Inhaltszusammenfassung:
Protozoen gelten in Nahrungsketten verschiedener Ökosysteme als wichtige trophische Verbindung, da sie Energie und organische Verbindungen von Prokaryoten in höhere Trophieebenen übertragen. Da höhere Organismen im Grundwasser selten sind, stellen Protozoen dort möglicherweise die bedeutendste trophische Ebene dar. Ihre funktionelle Bedeutung und ihr Einfluss auf das Selbstreinigungspotential von Grundwasser wurden jedoch bislang noch unzureichend erforscht. Eine gravierende Wissenslücke existiert bezüglich ihrer Biodiversität und Aktivität in Grundwasser. Dies gilt besonders für anaerobe und verunreinigte Bereiche. Auch die Bedeutung von Mikroeukaryoten als potentielle Schadstoffabbauer wurde bislang nicht systematisch erfasst. Dies kann auch auf fehlende PCR- und Fingerprintingmethoden, die für Protisten des Grundwassers geeignet wären, zurückgeführt werden.
Im Zuge dieser Arbeit wurden nötige Verfahren entwickelt, um Protistengemeinschaften in Grundwasserleitern auf molekularer Ebene beschreiben zu können. Die Eignung verschiedener 18S rDNA spezifischer Primer wurde überprüft, wobei gravierende Unterschiede gefunden wurden in ihrer Fähigkeit, die gesamte Vielfalt von Protisten zu erfassen. Die Kombination Euk20f/Euk516r in Verbindung mit Restriktionsenzym Bsh1236I erwies sich am geeignetsten, um die Diversität mittels T-RFLP Analyse zu erfassen. Dies wurde durch in silico Vorhersage, sowie Fingerprinting und Sequenzierung protistischer PCR-Amplikons aus DNA Extrakten gezeigt, die aus kontaminierten Grundwassersedimenten stammten. Mit Hilfe der entwickelten Methoden konnten Protistengemeinschaften in unterschiedlichen Redoxzonen eines mit Teeröl kontaminierten Aquifers beschrieben werden, die deutliche tiefenabhängige Unterschiede in ihrer Vielfalt und Zusammensetzung. Dies könnte auf eine Kopplung an lokale biochemische und mikrobielle Faktoren hinweisen.
Ciliaten und Cercozoen wurden vor allem im oberen, stark mit BTEX verunreinigten Teil des Aquifers entdeckt, wo auch bakterielle Abundanzen am höchsten waren. Dagegen dominierten Nanoflagellaten der Kinetoplastida die Protozoengemeinschaft der sulphidogenen Zone, wo sich der Hotspot des bakteriellen BTEX Abbaus befindet, aber auch der PAK kontaminierten Bereiche darunter. Die entdeckten Protozoengruppen lassen auf eine aktive mikrobielle Schleife schließen, die möglicherweise den biologischen Abbau der Schadstoffe beeinflusst, wobei sich das Ausmaß in verschiedenen Zonen quantitativ und qualitativ unterscheiden dürfte. Die diverse Pilzgemeinschaft, die von Hefen dominiert wurde, deutet eine direkte Beteiligung der Eukaryoten an dem Umsatz von Schadstoffen an, da ein Großteil der identifizierten Pilze sich als Verwandte von Stämmen erwiesen, die für den aeroben Abbau von aromatischen Kohlenwasserstoffverbindungen bekannt sind. Allerdings muss ihre Aktivität und die Verwertbarkeit unterschiedlicher Substrate unter anaeroben Bedingungen noch gezeigt werden.
Die Anwendbarkeit von DNA-SIP auf Grundwasserprotisten wurde untersucht, indem 13C markierte Beute an einen protistischen Räuber verfüttert wurde. Dabei wurden kritische Schwellenwerte in der Detektierbarkeit festgestellt. Meine entwickelten Verfahren wurden abschließend an DNA Extrakten getestet, die aus einem Experiment stammten, das sich mit dem anaeroben Abbau von Toluol unter Reduktion von Sulfat beschäftigte. Erste Ergebnisse zeigten, dass SIP angewandt werden kann, um Nahrungsketten während des anaeroben Abbaus von Schadstoffen zu untersuchen. Weitere Forschungsansätze von SIP erscheinen daher äußerst viel versprechend.
Die Kultivierung und Isolierung von Grundwasserprotisten ist eine Vorrausetzung, um die potentielle Rolle und Bedeutung verschiedener Gruppen für die Funktionsfähigkeit des Ökosystems Grundwasser zu erfassen. Allerdings erwies sich dies während meiner Arbeit mit verunreinigten Grundwassersedimenten als äußerst problematisch, vor allem bedingt durch das übermäßige Wachstum von Pilzen. Unterschiede zwischen aeroben und anaeroben Anreicherungskultivierungen betonten jedoch die Notwendigkeit, vor allem verfeinerte anaerobe Kultivierungsmethoden zu entwickeln.
