Metamorphose des Steins – Vom Rohmaterial zum Kulturgut

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Zitierfähiger Link (URI): http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-opus-32901
http://hdl.handle.net/10900/49145
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2008
Sprache: Deutsch
Fakultät: 7 Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Fachbereich: Ur- und Frühgeschichte
Gutachter: Kind, Claus-Joachim (Prof.)
Tag der mündl. Prüfung: 2000-06-28
DDC-Klassifikation: 930 - Alte Geschichte, Archäologie
Schlagworte: Silexhandel , Silexgerät , Rohmaterial , Jungneolithikum , Südwestdeutschland
Freie Schlagwörter: Silextechnologie , Rohmaterialversorgung
Stone artefacts , Late Neolithic , Southwestern Germany , Raw material supply , Stone tool technology
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

In der vorliegenden Arbeit wurde das Silexmaterial von 14 jungneolithischen Siedlungen nach technologischen und typologischen Gesichtspunkten untersucht. Ziel war, das Produktionssystem für die verschiedenen Silexinventare, die sich anhand der Keramik den entsprechenden jungneo¬lithischen Kulturgruppen zuordnen lassen, herauszuarbeiten, um so die Differenzen bzw. Über¬einstimmungen für die verschiedenen jungneolithischen Kulturgruppen in räumlicher und zeit¬licher Hinsicht zu erfassen. Die Silexartefakte wurden hierzu im Rahmen einer Merkmalanalyse untersucht. Die Rohmaterialanalyse ergab für die verschiedenen Siedlungen eine unterschiedliche Nutzung von lokalen, regionalen und überregionalen Lagerstätten, die vor allem von der geographischen Lage der Siedlungen zu den Romateriallagerstätten bestimmt war. Danach versorgten sich die Siedlungen, die in der Nähe von gut verfügbaren Lagerstätten lokalisiert waren, vorwiegend mit lokalem Rohmaterial. Siedlungen mit weniger guten lokalen Rohmaterialquellen verwendeten hingegen verstärkt regionale und überregionale Rohmaterialien. In fast allen Silexinventaren bildete der von der Schwäbischen Alb stammende Jurahornstein das am häufigsten verwendete Rohmaterial. Eine Ausnahme stellen die Silexinventare der Michelsberger Kultur dar, die einen hohen Anteil an bayrischen Plattenhornsteinen aufweisen. Insgesamt lassen die Kulturgruppen ein weitgehend opportunistisches Verhalten bei der Roh¬stoffversorgung erkennen, das weitgehend an die natürlichen Gegebenheiten der Umwelt anpasst war. Ferner deuten die verwendeten Rohmaterialien darauf hin, dass das Versorgungsdenken der jungneolithischen Bevölkerung großräumig war und es offenbar keine ausgedehnten Zugangsre¬striktionen gab. Die Analyse der Umformungsprozesse des Produktionssystems zeigte, dass die Beschaffung der Rohmaterialien in Abhängigkeit von der Rohmaterialverfügbarkeit stand. Danach importierten die Siedlungen ihr Rohmaterial je nach Distanz zu den Rohmateriallagerstätten entweder als ganze Rohknollen oder als Halbfabrikate bzw. fertige Werkzeuge. Die differierenden Grund¬formanteile sowie die unterschiedliche Kortexbedeckung der Silexartefakte belegen, dass eine örtliche Produktion in unterschiedlich hohem Umfang in den Siedlungen stattfand. Hierbei spielten ebenfalls weniger kulturgruppenspezifische Merkmale eine Rolle als vielmehr die Ver¬fügbarkeit der Rohmaterialien. Die schlagtechnischen Untersuchungen ergaben eine weitgehende Übereinstimmung bei der Herstellung der Silexartefakte im Jungneolithikum. Die knollen¬förmigen Rohmaterialien wurden vorwiegend in Abschlag- bzw. Klingentechnik abgebaut. Die Bearbeitung der Plattenhornsteine fand hingegen primär nach dem formgebenden Umformungs¬prozess statt. Der Kernabbau erfolgte stets von gut präparierten Kernen mit vorwiegend gleich ¬bleibender Abbaurichtung. Bei der Herstellung der Werkzeuge ist eine Größenauswahl festzustellen. Das Werkzeugspektrum ist bei allen Inventaren sehr einheitlich und weist nur wenige kulturgruppenspezifische Werk¬zeugformen auf. Bei allen Silexinventaren lässt sich ferner eine Instandsetzung der Silexinventare nachweisen. Aus den Ergebnissen der Rohmaterialanalyse und des Produktionssystems ergeben sich Hinweise zur Silexversorgung. Danach existierte während des Jungneolithikums kein festgelegtes kultur¬gruppenspezifisches Versorgungssystem. Vielmehr handelte es sich um ein alle Kulturgruppen in gleicher Weise umspannendes und miteinander verknüpftes Versorgungsnetz. Welches Ausmaß das Versorgungsnetz für die einzelnen Siedlungen hatte und in welcher Form es unabhängig oder abhängig von benachbarten Siedlungen organisiert war, wurde primär von der lokalen Ressour¬censituation bestimmt. Die in den Siedlungen vorhandenen Fernimporte sind unabhängig von diesem ‘normalen’ Distributionsnetz zu betrachten und in erster Linie auf soziale Kontakte zurückzuführen. Darüber hinaus lässt die Michelsberger Kultur ein etwas anderes Verhalten bei der Silexversorgung erkennen, das weniger von der lokalen Ressourcensituation bestimmt wurde, sondern vorwiegend überregionale Rohmaterialien aus bayrischen Lagerstätten nutzte. Ein spezielles Austauschsystem lässt sich demnach vermuten. Zudem existierte bei dieser Kultur¬gruppe vermutlich ein spezieller Austausch von Klingen bzw. Klingengeräten aus Kreidefeuer¬stein. Im Vergleich zu den anderen jungneolithischen Kulturgruppen zeichnet sich die Michels¬berger Kultur folglich durch eine höhere Mobilität und regeren überregionalen Güteraustausch aus.

