Inhaltszusammenfassung:
Dieses Forschungsvorhaben hatte das Ziel, die räumliche Dynamik der Stadt San Cristóbal im Kontext der generellen Transformationsprozesse, welche die lateinamerikanischen Städte heutzutage durchlaufen, zu untersuchen. Als Untersuchungsgebiet, das die Transformationen, die in San Cristóbal ablaufen, verdeutlicht, wurde der Barrio Obrero gewählt. Hier konnten diese Transformationen in einem weitgehend von der Wohnfunktion geprägten Stadtviertel aufgezeigt werden. Zudem ist die Arbeit in einen Kontext eingebettet, der die Prozesse erklärt, die sich schon früher in den Großstädten nachweisen ließen, wie z.B. Segregation, sozialräumliche Fragmentierung, funktionsräumlicher Wandel sowie die Konkurrenz zwischen einzelnen Stadtfragmenten. Die lokalen Prozesse, die schon früher in den Großstädten auftraten, werden nun mit den Prozessen verknüpft, die heutzutage in den Mittelstädten auftreten, insbesondere in San Cristóbal.
Um eine Aussage darüber treffen zu können, ob es sich bei den in Mittelstädten beob-achtbaren Prozessen um die Wiederholung der früheren Entwicklungen in Großstädten handelt, war es wichtig, drei essentielle städtische Funktionen zu untersuchen: Wohnen, Versorgung und Unterhaltung. Die Beobachtung der Entwicklung dieser Funktionen erlaubt es, die aktuellen Entwicklungstendenzen aufzuzeigen sowie zu verdeutlichen, wie die Umformung eines urbanen Raums die traditionelle räumliche Organisation einer Stadt verändert. Die analysierten Prozesse beruhen zudem auf Globalisierungseffekten, deren Konsequenzen sich im städtischen Raum deutlich erkennen lassen. Des Weiteren wird die Raumordnungs- und Planungskrise des Munizips San Cristóbal auf lokaler Ebene untersucht sowie deren Auswirkungen auf den städtischen Raum und sein Orga-nisationsmodell.
Der Barrio Obrero ist stark von der Tertiärisierung betroffen. Dieses Phänomen führt zur Bildung einer neuen Zentralität innerhalb der Stadt, die die noch präsente monozentrische Organisation ablöst. Dieser Prozess findet nicht nur in San Cristóbal statt, sondern generell in Mittelstädten. Das somit neu entstandene kommerzielle Zentrum ruft nicht nur Veränderungen in der Organisation des städtischen Raums hervor, sondern führt auch zu einer Neuordnung der Interaktion von verschiedenen Gruppen der Gesellschaft San Cristóbals. Diese Interaktion hängt sehr stark von Kaufkraft und Konsum-mustern ab sowie vom Interesse, das die einzelnen Gruppen für das neue Zentrum, den Barrio Obrero, haben.
Durch diese Veränderungen kommt es zu einer Verdrängung der Wohnfunktion im Barro Obrero, was zum Bau neuer Wohnflächen außerhalb des Stadtzentrums führt. Dies verstärkt natürlich die Suburbanisierung und die sozialräumliche Fragmentierung sowie die Konkurrenz zwischen den zentralen Flächen der Stadt und ihrem suburbanen Raum. Gleichzeitig konzentrieren sich der kommerzielle Sektor, die Dienstleistungen und das Unterhaltungsangebot im Barrio Obrero. Das schnelle Wachstum dieser Aktivitäten beruht auf der Ordenanza de Zonificacion aus dem Jahr 1976. Dieses Raumordnungs¬gesetz erlaubt die Mischung residentieller und kommerzieller Funktionen, was den Barrio Obrero in einen Ort verwandelt hat, der gänzlich durch Konsum geprägt ist. Demgegenüber lässt sich eine Verringerung des Handels, der Dienstleistungen und des Unterhaltungsangebots im traditionellen Stadtzentrum feststellen, und es kommt zu einer Konkurrenz zwischen dem Barrio Obrero und dem traditionellen Stadtzentrum. Dadurch verliert das Stadtzentrum seine funktionale Rolle und seinen dominanten Charakter, der durch die dort traditionell ansässigen Funktionen gebildet wurde.
