Aktivitäten des sensor-motorischen Kortex bei Patienten mit komplexem regionalen Schmerzsyndrom (CRPS)

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Zitierfähiger Link (URI): http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-opus-26867
http://hdl.handle.net/10900/48998
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2006
Sprache: Deutsch
Fakultät: 7 Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Fachbereich: Psychologie
Gutachter: Hautzinger, Martin (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2006-11-15
DDC-Klassifikation: 150 - Psychologie
Schlagworte: Chronischer Schmerz , Magnetoencephalographie
Freie Schlagwörter: Komplexes regionales Schmerzsyndrom, CRPS, MEG, kortiko-muskuläre Kohärenz, M1
complex regional pain syndrome, CRPS, MEG, cortico-muscular coherence, M1
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Theoretischer Hintergrund: Komplexes regionales Schmerzsyndrom (engl. Complex Regional Pain Syndrome, CRPS) bezeichnet ein interdisziplinäres Krankheitsbild, das vor allem durch Schmerzen, Funktionseinbußen einer Extremität sowie Sensibilitäts- und trophischen Störungen nach vorangegangenem, dem Ausmaß der Beschwerden nicht adäquaten Trauma, gekennzeichnet ist. Bei noch nicht zufriedenstellend geklärter Pathogenese wird eine neuronale Entzündungsreaktion, sowohl peripher als auch zentral, in Kombination mit einer kortikalen Reorganisation im sensormotorischen Kortex als Ursache diskutiert. Die Therapie erfolgt rein symptomatisch und sollte im interdisziplinären Austausch stattfinden, wobei sowohl zentral als auch peripher wirksame Analgetika zum Einsatz kommen, ebenso wie Krankengymnastik und lokal antiphlogistisch wirkende Medikamente. Die Prognose ist insgesamt eher als ungünstig anzusehen, da die Symptome meist erst in einem späteren Stadium dem richtigen Krankheitsbild zugeordnet werden können. Während eine kortikale Reorganisation im somatosensorischen Kortex von CRPS-Patienten gut belegt ist, sind die Ursachen der motorischen Beeinträchtigungen, die mit dem Krankheitsbild einhergehen, bislang nur unzureichend untersucht. Eine Möglichkeit die Funktionalität der motorischen Steuerung zu untersuchen stellt die Kohärenzanalyse dar. Dabei kann die funktionelle Koppelung zwischen dem primären motorischen Kortex und den Muskeln mittels einer Analyse der Kohärenz zwischen kortiko-neuronaler Oszillation und elektromyographischer Aktivität gemessen werden. Eine veränderte Kohärenz würde auf eine Fehlfunktion der motorischen Steuerung hinweisen und die Beteiligung des motorischen Kortex an der Symptomatik bestätigen. Fragestellung: Ziel der beiden Untersuchungen war es, die kortiko-muskuläre Koppelung bei Patienten mit CRPS auf ihre Funktionalität zu überprüfen und beim Nachweis einer Fehlfunktion die Auswirkung einer pharmakologischen Intervention auf die Kohärenz zu untersuchen. Methode: Mit Hilfe der Magnetoenzephalographie (MEG) und Elektromyographie (EMG) wurde in einer ersten Studie die Hirn- und Muskelaktivität an 19 Patienten mit CRPS, 12 Patienten mit Fibromyalgie und 12 gesunden Probanden erfasst, um die MEG-EMG Kohärenz zu untersuchen. Die Probanden hatten die Aufgabe, während dieser Messung einen Präzisionsgriff mit Daumen und Zeigefinger auszuführen, bei dem eine konstante isometrische Kraft von einem Newton aufgebracht werden sollte. Um zu überprüfen ob die motorischen Defizite der CRPS-Patienten Folge einer gestörten kortikalen motorischen Steuerung sind, wurden die Patienten mit einer Gruppe gesunder Probanden verglichen. Um gleichzeitig auszuschließen, dass mögliche Veränderungen in der Kohärenz von Motorkortex- und Muskelaktivität Konsequenzen des von den Patienten erlebten Schmerz darstellen, wurden die Patienten mit einer Gruppe von Fibromyalgiepatienten verglichen, die ebenfalls an chronischen Schmerzen leiden und Bewegungseinschränkungen beklagen. In einer weiteren Studie sollte untersucht werden, welche Auswirkung eine medikamentöse Therapie auf die kortiko-muskuläre Kohärenz hat. In einer randomisierten, doppel-blinden placebo-kontrollierten Studie wurden 14 CRPS Patienten vor und nach einer 8-wöchigen Intervention untersucht. Beide Interventionsgruppen nahmen an einer intensiven Physio- und Ergotherapie teil. Während die Treatmentgruppe zusätzlich eine Kombinationsmedikation aus Opiat (Morphin) und NMDA-Antagonist (Memantine) erhielt, wurde die Kontrollgruppe nur mit dem Opiat und anstelle des NMDA-Antagonisten mit einem Placebopräparat behandelt. Ergebnisse: Die Ergebnisse der ersten Teilstudie zeigten, dass lediglich bei den Patienten mit CRPS eine veränderte kortiko-muskuläre Kohärenz zu finden ist. Während der Durchführung des Präzisionsgriffs zeigten diese gegenüber den Fibromyalgiepatienten und gesunden Kontrollen eine reduzierte kortiko-muskuläre Kohärenz. Die Fragebogendaten und motorischen Funktionstests der zweiten Teilstudie zeigten, dass die Intervention der Verumgruppe zu einer deutlichen Verbesserung der neuropathischen Symptomatik und der Bewegungseinschränkungen führte, während in der Placebogruppe nur minimale Verbesserungen der Symptomatik erzielt werden konnten. Bei der Untersuchung der kortiko-muskulären Koppelung konnte jedoch in keiner der beiden untersuchten Gruppen ein Unterschied im Prä-Post-Vergleich festgestellt werden. Die Kohärenz der Patienten war sowohl vor als auch nach der Intervention gegenüber den gesunden Kontrollen aus der ersten Studie deutlich reduziert. Schlussfolgerung: Beim CRPS handelt es sich um eine multimodale Beeinträchtigung, die eine Störung der motorischen Steuerung beinhaltet.

