Inhaltszusammenfassung:
Die für den anaeroben Abbau von BTEX Substanzen verantwortlichen mikrobiellen Gemeinschaften, sowie die Faktoren, welche deren Metabolismus beeinflussen oder limitieren, sind bis jetzt wenig erforscht. In der vorliegenden Arbeit wurden an einigen kontaminierten Standorten in Deutschland mit Hilfe molekularbiologischer Methoden Mikroben untersucht, die am anaeroben Abbau von Toluol beteiligt sind. Diese Methoden wurden gewählt, um die bekannte Problematik bei der Kultivierung von Mikroben aus der Umwelt zu umgehen und um damit die Lebensweise der Mikroorganismen besser verstehen zu können, welche die Hauptrolle in natürlichen Selbstreinigungsprozessen spielen.
Aufgrund ihrer hohen phylogenetischen Diversität ist der spezifische Nachweis anaerober Toluolabbauer über ribosomale Marker Gene (z.B. 16S rRNS Gene) nicht möglich. Daher wurde in dieser Arbeit zunächst eine Nachweismethode über funktionelle (katabolische) Marker Gene entwickelt. Diese Gene kodieren für das Schlüssel-Enzym Benzylsuccinat Synthase (Bss), welches den ersten Schritt im anaeroben Toluolabbauweg katalysiert. An drei verschiedenen BTEX kontaminierten Standorten (Pasing, Flingern und Testfeld Süd) konnten mit der neuen PCR basierten Methode Standort-spezifische Gruppen, so genannte "Cluster", von bssA Sequenzen nachgewiesen werden. In Pasing wurden ausschließlich bekannte, zu Geobacter verwandte bssA Sequenzen detektiert, während die bssA Sequenzen der beiden anderen Standorte verschiedene, bis jetzt unbekannte Cluster bildeten, die nach den Standorten Flingern Cluster "F1" und "F2", sowie Testfeld Süd Cluster "T1" und "T2" benannt wurden. Die Flingern Cluster F1 und F2 wiesen nur eine entfernte Abstammung zu den bekannten Proteobacteria auf. Die Testfeld Süd Cluster T1/T2 waren besonders tief abzweigend, was auf den ersten Blick auf die Relevanz von nicht-proteobakteriellen Toluolabbauern hindeutete.
Mit Hilfe von "stable isotope probing" (SIP) gelang es eindeutig, Desulfosporosinus verwandte Organismen (Clostridia) als Hauptakteure des anaeroben Toluolabbaus am Standort Testfeld Süd zu identifizieren. Überraschenderweise trugen diese Clostridien nicht die kürzlich zuvor entdeckten T1/T2 Cluster bssA Gene, sondern bssA Sequenzen, die nah zu dem am Standort Flingern gefundenen F2 Cluster Sequenztyp verwandt sind. Daher wird nun angenommen, dass das F2 Cluster als das "echte" clostridielle bssA Cluster darstellt. Diese Hypothese kann durch die zukünftige Sequenzierung der bssA Gene kultivierter Desulfosporosini bestätigt werden. Die tief abzweigenden T1/T2 Sequenzen stellen hingegen wahrscheinlich bssA Homologe dar, welche bei anderen Fumarat addierenden Reaktionen im anaeroben Kohlenwasserstoffabbau beteiligt sein könnten.
Darüber hinaus wurde eine Methode entwickelt, welche die Quantifizierung der F1 Cluster bssA Gene am Standort Flingern mit Hilfe von quantitativer PCR (qPCR) erlaubt. Dies ermöglichte erstmals eine detaillierte Charakterisierung der räumlichen Verteilung von anaeroben Toluolabbauern innerhalb eines Tiefenprofils der Schadstofffahne in Flingern. Durch die hochauflösende Beprobung von Anneser und Kollegen, konnten die verschiedenen Bereiche und Redox Gradienten der Schadstofffahne auf sehr kleinen Skalen räumlich aufgelöst werden. Die höchste absolute und relative Abundanz von Toluolabbauern wurde in der sulfidogenen Zone unterhalb des Kernbereichs der Fahne festgestellt. Diese primären Felddaten erhärten die Gültigkeit des "plume fringe Konzeptes", einer Hypothese die besagt,
dass höchste Abbauraten an den Rändern einer Schadstofffahne statt finden. Bauer und Kollegen haben kürzlich dieses Konzept anhand von Laborversuchen mit zweidimensionalen (2D) Durchfluss-Systemen entwickelt.
Die tiefenaufgelöste Beschreibung der mikrobiellen Gemeinschaft am Standort Flingern mittels 16S rRNS T-RFLP Analyse ergab deutliche Veränderungen der Populationsstruktur besonders am Übergang des hoch kontaminierten zum sulfidogenen Bereichs der Schadstofffahne. Die F1 Cluster bssA Sequenztypen wurden aus der sulfidogenen Gradienten Zone gewonnen, dem "hot spot" des anaeroben Toluolabbaus am Standort Flingern. In denselben Proben wurden Geobacter verwandte Arten als dominante Bakterien identifiziert, daher sind diese mit hoher Wahrscheinlichkeit die Träger der bisher unidentifizierten F1 Cluster bssA Gene. Erstaunlicherweise konnte anhand von Anreicherungskulturen (Kunapuli at al.) dieses Standortes gezeigt werden, dass die Organismen, welche F1 Cluster bssA Gene tragen dazu in der Lage sind, den Toluolabbau sowohl mit Eisen- als auch mit Sulfat-Reduktion koppeln zu können.
