Inhaltszusammenfassung:
Bei der Entwicklung einer Mikrosäule für große Scanfelder und Pixelanzahl wurde erstmals eine Variable Axis Lens (VAL) in einer Mikrosäule experimentell realisiert. Ausgehend von einer Mikrosäule mit Doppelablenker vor einer Linse, deren drei Elektroden durch drei Achtpole ersetzt sind, wurde ein VAL System entwickelt, das auf eingangs erwähnte Eigenschaften ausgelegt ist. Für ein größeres Rasterfeld wurde der Arbeitsabstand auf den experimentell größtmöglichen Wert von 38 mm gesetzt. Mit Hilfe einer Optimierungsroutine, die das finite Elemente Softwarepaket von MEBS zur Berechnung der Aberrationen bis zur dritten Ordnung nutzt, wurden die Geometrie und Betriebsparameter der VAL Mikrosäule auf kleine Strahldurchmesser bei großer Strahlablenkung hin optimiert. Die Linsen wurde immer im beschleunigenden Modus bei 1 keV Elektronenenergie betrieben. Die optimierte, ca. 1cm3 große, VAL Mikrosäule bilden die Elektronenquelle ca. 5x vergrößert in die Arbeitsebene ab. Die nicht dynamisch korrigierbaren, ablenkabhängigen Aberrationen dritter Ordnung konnten praktisch eliminiert werden, so dass der Anstieg des Strahldurchmessers bei großen Ablenkungen über 1 mm durch Aberrationen höherer Ordnung, welche nicht mitoptimiert wurden, bedingt ist. Die Optimierung auf die Größe des abgelenkten Strahls resultierte auch in der Reduktion des Strahlöffnungswinkels bis der beugungsbedingte Anteil am Strahldurchmesser in der Größenordnung des dominantesten nicht strahlablenkungsabhängigen Aberrationsanteils lag. Aufgrund des großen Arbeitsabstandes war das die axiale chromatische Aberration. Unter Annahme einer 10 nm großen Elektronenquelle mit einer Energiehalbwertsbreite von 0,5 eV wurden Strahldurchmesser von knapp 75 nm auf Achse bis hin zu 100 nm bei 2 mm Strahlablenkung errechnet. Damit könnte ein 3 x 3 mm2 großes Scanfeld mit einem Gigapixel von maximal 100 nm Pixelgröße adressiert werden.
Gefertigt wurden die meisten Mikrosäulenkomponenten aus photolithographisch strukturierten Silizium- und Glaswafer. Dünne dielektrische Abstandsscheibchen wurden aus Borsilikatgläsern geätzt. Dabei konnten Ätzprofile erzielt werden, die höhere elektrische Potentialunterschiede über die Abstandsscheibchen erlauben. Die Aperturen und Achtpole wurden durch reaktives Ionenätzen (DRIE) realisiert. Die Achtpole samt Führungslöchern wurden dabei während des Herstellungsprozesses auf Borsilikatträger gebondet damit die einzelnen Segment elektrisch isoliert voneinander aber in ihrer lithographisch definierten Lage zueinander unverändert stehen. Die einzelnen Komponenten wurden über hochgenaue Saphirstifte zueinander ausgerichtet und miteinander verschraubt. Zum Testen der Mikrosäule in einem Phillips XL30 REM wurde diese auf eine speziell gefertigte Mehrachsenvorrichtung montiert um sie relativ zum REM Elektronenstrahl ausrichten zu können. Die Elektronensonde des XL30 REM diente bei den Tests als Elektronenquelle für die Mikrosäule.
Zur Ansteuerung der Mikrosäule musste eine hochgenaue Elektronik mit 40 Kanälen entwickelt werden, die Rasterspannungen von bis zu ±720 V erzeugt. Sie konnte den gesamten Spannungshub mit bis zu 2 kHz schalten. Zusätzlich konnten die Kanäle der drei VAL Achtpole noch zur Strahlfokussierung auf hohes elektrisches Potential von bis zu 7000 V gelegt werden.
Bei den Tests wurde der Durchmesser des Elektronenstrahls über die Siliziumkantenmethode gemessen. Die vergrößernd arbeitende VAL Mikrosäule erreichte mit der 135 nm Elektronensonde des REM als Quelle einen Strahldurchmesser von 720 nm auf der Systemachse, der bis zu einer Ablenkung von 3 mm nur leicht bis auf 790 nm ansteigt. Die Mikrosäule konnte somit ein Scanfeld von 4 x 4 mm2 mit über 25 Megapixel von maximal 800 nm Größe abrastern. In Rasterbildern von Zinnkugeln konnten Strukturen im Größenbereich des halben Strahldurchmessers problemlos erkannt werden. Mit dynamischer Korrektur konnte 7 mm Strahlablenkung erzielt werden, was ein Scanfeld von 10 x 10 mm2 ermöglichen würde. Um die VAL mit einer Einzellinse vergleichen zu können wurden Tests mit der Mikrosäule durchgeführt, bei denen die Achtpole in der VAL ohne Ablenksignale mit einem einheitlichen Fokussierpotential von ca. 5200 V belegt wurden. Auch im Einzellinsenmodus konnte 7 mm Strahlablenkung erzielt werden. Bis zu einer Strahlablenkung von 3 mm sind die gemessenen Strahldurchmesser nahezu identisch mit denen des VAL Betriebsmoduses. Erst bei noch größeren Strahlablenkungen steigt die Strahlgröße deutlich stärker an.
Es zeigte sich, dass für ein großes Rasterfeld mit vielen Pixeln ein großer Arbeitsabstand nötig ist, der aber aufgrund der damit anwachsenden chromatischen Aberration auch eine Zunahme des Strahldurchmessers mit sich bringt. Des Weiteren reduziert sich leider der Gewinn an Rasterfläche bei konstanter Auflösung durch den Einsatz einer VAL gegenüber einer Einzellinse mit zunehmendem Arbeitsabstand.