Abstract:

Theoretical background: The term Complex Regional Pain Syndrome (CRPS) designates an interdisciplinary clinical picture that is primarily characterised by pain, losses of function in one extremity as well as sensibility and trophic disturbances subsequent to the preceding trauma, which is inadequate to explain the extent of the complaints. Although the pathogenesis has not yet been satisfactorily clarified, a neuronal inflammatory response, both peripheral and central, in combination with a cortical reorganisation in the sensomotoric cortex is discussed as the cause. The therapy is purely symptomatic and should be performed in the scope of an interdisciplinary exchange. In the process, both centrally and peripherally acting analgesics are to be used, as are physical therapy and locally acting antiphlogistics. The overall prognosis is to be considered rather unfavourable, because the symptoms usually can only be assigned to the correct clinical picture at a later stage. A cortical reorganisation in the somatosensory cortex of CRPS patients is well documented, whereas the causes for the motoric impairments, which accompany the clinical picture, have been inadequately investigated to date. Coherence analysis provides an opportunity for investigating the functionality of motor control. In the process, the functional coupling between the primary motor cortex and the muscles can be measured by means of an analysis of the coherence between the corticoneural oscillation and the electromyographic activity. A change in coherence would indicate a malfunction of the motoric control and conform the participation of the motor cortex in the pathology. Problem complex: The objective of the two investigations was to examine the functionality of the cortico-muscular coupling in CRPS patients and in case of the detection of dysfunction to investigate the effect of a pharmacological intervention on the coherence. Methods: With the aid of magnetoencephalography (MEG) and electromyography (EMG) the brain and muscle activity was recorded in 19 patients with CRPS, 12 patients with fibromyalgia and 12 healthy subjects in the first study in order to investigate the MEG-EMG coherence. The subjects were to perform a precision grip with their thumb and index finger, in which a constant isometric force of one Newton was to be applied, during this measurement In order to determine whether the motoric deficits of the CRPS patients were a consequence of disturbed cortical motoric control, the patients were compared with a group of healthy subjects. In order to simultaneously rule out the possibility that changes in the coherence of motor cortex and muscle activity were consequences of the pain that the patients experience, the patients were compared with a group of fibromyalgia patients, who also suffer from chronic pain and who also complain of movement limitation. In a further study the specific effects of a medicinal therapy on the cortico-muscular coherence was to be investigated. In a randomised, double-blind, placebo-controlled study 14 CRPS patients were examined before and after an 8-week intervention. Both intervention groups participated in an intensive physiotherapy and ergotherapy. Whereas the treatment group additionally received a combination medication made up of opiate (morphine) and NMDA antagonist (memantine), the control group was only treated with the opiate and, instead of the NMDA antagonist, a placebo preparation. Results The results of the first substudy showed that an altered cortico-muscular coherence is only found in the patients with CRPS. During the performance of the precision grip, they exhibited a reduced cortico-muscular coherence compared to the fibromyalgia patients and the healthy controls. The questionnaire data and the motor functional testes of the second substudy demonstrated that the intervention in the verum group resulted in a definite improvement in the neuropathic symptomatology and the movement limitations, whereas only minimal improvements of the symptomatology could be achieved in the placebo group. However, in the investigation of the cortico-muscular coupling there was no difference between the investigated groups in the pre-post comparison. The patients’ coherence was both before and after the intervention clearly reduced compared to the healthy controls from the first study. Conclusion: CRPS is a multimodal impairment which comprises a disturbance of the motor control.

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