Die in der vorliegenden Arbeit entwickelte bssA Nachweismethode ermöglicht wertvolle Einblicke in die Diversität, die Identität und die räumliche Verteilung von Mikroben, welche für den anaeroben Abbau von Toluol in kontaminierten Grundwasserleitern verantwortlich sind. Mit diesem Ansatz konnte das Wissen über Mikroorganismen erweitert werden, welche an biologischen Abbauprozessen vor Ort beteiligt sind und könnte auch ein wertvolles Werkzeug für die zukünftige Erforschung der zeitlichen Dynamiken in mikrobiellen Gemeinschaften anaerober Toluolabbauer darstellen. Zusammenfassend offenbaren diese Ergebnisse, dass in kontaminierten Grundwasserleitern ein enger Zusammenhang zwischen der Etablierung von spezialisierten Abbauer-Gemeinschaften und der Lokalität von Abbau- und Redox-Prozessen besteht. Die weitere Vervollständigung dieser Verbindungen zwischen der inhärenten Biozönose und ihrer hydrogeochemischen Umgebung kann helfen, neue Konzepte voran zu treiben, um im Hinblick auf den Umgang mit Altlasten natürliche Selbstreinigungsprozesse besser bewerten zu können.
Abstract:
Microbial communities involved in anaerobic BTEX degradation in contaminated groundwater, and factors which control and limit their metabolic activities are poorly understood. Within this thesis, microbes involved in anaerobic toluene degradation at a number of impacted sites across Germany are investigated using tools of molecular microbial ecology. This is done to circumvent known pitfalls of cultivation-based environmental microbiology, and to provide a better understanding of the true key players in natural attenuation processes.
Due to the phylogenetic dispersal of anaerobic toluene degraders, a specific detection via ribosomal marker genes (e.g. 16S rRNA) is not possible. Therefore, a catabolic marker gene assay was developed in this thesis targeting key enzyme of anaerobic toluene degradation, the benzylsuccinate synthase (Bss). With this newly developed PCR assay, site-specific clusters of bssA sequences were shown for three different BTEX contaminated sites (Pasing, Flingern, and Testfeld Süd). At the Pasing site, known geobacterial bssA sequence types were exclusively detected, whereas the bssA sequences retrieved from the other sites formed distinct and so far unidentified clusters, which were named due to the site Flingern cluster "F1" and "F2" and Testfeld Süd cluster "T1" and "T2", respectively. The Flingern clusters F1 and F2 showed only a remote affiliation to the known proteobacterial lineages and the Testfeld Süd cluster T1/T2 sequence types were deeply branching, indicating a relevance of non-proteobacterial toluene degraders at first glance.
Via DNA-stable isotope probing (DNA-SIP) applied to Testfeld Süd sediments, the key players in anaerobic toluene breakdown at this site were identified as Desulfosporosinus related organisms (Clostridia), surprisingly not carrying any of the previously detected T1/T2 sequence types. The bssA sequences of these degraders were closely related to the previously detected Flingern F2 cluster, which is therefore assumed to represent the "true" clostridial bssA. Further bssA sequencing efforts applied to cultured Desulfosporosinus spp. may prove this hypothesis. The deeply branching T1/T2 sequences thus are putative bssA-homologues, which may be involved in other fumarate-adding reactions in anaerobic hydrocarbon degradation.
Furthermore, a bssA assay for the specific quantification of F1 cluster bssA via quantitative PCR (qPCR) was developed for the Flingern site. With this, it was possible to characterise in detail the spatial distribution of anaerobic toluene degraders over a depth transect of the Flingern contaminant plume. Due to high-resolution sampling made possible by Anneser and colleagues, different plume compartments and redox gradients could be identified to prevail at very small scales. The highest absolute and relative abundance of toluene degraders was detected within the sulfidogenic gradient zone underneath the plume core. This primary field data strongly supports validity of the "plume fringe concept", which predicts that highest degradation activities are occurring at the fringes of contaminant plumes. Bauer and coworkers have previously established this concept via laboratory experiments with two-dimensional (2D) flow-through systems.
Depth-resolved characterisation of total microbial communities at the Flingern site via 16S rRNA gene targeted T-RFLP analyses revealed pronounced shifts in community structure between contaminant and redox compartment. The F1 cluster bssA sequence types were
retrieved from the sulfidogenic gradient zone, the "hot spot" of anaerobic toluene degradation at the Flingern site. From the same samples, Geobacter-related organisms were identified as dominant and thus to be the likely organisms harbouring the as-yet unaffiliated F1-cluster bssA genes. Interestingly, organisms carrying the F1 bssA sequences were demonstrated to be capable of coupling toluene degradation to both iron-and sulfate-reduction via preliminary enrichment cultures from the site (Kunapuli et al.).
The bssA assay developed within this thesis provides valuable insights in the diversity, the identity, and the spatial distribution of microorganisms responsible for anaerobic toluene degradation in contaminated aquifers. With the help of this approach a broader knowledge of microbes involved in on-site biodegradation processes could be gained and it may be a valuable tool for further investigations of temporal dynamics in communities of anaerobic toluene degraders. In summary, these data manifest that close correlation exist between the establishment of specialised degrader assemblages and the localisation of degradation and redox processes in contaminated aquifers. A further refinement of these links between intrinsic microbiota and their hydrogeochemical surrounding may help to forward new concepts to assess natural attenuation and for the management of contaminated sites.