Inhaltszusammenfassung:
Die Doktorarbeit, als Teil des interdisziplinären Projekts "Neue Materialien für leichte, stoffdurchlässige Einschlagschutzsysteme: Seeigel als Modell" behandelte die Analyse der Mikrostrukturen von verschiedenen Seeigelstacheln (Heterocentrotus mammillatus, Echinometra mathaei, Eucidaris metularia, Phyllacanthus imperialis, Plococidaris verticillata, Prionocidaris baculosa) mittels Rasterelektronenmikroskopie, Kritischer Punkt Trocknung, Computertomografie und 3-Punkt-Biegeversuchen. Dieses bionische Projekt hatte zum Ziel, aus dem Projekterkenntnissen die Basis für einen neuartigen Einschlagschutz zu entwickeln. Echinodermen und im speziellen Seeigel sind interessant, da sie zum einen seit mehreren hundert Millionen Jahren evolutionär erfolgreich sind und beispielsweise dass die Stacheln aus einen besonders leichten Material bestehen (Magnesiumcalcit). Für die Versuche wurden die verschiedenen Seeigel unter simulierten tropischen Bedingungen in Meerwasseraquarien gehalten und bei Bedarf einzelne Stacheln entnommen.
Zum ersten Mal wurde eine umfangreiche Studie über die Stereomstrukturen innerhalb der Seeigelstachel durchgeführt. Die REM-Studien zeigten, dass der innerste Bereich der Stacheln (die Medulla) laminar in allen Stacheln ist, während die umlaufende Schicht (radiating layer) gallerieartige Anordnung besitzt. Außer bei Heterocentrotus mammillatus und Echinometra mathaei Stacheln, diese zeigten sich labyrinthisch.
Die Ergebnisse aus den CT Aufnahmen ergaben, dass die Medulla in den Stacheln ein offen-poröses Stereom darstellt und dass der Cortex bspw. bei Phyllacanthus imperialis ein dichtes Stereom ist. Der Cortex bzw. die Wachstumsringe zeigten eine mikroperforierte Anordnung des Stereoms. Der Poren- und Trabeculaedurchmesser der Medulla und der umlaufenden Schicht wurde zwischen verschiedenen Arten verglichen, ebenso zwischen jungen und ausgewachsenen Stacheln innerhalb einer Spezies. Der Porendurchmesser unterschied sich zwischen Medulla und der umlaufenden Schicht, aber ein genereller Trend konnte nicht aufgezeigt werden. Junge Stacheln von Heterocentrotus mammillatus zeigten kleinere Porendurchmesser als die ausgewachsenen Stacheln.
Aufgrund der CT-Aufnahmen war es möglich, Vermutungen bezüglich des Biegeverhaltens von Stacheln zu geben, auch im Hinblick auf die Porosität und Dicke des Stereoms.
Mit den 3D-Aufnahmen konnte die innere Struktur der Stacheln gedeutet werden. Computertomografie, die täglich Einsatz in der klinischen Diagnostik findet, konnte als Zusatz zu REM-Aufnahmen benutzt werden um die interne Stachelstruktur zu beschreiben. Jedoch war es nicht möglich die einzelnen Stereomtypen zu unterscheiden. Die CT-Aufnahmen von Heterocentrotus mammillatus, Phyllacanthus imperialis und Prionocidaris baculosa Stacheln zeigte verschiedene Strukturen. Die Dichte und Ausdehnung der Wachstumsringe in Stacheln von Heterocentrotus mammillatus wurde beschrieben. Das Biegeverhalten von jungen und ausgewachsenen Stacheln von Heterocentrotus mammillatus und Phyllacanthus imperialis wurde in 3-Punkt-Biegeversuchen analysiert. Unterschiede traten zum einen innerhalb der Arten und zwischen diesen auf. Die Kraftaufnahme durch ausgewachsene Phyllacanthus imperialis Stachel war niedriger als die der jungen Stacheln. Grundsätzlich traten keine Unterschiede in der Kraftaufnahme bei Stacheln von Heterocentrotus mammillatus auf, jedoch im Spannungs-Dehnungsdiagramm.
Die Anwendungsmöglichkeiten der Stereomstruktur im technischen Bereich kann als vielfältig eingestuft werden und diese werden bereits in neuartigen Kupferplatten eingesetzt. Die Untersuchungen des Seeigelstereoms und dessen Klassifizierung werden zukünftig als Grundlage zur Entwicklung eines neuartigen Aufprallschutzsystems im Automobilbau dienen.
Abstract:
This PhD thesis as part of the greater interdisciplinary project "New materials for light, permeable impact protective systems: sea urchin as a model" investigated several sea urchin spines (Heterocentrotus mammillatus, Echinometra mathaei, Eucidaris metularia, Phyllacanthus imperialis, Plococidaris verticillata, Prionocidaris baculosa) in detail by means of morphological analyses (including scanning electron microscopy (SEM), critical point drying and computer tomography (CT)) and additionally mechanical consideration in 3-point-bending-tests to develop the basis for a new bio-inspired (biomimetic) impact protective system. The motivation was due to the long evolutionary history of echinoderms (including sea urchins) as well as the light weight of spines as they are built up of magnesium calcite in a porous manner. The investigated species were kept in several fully equipped sea water aquaria with tropical conditions over the whole period of the investigations.
For the first time, a large survey to describe the stereom structure of spines was carried out. The SEM study showed that the innermost area (the medulla) is laminar in all the spines. The radiating layer is galleried, except in Heterocentrotus mammillatus and Echinometra mathaei where it was labyrinthic. The cortex or the growth rings are microperforate. The pore and trabeculae diameter of medulla and radiating layer were compared, also with respect to difference between juvenile and fully grown spines. The pore diameter in medulla differs from that in the radiating layer but no trend-setting could be found. Juvenile spines of Heterocentrotus mammillatus showed lower values of pore diameter than the fully grown ones.
Due to the CT scans, it was possible to give assumptions for the bending behaviour of spines with respect to the density of the material and its thickness. Additionally three dimensional images were performed to show the internal arrangement of the spines. CT scans, daily used in clinical diagnosis, could be used as an addiction to SEM images in order to characterize the stereom structure in spines. The CT scans, however, could not display the different stereom types in detail. The investigations of spines of Heterocentrotus mammillatus, Phyllacanthus imperialis and Prionocidaris baculosa with computer tomography displayed several structures. Spines of Heterocentrotus mammillatus showed growth rings in contrast to spines of the cidaroids which were also under investigation. The function of these rings, e. g. as mechanical stabilizer is discussed.
The bending behaviour of juvenile and fully grown spines of Heterocentrotus mammillatus and Phyllacanthus imperialis was analysed by 3-point-bending tests. Differences occurred between and within the two species. The force loading was lower in fully grown Phyllacanthus imperialis spines than in the juvenile ones. Spines of Heterocentrotus mammillatus could withstand the same force but differed in the stress-strain analyses.
The use of the stereom for impact protective systems has never been investigated in detail thus far. The arrangement of the stereom inside spines may be innovative for several applications. The possibilities for use in technical fields are various and range from copper plates based on the stereom structure to bio-inspired ideas for new pedestrian safeties in car development. These investigations provided here will serve as a basis for further investigations.