Generell lässt sich sagen, dass die sozioökonomische Dynamik von San Cristóbal eine weite räumliche Trennung der Funktionen Wohnen, Versorgung und Unterhaltung hervorruft. Dies verdeutlicht, dass es tatsächlich zu einer Wiederholung der räumlichen Transformationen kommt, die vorher in den Großstädten stattfanden. Unterschiede be-stehen nur im Ausmaß der Transformationen und in einer zeitlichen Verzögerung. Der lokale Kontext verdeutlicht, dass die Dimensionen der Transformationen in den Städten Venezuelas und insbesondere in San Cristóbal sehr unterschiedlich sind. Zeitlich gesehen nehmen die Transformationen, die sich heutzutage in San Cristóbal nachweisen lassen, besonders seit den 90er Jahren zu.
Um dieser Situation entgegenzuwirken, wird eine sofortige Änderung der Ordenanza de Zonificación vorgeschlagen, in der die Funktionen Versorgung und Unterhaltung reguliert werden und die historische Zone des Barrio Obrero ausgewiesen wird, damit die traditionellen Infrastrukturen geschützt werden können und die Bewohner sich weiterhin mit dem Raum identifizieren können. Zudem müssen die Bedürfnisse der jüngeren Bewohner durch den Aufbau von Projekten, wie z.B. dem Bau von Sportplätzen und Grünanlagen, befriedigt werden.
Abstract:
This investigation was aimed at examining spatial dynamics in the town San Cristóbal within a context of general transformations that affect Latin American towns and cities nowadays. The Barrio Obrero neighbourhood was elected as the area to be examined and it is supposed to show the transformations that happen in San Cristóbal. The transformations are to be examined in a highly residential neighbourhood. Furthermore this investigation is embedded in a context explaining processes that have been examined in bigger cities some time ago, like segregation, socio-spatial fragmentation, loss or gain of functions of certain areas and the competition between them. Local processes that already appeared in big cities are now being linked to processes that happen in mid sized towns, especially in San Cristóbal.
To reach conclusions about the repeating pattern of these processes it was important to examine three essential urban functions: housing, supply and entertainment. The study of the development of these functions show us recent tendencies of urban development and also how the alteration of an urban area can affect the traditional spatial organization of a town or city. The influence of the globalisation works as a base for these trans-formations, whose consequences are clearly visible in urban spaces. A further investiga-tion regards the crisis of space planning by the Municipality of San Cristóbal and its effects on urban spaces and its model of organization.
The Barrio Obrero is highly affected by the growing service sector. This phenomenon leads to a formation of a new centrality within the city’s boundaries which extinguishes the monocentric organization that is still present. This process does not only appear in San Cristóbal but happens in many mid- sized towns. The new commercial centre does not only cause changes in the organization of the urban landscape but also leads to new patterns regarding the interaction of different groups of San Cristóbal’s society. Social interaction is very much based on the ability to consume and on one’s interest for the neighbourhood Barrio Obrero.
Due to these changes residential space was reduced in the Barrio Obrero which led to the construction of residences outside the city’s boundaries increasing suburbanisation, socio-spatial fragmentation and the conflicts between central downtown areas and sub-urban spaces. At the same time commercial sectors, services and entertainment units increased in the Barrio Obrero. The rapid growth of these activities is due to the Ordenanza de Zonificación of 1976. This law allows the mix of residential and commercial activities which transformed the Barrio Obrero in a highly commercialised space. On the other hand there is a clear decrease in trade, services and entertainment in the city centre to be recognised and the conflict between the Barrio Obrero and the city centre is apparent. Due to this the city centre looses its functional role and its dominant character, which was formed by the functions that had been carried out there traditionally.
The socio-spatial dynamics of San Cristóbal generally cause a wide separation of the functions residence, supply and entertainment. This clearly shows that spatial transformations that have occurred in big cities repeat themselves in mid-sized towns. Differences only exist in terms of dimension and a temporal delay. At the local context are demonstrating Venezuela’s cities and especially San Cristóbal these transformations from the 1990s onwards.
The author suggests rapid amendments to the Ordenanza de Zonificación, in which functions like residence and entertainment are regulated and historic infrastructure is preserved, so inhabitants still can identify themselves with the area, in order to decrease the impact of this situation The needs of younger inhabitants of the neighbourhood have to be taken into consideration by generating projects like the construction of sports pitches or parks.
Private investors, which have a strong impact on the Barrio Obrero, should work hand in hand with the state in terms of planning for the neighbourhood. This would increase state power in planning and a decrease further creations of spatial fragmentations which are socio-economically isolated. Socio-spatial integration would be enforced hereafter.