie Römer oder Spechter wieder zunehmend in die Glasproduktion aufgenommen und weiterentwickelt. Neu hinzu traten Hohlgläser mit dicker Wandung, die leicht mit Schliff- und Schnittdekoren geschmückt werken konnte. Auch die Schäfte und Fußplatten der Kelchgläser wurden in dieser Zeit massiv. Diese Modeerscheinung kam aus Böhmen und Schlesien, wo Pottasche die Schmelztemperatur der Glasmasse verringerte und diese dementsprechend dickflüssiger und nicht mehr so dünn ausblasbar wurde. Ähnlich verhielt es sich mit dem englischen Bleiglas. Durch die maschinelle Glasherstellung am Ende des 18. Jahrhunderts vereinheitlichten sich die Glasprodukte in allen Gebieten (z. B. Zylinderflaschen). In einem Exkurs werden die Tischkultur und Trinksitten behandelt und der Versuch unternommen, typische Hohlglasformen für einen bestimmten Inhalt (Wein, Bier etc.) zu finden. Es war nicht immer eindeutig, welcher Glastyp für welches Getränk benutzt wurde. Vor allem Flaschen enthielten sehr viele unterschiedliche Flüssigkeiten. Viele der Glasformen konnten dadurch nicht ausgewertet werden. Die Glasfunde zeigen, dass diese Fundart einem großräumigen Zeitgeist entsprach, bei dem regionale Eigenheiten die Ausnahme bildeten. Möglicherweise lag dies an der Kenntnis und den technischen Möglichkeiten, überhaupt Glas herzustellen. Außerdem gibt es bei den Hohlgläsern Formen, die die Zeit in kaum veränderter Form überdauerten (z. B. Nuppenbecher, Römer). Weiterhin wurden wertvolle Gläser lange aufbewahrt. Bisher fanden die westfälisch-lippischen Gläser nur geringen Eingang in die Glasforschung. Die Ergebnisse dieser Untersuchung ergaben ein typologisches und chronologisches Bild der Gläser des Spätmittelalters und der Neuzeit und ihrer Verwendung in Westfalen-Lippe. Damit liefert dieser Fundbestand einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der archäologischen Sachkultur, da die in den Boden gelangten Glasfragmente Überreste von Gebrauchsgegenständen darstellen, die aus dem Alltag der Menschen im Spätmittelalter und in der Neuzeit stammen. Gegenüber den museal überlieferten Stücken haben sie den Vorteil, dass unter Bezug auf die Fundumstände häufig Aussagen über den Ort, den Zeitraum und das soziale Umfeld ihres Gebrauchs getroffen werden können. Diese Bestandsaufnahme macht die vielgestaltigen Glasformen, Dekore, Ausführungen und Verwendungszwecke deutlich und fasst die Funde einer größeren Region zusammen. Die umfassende Aufarbeitung der Gläser konnte über den bisher bruchstückhaften Einblick in die westfälisch-lippischen Glasfunde eine klarere Übersicht verschaffen und fundierte Aussagen über deren räumliche und soziale Verbreitung liefern.

Abstract:

Hollow glass from Westfalia-Lippe. A comparative investigation into medieval and modern archaeological finds. This thesis investigates glass from different archaeological sites in Westfalia-Lippe from the 12th to the 20th century. It includes an analysis of finds from sites in the following categories: “castle/manor; “monastery/sacral institution and “town”, as well as comparing the Westfalian glass with finds from other regions. The analysis of three, typically category-specific sites, ensures that the investigation into the occurence of glass in general corresponds to the chronological developement of all glass finds in Westfalia-Lippe. The second topic of the analysis is a multi-regional comparison with finds from South and North Germany, the Netherlands and England. This comparison is made by drawing from a range of glass and archaeological literature, and does not claim to be complete. It does show that during the first centuries looked at in the study, there were big differences in glass forms, which only disappeared in the 16th century with the à la Façon de Venise glass production. This tendency spread all over Europe in the 17th century and caused glass types everywhere to become very similar as production increased. This resulted in the prices of glass produced north of the Alps becoming cheaper, in line with the Venezian prices. Therefore wealthy merchants and craftsmen could afford to buy fine glass by that time. Until then fine glass had been reserved for the aristocrats and clergy. From 1650 onwards there were specific regional qualities within the production of glass, e. g. in the wine areas of the Rhine and Moselle, there was glass for special wines. Also native glass forms such as Rumers and Spechter were increasingly produced . A new development was thick glass, which could easily be decorated with cuttings, and the stems and feet of vessels also became thicker at that time. This fashion came from Bohemia and Silesia where potassium was used to decrease the melting-point of glass, which made it more viscous and meant it could not be blown as thinly. This was similar to the English lead glass (crystal). At the end of the 18th century industrial production standardized glass forms everywhere (e. g. cylindrical bottles). Additionaly in this thesis table culture and drinking manners were examined, and an attempt was made to find typical drinking glasses for special liquids (wine, beer etc.). Often it was not clear what form was used for a particular beverage. Bottles could have contained many different liquids. The finds show that glass vessels in general did not change much over a long period of time, and regional features are exceptional. Possibly this was a result of the knowledge and technical requirements needed to produce glass. Additionally there are glass forms that don’t change at all over time (e. g. Nuppenbecher, and Rumers). Also fine glass was kept for many years. Until now Westfalian glass was nearly unknown to glass research. This analysis draws a typological and chronological picture of late medieval and modern glassware and its use in Westfalia-Lippe. Therefore this material is important to archaeological research, as the glass fragments are remains of articles of daily use in medieval and modern society. Compared with pieces from museums, archaeological glass finds often have the advantage of possessing information about the place, time and social environment of their use. This overview clarifies the many glass forms, decorations, designs and usages. It also assembles and compares the finds of a greater region.

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