Inhaltszusammenfassung:
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Synthese und Charakterisierung von bekannten und neuen Oxidnitraten, deren Zersetzungsprodukten und der potentiellen Anwendungen der Oxidnitrate als Precursoren und NOx-Speicher.
In Kapitel 3 wurde die thermische Zersetzung von Sr(NO3)2 und Ba(NO3)2, welches in NOx-Speicherkatalysatoren in der Automobilindustrie verwendet wird, untersucht. Um eventuell auftretende Zwischenstufen, bei denen es sich auch um Oxidnitrate handeln könnte, zu isolieren, wurden die Nitrate von Barium und Strontium nur kurz über ihren Schmelzpunkt erhitzt und wieder abgekühlt. Beim Abkühlen der jeweiligen Nitratschmelzen an Luft trat eine neue, unbekannte Phase auf. Dabei handelte es sich um die Verbindungen Sr2(OH)3NO3 bzw. Ba2(OH)3NO3. Die Strukturen dieser Verbindungen wurden anhand von Röntgen-Einkristall- und Pulverdaten bestimmt und verfeinert. In den hexagonalen Kristallstrukturen (P6`2m) dieser Hydroxidnitrate sind die Erdalkalimetallionen von den Hydroxidionen in Form von trigonalen Prismen umgeben. Diese Prismen sind über die trigonalen Flächen entlang der c-Richtung und über Kanten in der ab-Ebene verknüpft. Sie bilden sechseckige Röhren, in denen sich die Nitratgruppen befinden. Die Bildung und Zersetzung von Sr2(OH)3NO3 wurde mit Hilfe von DTA/TG-Messungen untersucht, und es konnte gezeigt werden, dass der Stabilitätsbereich dieser Verbindung sowie der Bariumverbindung innerhalb des optimalen Bereichs zur NOx-Konversion von eingesetzten Speicherkatalysatoren liegt. Im Unterschied zu der Synthese von den bisher bekannten Hydroxidnitraten konnten die Verbindungen Sr2(OH)3NO3 und Ba2(OH)3NO3 gezielt durch eine direkte Festkörperrektion, ausgehend von den jeweiligen wasserfreien Hydroxiden und den Nitraten, in Kieselglasampullen hergestellt werden.
Da die Lanthanoidoxidnitrate mit der Zusammensetzung LnONO3 zwar schon seit den 1960ern bekannt sind, aber bis heute noch nicht vollständig röntgenographisch untersucht worden sind, wurden in Kapitel 4 die Verbindungen LnONO3 mit Ln = Pr, Nd und Sm-Yb synthetisiert und charakterisiert. Die Oxidnitrate wurden isotyp zu YONO3 in der tetragonalen Raumgruppe P4/nmm verfeinert. In der Kristallstruktur dieser Verbindungen alternieren in
c-Richtung [Ln2O2]2+-Schichten mit doppelten Schichten aus Nitratgruppen. Aufgrund der Ähnlichkeit der Oxidnitrate zu den Oxidhalogeniden wurde in der vorliegenden Arbeit die von Sillén getroffene Einteilung, gemäss der Anzahl an Halogenidschichten, die die Metalloxidschichten trennen, übernommen. Die Lanthanoidoxidnitrate lassen sich somit, da hier doppelte Nitratschichten auftreten, dem X2-Typ zuordnen. Rietveld-Verfeinerungen ergaben, dass die Nitratgruppen in der Raumgruppe P4/nmm fehlgeordnet sind, und eine mögliche Ausordnung der Nitratgruppen in einer Untergruppe von P4/nmm wurde diskutiert. Die Zersetzung der Verbindungen wurde mit Hilfe von thermoanalytischen Methoden untersucht. Des Weiteren wurde das magnetische Verhalten von NdONO3, SmONO3, EuONO3 und GdONO3 bestimmt.
Auf die Synthese und Untersuchung der neuen Oxidnitrate LnPbO2NO3 mit Ln = La, Pr, Nd und Sm wurde in Kapitel 5 ausführlich eingegangen. Die tetragonalen Kristallstrukturen bestehen aus abwechselnden [LnPbO2]+- und [NO3]--Schichten. Die Verbindungen lassen sich dem X1-Typ zuordnen. Dabei zeigte sich, dass diese gemischten Oxidnitrate mit schichtartigem Aufbau offenbar bevorzugt bei Anwesenheit eines Elementes mit s2-Konfiguration, wie Bismut oder Blei, gebildet werden. Thermoanalytische Untersuchungen ergaben eine zunehmende Instabilität der Oxidnitrate mit kleiner werdenden Lanthanoidionen. Von PrPbO2NO3 und NdPbO2NO3 wurde das magnetische Verhalten bestimmt und beide Verbindungen zeigen einen nahezu idealen Curie-Paramagnetismus. LaPbO2NO3 wurde auf eine mögliche Verwendung als Precursor und NOx-Speicher hin untersucht. In Kapitel 6 wurde LaPb2O6-x, das in der Literatur als "Anti-Glas" -Phase beschrieben wird, mit Hilfe von Rietveld-Analysen und Raster- sowie Transmissionselektronenspektroskopie näher untersucht. LaPb2O6-x wurde in einer Fluorit-Defektstruktur verfeinert. Die hohen Debye-Waller-Parameter der Sauerstoffatome ließen sich durch eine Aufspaltung in zwei Sauerstoffpositionen reduzieren. Bei den Untersuchungen am Raster- und Transmissionselektronenmikroskop wurde ein La/Pb-Verhältnis von 1/3 zu 2/3 ermittelt. Röntgenographische Untersuchungen zeigten, dass möglicherweise eine Phasenumwandlung in eine monokline Modifikation stattfindet. Die Definition der "Anti-Gläser" bleibt fraglich, und die Untersuchungen deuten daraufhin, dass LaPb2O6-x als Intermediat zwischen dem amorphen und kristallinen Zustand bei der Kristallisation einer stabilen Modifikation zu sehen sein könnte.
