Inhaltszusammenfassung:
Jährlich werden deutschlandweit 15.000 neue Fälle bekannt, bei denen Patienten am Komplexen Regionalen Schmerzsyndrom (CRPS) leiden. Es ist immer noch nicht geklärt, welche Auslöser zum Auftreten eines CRPS und den Veränderungen im Kortex führen. Eine mögliche Erklärung könnten veränderungen in der Vulnerabilität für Neuroplastizität sein.
CRPS Patienten zeigen eine kortikale Reorganisation im primären somatosensorischen (S1) und primären motorischen (M1) Kortex in Form einer Verkleinerung des Handrepräsentationsareals der betroffenen Hand. In Studien bei Phantomschmerzpatienten wird nachgewiesen, dass es eine Verbindung zwischen der Stärke der chronischen Schmerzen und der Größe der kortikalen Reorganisation gibt. Wenn die originäre Repräsentation der Hand wieder hergestellt werden kann, werden die Schmerzen bis hin zur Schmerzfreiheit reduziert. Bei Brailleschrift-Lesern oder Musikern ist aus Studien bekannt, dass ein sinnvolles Training zu einer Vergrößerung der kortikalen Handrepräsentation führt. Mit einem speziellen, von unserer Arbeitsgruppe entwickelten, sensomotorischen Handtraining haben drei CRPS-Patienten in einer Pilotstudie zwei Wochen trainiert. Eine Annäherung an die ursprüngliche Organisation in S1 kontralateral zur betroffenen Hand konnte erreicht werden, sowie eine Halbierung der Schmerzen auf der Visuellen Analogskala (VAS). Des Weiteren wurde ein verstärkender Effekt auf motorisches Lernen durch transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) in mehreren Studien nachgewiesen. Daher ist ein vergrößernder Effekt der gleichzeitigen Stimulation mit tDCS zusätzlich zum sensomotorischen Training auf die Handrepräsentation zu erwarten.
In der vorliegenden Arbeit wird zwei Fragen nachgegangen. Zum einen ist das Ziel zu untersuchen, ob bei Patienten, die unter einem CRPS an der Hand leiden, eine erhöhte Vulnerabilität für neuronale Plastizität aufweisen. Zum andern wird die Wirkung einer Kombination aus anodaler bzw. sham tDCS während der Durchführung des sensomotorische Trainings an der betroffenen Extremität untersucht. Dabei wird das Augenmerk sowohl auf die Effekte im Bezug auf subjektive Schmerzempfindung, gemessen anhand einer VAS über den gesamten Studienzeitraum, als auch auf die kortikale Repräsentation in S1 und M1 mit MEG- und MEP-Messungen vor und nach der Therapie gelegt.
Die Untersuchung zeigt eine hoch signifikante Schmerzreduktion nach Stimulation mit anodaler tDCS während gleichzeitigem sensomotorischen Training. Unter Placebostimulation kommt es zu einer signifikanten Schmerzreduktion. Nichtsdestotrotz gibt es signifikante Verbesserungen mit anodaler im Vergleich zu sham Stimulation.
Diese Untersuchungsergebnisse deuten darauf hin, dass das von unserer Arbeitsgruppe entwickelte, sensomotorische Training zu einer Symptomverbesserung in Form einer Schmerzreduktion führt und dieser Effekt durch eine anodale tDCS über dem Handareal in M1 noch signifikant verstärkt werden kann. Dieser vielversprechenden Ergebnisse müssen bei einer größeren Patientengruppe noch evaluiert werden.