Zusammenfassend wurden in meiner Arbeit molekulare Verfahren entwickelt, die die Charakterisierung protistischer Gemeinschaften in kontaminierten Aquiferen ermöglichen. An einem beispielhaften Standort konnte ich eine weitaus größere Diversität von Protisten sogar in verunreinigtem Grundwassersediment nachweisen, als sie bislang festgestellt werden konnte. Außerdem zeigten die jeweiligen Populationen ähnlich deutliche räumliche Unterschiede und Korrelation an Redoxzonen und Kontaminationsbereiche, wie sie auch schon für Bakterien beobachtet wurden. Die zukünftige Anwendung solcher molekularer Methoden zur Untersuchung von Nahrungsnetzen und Kohlenstoffflüssen in Grundwasserökosystemen, wird womöglich weiterhelfen die Faktoren zu verstehen, die den biologischen Abbau von Schadstoffen in situ verstärken oder limitieren.
Abstract:
Heterotrophic protists represent a very important trophic link within food chains in different ecosystems, as they shuttle energy and organic matter from prokaryotes to higher trophic levels. In groundwater, they may even themselves represent the most relevant higher trophic level due to the scarcity of higher organisms. But their functional relevance in groundwater ecosystems and their influence on groundwater natural attenuation is only poorly understood. There is a severe lack of knowledge on the biodiversity and activity of natural protozoan assemblages in aquifers, most of all in anaerobic and contaminated zones. Furthermore, also the importance of other microeukaryotes such as fungi as potential contaminant degraders has not been systematically addressed yet. Partly, this can be attributed to a lack of adequate PCR and fingerprinting approaches for protists in aquifers.
Within this thesis, essential tools for the molecular characterisation of microeukaryotic communities in aquifers were successfully established. The suitability of distinct eukaryote-targeted primer pairs were validated and found to differ widely in their ability to detect over-all protistan diversity. By in silico predictions, fingerprinting and sequencing of microeukaryote amplicons from hydrocarbon-contaminated aquifer sediment DNA, I could show that the Euk20f/Euk516r primer set in combination with Bsh1236I digestion is best suited for the recovery of diverse protistan 18S rDNA lineages with T-RFLP analysis.
These newly developed molecular assays were used to assess protistan communities in distinct redox-zones of a tar-oil contaminated aquifer. A diverse microeukaryote community was detected with profound depth-related changes in diversity and composition hinting at a coupling to local biogeochemical and microbial parameters. Ciliates and cercozoa were found predominantly in the upper, highly BTEX contaminated part of the aquifer, where prokaryotic prey abundances were highest. Kinetoplastid nanoflagellates dominated protozoan communities in the sulphidogenic gradient zone, the ‘hot-spot’ of bacterial BTEX degradation, and the PAH contaminated strata below. Therefore, detected protozoan groups hint at an active microbial loop, which may influence biodegradation in situ to differing extents (quantitatively and qualitatively) in respective zones. Additionally, the detection of a diverse fungal community dominated by yeasts may also indicate a direct involvement of microeukaryotes in contaminant turnover, most of all, as the majority of fungi identified was related to isolates known for aerobic degradation of aromatic hydrocarbons. Their activity and utilisation of substrates under anaerobic conditions, however, remains to be elucidated.
The applicability of DNA-SIP to groundwater protists was evaluated by feeding of 13C labelled prey to a protistan predator, revealing critical detection limits. My established assays were tested on DNA extracts of a SIP experiment addressing toluene degradation under sulphate reduction. These first results show that SIP can be applied to anaerobic contaminant degrading food chains and make further approaches in SIP very promising. The cultivation and isolation of groundwater protists, a prerequisite to unravel the potential role and relevance of distinct groups in groundwater ecosystem functioning, proved to be problematic for contaminated sediment samples due to excessive growth of fungi. Aerobic and anaerobic enrichment cultivations further emphasised the need of refined anaerobic cultivation techniques to be established.
To summarise, molecular tools for the characterisation of protistan communities in contaminated aquifers were successfully established. At an exemplary site, I show that a protistan diversity far greater than previously recognised resides even in contaminated groundwater sediments, and that local protistan populations display similarly significant spatial distinctions in correlation to redox and contaminant scenarios as previously observed for Bacteria. The prospective further application of such molecular tools to study food webs and carbon flow in groundwater ecosystems may further add to an understanding of factors enhancing or limiting biodegradation in situ.