Abstract:
This work deals with the synthesis and characterisation of known and new oxide nitrates, their decomposition products, and the potential application of oxide nitrates as precursors or NOx storage materials.
In chapter 3 the thermal decomposition of Sr(NO3)2 and Ba(NO3)2 was investigated. Ba(NO3)2 is used as a NOx storage and reduction (NSR) catalyst in the automotive industry. After subsequent heating and cooling cycles in air up to 600 °C two new phases were obtained in a solidified Sr(NO3)2 and Ba(NO3)2 melt respectively. The new compounds were Sr2(OH)3NO3 and Ba2(OH)3NO3. The crystal structures were refined from single crystal and powder X-ray data. Alkaline earth ions in the hexagonal structures (P6`2m) are surrounded trigonal-prismatically by six hydroxide ions. These prisms are sharing faces along [001] and they are connected by shared edges in the ab-plane. In this way the prisms form hexagonal tubes with the nitrate groups stacked inside. Infrared and thermoanalytical data of Sr2(OH)3NO3 are presented. Both, the strontium and the barium compound, are stable in the optimal region for NOx conversion of NSR catalysts. In contrast to other known hydroxide nitrates, Sr2(OH)3NO3 and Ba2(OH)3NO3 were synthesized by a solid state reaction from mixtures of freshly prepared strontium or barium hydroxides and their corresponding nitrates in evacuated quartz glass ampoules.
Since the sixties the lanthanide oxide nitrates LnONO3 are known but until now their structures are not completely characterised. Therefore in chapter 4 the lanthanide oxide nitrates LnONO3 with Ln = Pr, Nd, and Sm-Yb were synthesised by thermal decomposition of hydrated lanthanide nitrates and characterised by means of X ray diffraction. The compounds were refined isotypically to YONO3 in the tetragonal space group P4/nmm and the structure is closely related to the PbFCl-type. Together with the oxide ions, the metal ions form [Ln2O2]2+ layers, alternating with double (NO3)- layers. Because of the similarity to oxide halides the notation adopted by Sillén was transferred to the oxide nitrates. Sillén indicated the number of halide layers separating the metal oxide layers. So the lanthanide oxide nitrates were related to the X2-type. Because of the orientational disorder of NO3- in the space group P4/nmm a possible superstructure in a subgroup of P4/nmm is discussed. Some thermoanalytical data are given and magnetic properties were measured for LnONO3 with Ln = Nd, Sm, Eu, and Gd.
The synthesis and investigation of the new lanthanide lead oxide nitrates LnPbO2NO3 with Ln = La, Pr, Nd, and Sm were presented in chapter 5. The tetragonal crystal structures contain [LnPbO2]+ layers, alternating with single (NO3)- layers. The compounds belong to the X1-type. The investigations showed that these mixed and layered oxide nitrates were built easily if an element with a lone pair like Bi3+ or Pb2+ is present. Thermal analyses (DTA/TG) were performed for LnPbO2NO3 compounds and showed an increasing thermal instability of the oxide nitrates with decreasing radius of the lanthanide. Magnetic properties were measured for NdPbO2NO3 and PrPbO2NO3 resulting in a nearly perfect paramagnetism. The use of LaPbO2NO3 as a precursor for oxide materials or as a NOx storage material is considered. In chapter 6 LaPb2O6-x was reinvestigated by means of the Rietveld method and scanning and transmission microscopy. In literature LaPb2O6-x was described as an "anti-glass" phase. LaPb2O6-x was refined in a deficient fluorite type. The high Debye-Waller parameter of the oxygen atoms can be reduced by splitting the position. A La/Pb ratio of 1/3 to 2/3 was determined during the investigations with scanning and transmission microscopy. X-ray studies showed that there could be a phase transition into a monoclinic phase. The definition of "anti-glass" phases is still doubtful and the investigations indicate that LaPb2O6-x, can be described as an intermediate state between amorphous and crystalline states while crystallization of a stable modification.