Abstract:

In the present work the flint material of 14 late Neolithic settlements was examined according to technological and typological criteria. The goal of this work was to uncover the production system of the different flint artifacts, which can be assigned to different late Neolithic culture groups on the basis of ceramics, in order to understand the differences and similarities between these late Neolithic culture groups in time and location. The flint inventory was examined within the context of a feature analysis. The raw material analysis revealed different uses for local, regional and supraregional sources, determined principally by the geographical location of the settlements relative to the raw material sources. Accordingly, the settlements that were near good raw material sources predominantly supplied themselves with local raw material. Settlements with less adequate local raw material sources used mainly regional and supraregional raw materials. In almost all flint inventories the raw material most frequently used was the Jurassic chert of the Swabian Alb. The flint inventory of the Michelsberger culture represents an exception, which shows a high proportion of Bavarian tabular flint. Altogether the groups of cultures show to a large extent an opportunistic behavior with regards to the supply of raw materials that was adapted to a large extent to the natural conditions of the environment. Furthermore, the raw materials used illustrate that the supply thinking of the late Neolithic population was open and that there was no obvious restriction of access. The analysis of the shaping processes of the production system revealed that the procurement of the raw materials was a function of the raw material availability. Accordingly the settlements imported their raw material, depending upon the distance from the sources, either as whole raw tubers or as semi-manufactured or finished tools. The differing basic form proportions as well as the varying coverage with cortex of the flint artifacts show that a local production in the settle¬ments with different extent took place. Here likewise culture-group-specific features play a smaller role than does the availability of the raw materials. The analysis of percussion technique revealed a large agreement of the production of the flint artifacts in the late Neolithic. The nodular shaped raw materials have been worked in flaking technique. However, the treatment of tabular flint took place primarily after a form-giving shaping process. The core reduction was done always from well prepared cores with predomi¬nantly continuous reduction direction. A size selection of the tools during the production is identifiable. The tool spectrum is very uni¬form within all inventories and indicates only few culture-group-specific tools. Within all flint inventories furthermore curation of the artifacts can be determined. The results of the analysis of raw material and the production system provide clues to the flint supply. No determined culture-group-specific utility system existed during the late Neolithic. Rather, a supply network linked all culture groups together in the same way. The extent of the supply network for the individual settlements and the form independent or dependent on neighboring settlements was organized were primarily determined by the local resources situation. The remote imported goods available in the settlements were independently of this 'normal' distribution network and can be attributed primarily to social contacts. The Michels¬berger culture, however, shows some differences with respect to the flint supply. The supply was determined less by local resources, but supraregional raw materials from Bavarian quarry sites have been used. Therefore, a special exchange system can be assumed. Furthermore, a special exchange of blades or blade devices from chalk flint probably existed at this culture group. Compared with the other late Neolithic culture groups the Michelsberger culture distinguishes itself by a higher mobility and a developed exchange of goods.

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