Inhaltszusammenfassung:
Im südlichsten brasilianischen Bundesland Rio Grande do Sul sind aus den Zeiten der Kolonisierung noch zahlreiche Häuser vorhanden, die mit Holz als wesentlichem Baumaterial errichtet wurden. Viele dieser historischen Bauten besitzen Denkmalwert, sind aber heute in einem kritischen Zustand, der eine baldige Restaurierung erfordert. Hierüber waren bislang keine konkreten Informationen verfügbar. Auch über die Ursachen der Holzschäden war kaum etwas bekannt. Schließlich war auch noch nie untersucht worden, welche Hölzer in welchem Umfang und wofür beim Bau verwendet wurden. In zwei jeweils mehrmonatigen Kampagnen wurden Feldstudien zur Bestandserhebung durchgeführt. Hierfür wählte ich vier Regionen aus. Sie gehören biogeographisch zum Biom der Mata Atlântica und weisen jeweils eine spezifische Vegetation auf.
In 36 Gemeinden habe ich über 300 Häuser inspiziert, 200 wurden genauer untersucht, bei 100 habe ich eine Zustands-Diagnose durchgeführt. Davon wurden 13 besonders interessante Gebäude vermessen und zeichnerisch dokumentiert. Die meisten Häuser der europäischen Einwanderer entstanden ab 1825 im Zuge der vom brasilianischen Kaiserhaus initiierten imigração alemã in Fachwerk, Holzrahmenbau und Skelettbau mit Verschalungen sowie Blockbau. Regional wurden jeweils verfügbare Hölzer verwendet. Alle Befunde habe ich in über 5.000 digitalen Photos dokumentiert. Außerdem habe ich Holzproben und Holzschädlinge gesammelt, die später von Spezialisten in Brasilien und Deutschland analysiert wurden. Zusätzlich habe ich in 33 Interviews Waldbauern, Holzhändler, Sägereibesitzer, Zimmerleute, Architekten, Baumeister, Historiker sowie Mitarbeiter von kommunalen Verwaltungen über Holz im Bau befragt. Speziell wollte ich klären, wie häufig Araukarienholz für Bauzwecke eingesetzt wurde. Die Araukarie wurde von fast allen Befragten als Baumaterial genannt, darüber hinaus zahlreiche Laubhölzer. Einzelne Hölzer wurden vornehmlich für bestimmte Konstruktionsteile wie Balken und Ständer, Fassaden-Verschalungen, Fenster und Türen sowie für den Innenausbau verwendet. Als Holzzerstörer wurden Insekten, vor allem Termiten, genannt. Über Fäulnis bedingende Pilze war den Befragten nichts bekannt. Das grundlegende Problem der Durchfeuchtung als Voraussetzung für Holzschädigung wurde nicht kritisch gesehen.
Meine Bestandsaufnahme umfasste Schäden an verbautem Holz und deren Verursacher. Außer der Araukarie konnten 18 Laubhölzer identifiziert und in holzanatomischen Analysen bestimmten Baumarten zugeordnet werden. Viele Holzteile wiesen einen Mehrfachbefall auf. Verschiedene xylophage Insekten und Fäulnispilze hatten Schädigungen bewirkt, die ich in drei Stufen unterteilte. Ich konnte keine Resistenz einzelner Hölzer gegen Insektenfraß diagnostizieren, wohl aber Unterschiede im relativen Befall. Besonders stark waren bodennah verbaute und daher durchfeuchtete Holzteile zerstört, primär wohl durch Pilzbefall.
Beträchtlich mit regionalen Unterschieden waren die von Termiten verursachten Holzschäden. Bei insgesamt 132 Häusern konnten 7 Termitenarten aus 3 Familien ermittelt werden. Kalotermitiden schädigten vor allem trockenes Araukarienholz. Als weitere Schadinsekten wurden 12 Arten xylophager Käfer aus 8 Familien festgestellt. Besonders häufig wurden Nagekäfer gefunden. Weiter wurden zahlreiche xylophage Hautflügler nachgewiesen, vor allem Ameisen und Holzwespen. Dazu kamen noch einige Xylophile, darunter Holzbienen und Stachellose Bienen, die aber kaum Holzzerstörungen bewirkten.
Die Fäulnisschäden hatten einen erschreckenden Umfang. Braun-, Weiss- und Moderfäule waren vielerorts anzutreffen. Dazu kamen Schimmel und holzverfärbende Pilze. Die Arten konnten nicht identifiziert werden, zumal über in Brasilien vorkommende Holzpilze noch keine Literatur existiert. Die makroskopisch erkennbaren Pilzschäden im Holz konnten in histologischen Laboruntersuchungen bestätigt werden. Einzelne Holzteile waren oft von mehreren Schadpilzen befallen. Dazu kamen noch sekundäre Schädigungen durch Insektenbefall. Ein Bewuchs von Holz mit Flechten und anderen Pflanzen begünstigte eine hohe Feuchtigkeit und damit Pilzbefall. Von den abiotischen Faktoren ist Holzfeuchte der entscheidende Umwelteinfluss. Trockene Holzteile wurden nur von bestimmten Insekten befallen, vor allem waren dies bestimmte Termiten.
