Inhaltszusammenfassung:
Die Dissertation beginnt mit einer Einführung in die Gehirnforschung und in aktuelle Konzepte zur Okulo- und Skelettmotorik. Die Bedeutung des cerebro-ponto-cerebellären Pfades und insbesondere der Brückenkerne ("pontine nuclei", PN) für die Bewegungskontrolle und -koordination wird erläutert.
Während Defizite von glatten Augenfolgebewegungen ("smooth pursuit", SP) als Konsequenz von Brückenkernläsionen mittlerweile gut dokumentiert sind, ist es bislang unklar, inwieweit Sakkaden bzw. die Skelettmotorik gleichermaßen davon betroffen sind.
Sakkaden, SP sowie Zeigebewegungen wurden in sechs Patienten mit Läsionen in der Region der PN untersucht. Alle analysierten Bewegungsarten wurden durch die Läsionen beeinträchtigt. Fünf Patienten zeigten dysmetrische (vier hypometrische, 1 hypermetrische) Sakkaden, zwei von ihnen mit contraversiver Lateralisierung. Der SP Verstärkungsfaktor war bei vier Patienten reduziert, bei einem ausschließlich in contraversiver Richtung.
Eine genauere Betrachtung des Geschwindigkeitsprofils der Sakkaden offenbarte einen Effekt der Läsionen auf dessen Schiefe. Die Relationen zwischen Dauer und Schiefe sowie zwischen Maximalgeschwindigkeit und Schiefe, die bei den gesunden Kontrollpersonen bestanden, waren bei den PN-Patienten zusammengebrochen. Dies deutet darauf hin, dass ein Kalibrierungsmechanismus des cortico-ponto-cerebellären Pfades bei den Patienten außer Funktion gesetzt wurde.
Vier Patienten wiesen außerdem beidseitig Zeigebewegungen mit gekrümmteren Trajektorien als die Kontrollpersonen auf.
Die gewonnenen Daten stützen die Hypothese, dass bei unterschiedlichen Bewegungsarten im Kleinhirncortex durch Adaptation der Parallelfaser-Purkinjezell-Synapsen eine zeitliche Feinabstimmung der Muskelaktivierungen erfolgt.