Inhaltszusammenfassung:
Foraminiferen sind ein wichtiger Bestandteil der benthischen Tiefseefauna und ihr Auftreten und Verteilung ist besonders vom Nahrungsangebot und Sauerstoffgehalt abhängig. Der Hauptteil der Nahrung von Tiefseeforaminiferen besteht aus organischem Material, welches in den lichtdurchfluteten Ozeanbereichen durch Primärproduktion gebildet wurde und auf den Meeresboden herabgesunken ist, wobei mit zunehmender Wassertiefe die Menge an abgelagertem organischem Material abnimmt. Aufgrund jahreszeitlich bedingter Schwankungen in der Oberflächenprimärproduktion ist der Fluss an organischem Material in der Tiefsee stark saisonal geprägt. Besonders in den gemäßigten Breiten, wo es zu bestimmten Zeitpunkten zum Auftreten von frischem Phytodetritus am Meeresboden kommen kann. Solch ein zeitlich begrenztes Ereignis folgt meist dem Frühlingsproduktivitätsmaximum und kann die Verteilungs- und Populationsmuster von Tiefseeforaminiferen beeinflussen. Jedoch ist der derzeitige Wissensstand über die Rolle von Foraminiferen bei der Umsetzung von frischem Phytodetritus in Tiefseesedimenten und ihre generelle Rolle im Kohlenstoffkreislauf der Tiefsee sehr begrenzt.
Daher wurden zwei in-situ Fraßexperimente mit Foraminiferen in der Tiefsee durchgeführt: eines im Arabischen Meer innerhalb der Sauerstoffminimumzone (540 m) und ein zweites im Nordpazifik (3985 m). Zur Simulation der impulsartigen Ablagerung von Phytodetritus wurde Algenmaterial für eine Dauer von vier Tagen auf eine definierte Sedimentoberfläche ausgebracht und somit den im Sediment lebenden Foraminiferen zum Fraß angeboten. Die vorangegangene Markierung des Algenmaterials mit stabilen Isotopen (13C, 15N) erlaubt die direkte Verfolgung der Nahrung zu den Foraminiferen und die Berechnung von Aufnahmeraten, welche zu Raten von Foraminiferen in anderen Habitaten und zu anderen benthischen Tiergruppen vergleichbar sind. Zusätzlich zu den Fraßexperimenten wurden auch die Foraminiferengesellschaften auf ihre Artenzusammensetzung, Diversität, Verteilung im Sediment und auf die Häufigkeiten der Arten hin untersucht.
Die Lebendvergesellschaftungen der Foraminiferen sowie deren Reaktion auf das Vorhandensein von Nahrung zeigten große Unterschiede zwischen den beiden untersuchten Tiefseegebieten auf. Im abyssalen Nordpazifik, wo geringe Nahrungszufuhr und oxische Bedingungen herrschen, ist die Foraminiferenfauna sehr artenreich und von kleinen weichschaligen und agglutinierten Arten dominiert, wohingegen Kalkschaler kaum eine Rolle spielten. Die geringe jedoch sehr rasche Aufnahme des Phytodetritus lässt eine Anpassung der Foraminiferen an Nahrungsknappheit vermuten und deren Fähigkeit, verfügbare Nahrung sofort zu nutzen. Innerhalb der Sauerstoffminimumzone des Arabischen Meeres wo es zum Auftreten von Sauerstoffmangel und hohe Nahrungszufuhr kommt, ist die Foraminiferenvergesellschaftung durch eine niedrige Diversität und die sehr große Häufigkeit weniger kalkschalige Arten gekennzeichnet. Die im Vergleich zu anderen eutrophen Gebieten sehr hohe Aufnahme von Phytodetritus während des Experimentes sowie die hohe Populationsdichte und die früher beobachtete Abwesenheit der Makrofauna in dieser Wassertiefe weisen darauf hin, dass Foraminiferen eine sehr wichtige Rollen bei den kurzzeitigen Umsetzungsprozessen von organischem Material unter fast anoxischen Bedingungen spielen können.
Zusammenfassend zeigte sich, dass sich die extremen Unterschiede in den Umweltbedingungen zwischen den beiden Tiefseebereichen deutlich in der Vergesellschaftung der Foraminiferen und deren Nahrungsaufnahme widerspiegeln und wie stark Foraminiferen von den vorherrschenden Umweltbedingungen beeinflusst werden .
Abstract:
Foraminifera are an important component of the benthic deep-sea fauna whose distribution and occurrence mainly depends on the availability of food and oxygen concentration. Most deep-sea foraminifera depend on organic matter as food source which was produced in the photic zone of the oceans and has sunk to the sea floor. The flux of organic matter varies strongly with water depth but also on a seasonal scale. Deposits of fresh phytodetritus on the sediment floor in the deep sea after a strong spring production are a temporarily limited food source whose effect on the benthic deep-sea community has only scarcely been investigated so far.
To study the response of foraminifera to such a deposition event, two in-situ feeding experiments were carried out: one in the Northeast Pacific (3985 m) and one in the Arabian Sea within the Oxygen Minimum Zone (540 m). To simulate a phytodetritus sedimentation event, algal material was injected onto a defined sediment area directly at the sea floor to allow feeding by foraminifera for four days. Prior the experiment, algae were labeled with stable isotopes (13C, 15N) to allow the tracking of the food source to the foraminifera. This approach also allows the calculation of uptake rates for foraminifera which are comparable to other feeding experiments and faunal groups. In addition to the feeding experiment, the assemblages of living foraminifera at the two deep-sea sites were investigated regarding species composition, diversity, vertical distribution within the sediment and abundances.
The observed assemblage of living foraminifera as well as their reaction towards the presence of phytodetritus varied strongly between the two sites. The foraminiferal assemblage in the abyssal North Pacific was very diverse and dominated by soft-walled and agglutinated species. The very quick response to phytodetritus during the experiment, which is comparable in magnitude to other abyssal sites, showed their ability to immediately utilize available food in an environment of food limitation. The Arabian Sea site of almost anoxic and very eutroph conditions was characterized by a foraminiferal community of extremely high population densities but low species diversity due to the dominance of few calcareous species. The response to the phytodetritus was very high in comparison to earlier investigations in eutroph environments. The high abundances and phytodetritus uptake as well as the earlier observed absence of macrofauna at this water depth suggest that foraminifera play a very important role in deep-sea carbon cycling under almost anoxic conditions.
In summary, the observed very different assemblages and responses to food presence reflect the strong influence of the environment on foraminifera in the deep sea and demonstrate how deep-sea foraminifera have adapted to these very different environmental conditions.