Bei künftigen Sanierungen muss der verbreiteten Baudurchfeuchtung große Aufmerksamkeit geschenkt werden. Besonders Um- und Anbauten von Gebäuden zogen oft eine Schädigung von Holzteilen nach sich. Die bei Häusern häufig festgestellten Schadstellen wurden in Schemazeichnungen zusammengefasst.
Die Bedeutung dieser erstmals durchgeführten baubiologischen Erhebung wird unter verschiedenen Gesichtspunkten diskutiert. Sanierungsmaßnahmen erscheinen nicht nur wünschenswert, sondern dringlich, wenn die Substanz der historischen Holzbauten in Rio Grande do Sul bewahrt werden soll. Deren Denkmalwert ist bis heute nicht allgemein bekannt, geschweige denn öffentlich akzeptiert. Ein wesentlicher Grund hierfür dürften fehlende Informationen sein. Als Denkmal-Architektin in der offiziell zuständigen Bundesbehörde in Porto Alegre werde ich versuchen, diese beklagenswerte Situation künftig positiv zu beeinflussen.
Die Ergebnisse dieses multidisziplinären Promotionsprojektes sollen in Fachjournalen veröffentlich werden. Sie können zu einer künftig mehr baubiologisch fundierten Denkmalpflege speziell bei historischen Holzbauten in Südbrasilien beitragen. Die Aufgaben und Probleme der Erhaltung denkmalwürdiger Bauwerke in Rio Grande do Sul sind umfangreich, meine Ergebnisse können zumindest einige der oft beklagten Wissenslücken füllen.
Abstract:
In the South Brazilian state of Rio Grande do Sul many houses from the times of colonization are still left, mainly constructed with wood materials. Many of these buildings are valuable monuments, however, today in a critical state requiring restoration as soon as possible. Up to now precise information about this situation was lacking. Little was also known about the causes of wood damage. Finally it had never been investigated which type of timber had been used for constructions and to which extent. In two campaigns of several months field studies were carried out to survey the existing historical buildings. Four regions were selected for this purpose, all belonging to the biome of the Mata Atlântica and carrying a specific vegetation cover.
In 36 municipalities I inspected 300 houses of which 200 were studied in detail, and an exact status diagnosis was established for 100 buildings. 13 houses of special interest were measured and documented in drawings. Most of the houses of the European immigrants originate from the time after 1825 when the Brazilian Emperor had initiated the imigração alemã. They were made in framework, half-timber and skeleton stands with boarding or as log cabins. The timber was used according to local availability. All monitoring was recorded in more than 5,000 digital photos. In addition I collected wood samples and damaging insects for later analysis by specialists in Brazil and in Germany. Furthermore forest farmers, timber dealers, sawmill owners, carpenters, architects, historians and employees of communal administration were interviewed about timber in constructions. In particular I wanted ti know how frequently Araucaria wood was used. This material was nominated by most of the persons together with wood of many deciduous trees. For special constructional parts such as beams, stands, boarding, windows and doors as well as for interior works suitable wood was selected. Insects, especially termites, were mentioned destroying wood. Timber rotting fungi were unknown. The basic problem of moisture as a precondition for wood destruction was not regarded as critical.
My monitoring comprised damage of wooden constructions and their causes. Besides araucaria wood also timber of 18 deciduous trees was recognized and could be identified to botanical species in anatomical analyses. Many wooden parts were multiply infested. Several xylophagous insects and rotting fungi had caused destructions which I classified into three categories. I could not find resistance of particular woods towards destroying insects, only relative differences in the infestations. Wooden constructions near the ground and therefore moistened turned out to be heavily destroyed, primarily by fungi.
Wood destruction by termites was considerable, with regional differences. In a total of 132 houses termites of 7 species from 3 families could be recorded. Kalotermitids destroyed mainly dry araucaria timber. In addition 12 species of xylophagous beetles from 8 families were detected, especially anobiids were abundant. There were also numerous hymenopterans, mainly ants and wasps. Several xylophilic carpenter bees and stingless bees did not cause much damage.
Wood damage by rottenness gave cause of much concern. Brown, white and musty rotting fungi were found in many places, and also moulds and wood-colouring organisms. Species identification was not possible, particularly because no literature exists on wood-destroying fungi in Brazil.
The macroscopically diagnosed wood damage by fungi could be substantiated in the histological analyses. Pieces of timber were often infested by several rotting fungi, and additionally by destroying insects. Lichens and other plants growing on wood constructions favoured moistening and subsequent begin of rotting. Of abiotic factors humidity is the decisive environmental condition. Dry wood was only affected by some specialized insects, in particular termites.
In future restorations the common moistening of wood constructions requires full attention. Altered design and additions to buildings usually resulted in damage of wooden parts. The common places of damage in houses were summarized in scheme drawings.
The importance of this first survey including a biological house monitoring is discussed under various aspects. Measured of restoration are not only desired but in fact of high demand in order to preserve the historical monuments of wood architecture in Rio Grande do Sul. This national treasure is poorly known and yet not accepted by the public, reasonably depending on lack of information. Being responsible for this duty in the Federal Monument Administration at Porto Alegre I will try to alter this complaining situation in the future.
The results of this multidisciplinary doctoral project will be published in journals. Hopefully they ca contribute to a more biological orientated future conservation of historical monument in South Brazil. Features and problems are immense in the task of maintaining of the building monuments in Rio Grande do Sul. My results may fill up at least some of the gaps in the knowledge how to do this.