Inhaltszusammenfassung:
Telomere setzten sich beim Menschen aus repetitiven, nichtkodierenden TTAGGG-Sequenzen und telomerbindenden Proteinen zusammen. Dieser Telomer-Nukleoprotein-Komplex sitzt wie eine nicht-kodierende Kappe an den Chromosomenenden und schützt diese so vor enzymatischer Degradation, Rekombination und Fusion. Infolge des sog. Endreplikationsproblems kommt es während der Zellteilung normaler somatischer Zellen in vitro und während des Alterns in vivo zur Verkürzung der Telomere, was in Folge zum einen zu genetischer Instabilität und zellulären Seneszenz führen kann und zum anderen indirekt Information über die mitotische Geschichte der Zelle bietet. Im Gegensatz dazu können Zellen bestimmter Gewebe, insbesondere die der Keimbahn, aber auch maligne Tumorzellen, der Telomer-Verkürzung durch Expression des Enzyms Telomerase entgegenwirken. Die Telomerase ist in der Lage an den Chromosomen-Enden Telomer-Sequenzen zu synthetisieren und so die Telomere zu stabilisieren.
Aufgrund nicht ausreichend hoher Telomerase-Expression zeigen dagegen auch hämatopoetische Stammzellen eine replikationsabhängige Verkürzung der Telomere, welche sich in den, für die Telomerlängen-Messung leichter zugänglichen, peripheren Blutzellen wiederspiegelt.
Ursprungszelle leukämischer Transformationen myeloischer Leukämien ist die pluripotente hämatopoetische Stammzelle. Aufgrund der deutlich erhöhten Teilungsrate im malignen Stammzell-Kompartiment können Auswirkungen auf die Telomerbiologie der Zellen nicht ausgeschlossen werden. Die exzessive Verkürzung der Telomere kann dabei zu einer Zunahme genetischer Instabilität hämatopoetischer Zellen führen und in Folge dessen mit dem klinischen Verlauf oder auch dem Erkrankungsstadium myeloischer Leukämien in Verbindung gebracht werden.
Am Beispiel der Chronischen Myeloischen Leukämie (CML) wurde die Bedeutung der Telomerbiologie für Prognose sowie dem klinischen Verlauf unter Therapie mit dem selektiven Tyrosinkinase-Inhibitor Imatinib untersucht. Wie schon in der vorangegangenen Studie korrelierte die Verkürzung der Telomere mit dem Stadium und damit mit der Erkrankungsdauer. Unter Therapie mit Imatinib fand sich dagegen eine signifikante Zunahme der durchschnittlichen Telomerlänge peripherer Granulozyten in Abhängigkeit mit dem Ansprechen auf die Therapie. In vitro Untersuchungen sprechen gegen einen direkten imatinibvermittelten Effekt auf die Telomerase-Aktivität und damit die Telomerlänge der CML-Zellen. Die gefundene Verlängerung der vorher verkürzten Telomere unter Behandlung mit Imatinib scheint deshalb einen steigenden Anteil Philadelphia-negativer, d.h. gesunder Zellen (mit normalen oder nur wenig verkürzten Telomeren) als Ausdruck des Ansprechens auf die Therapie wiederzuspiegeln.
Wie die CML, stellt auch die Akute Myeloische Leukämie (AML) eine Erkrankung des Stammzell-Kompartiments dar. Auch hier stellt sich die Frage ob die Telomer-Verluste mit genetischen Instabilitäten in Verbindung gebracht werden können. Die an einem großen, homogenen Proben- und Patientenkollektiv durchgeführte Studie zeigte eine ausgeprägte, progressive Verkürzung der altersadaptierten Telomerlänge der Patienten. Dabei zeigte sich mit zunehmender zytogenetischer Instabilität nicht nur die progressive Telomer-Verkürzung, sondern ebenso eine Überexpression der katalytischen Untereinheit der Telomerase (hTERT). Aufgrund dieser Ergebnisse kann der Telomerbiologie im Laufe der AML-Pathogenese eine wichtige Rolle bei der Entwicklung genetischer Instabilitäten, insbesondere multipler, sekundärer karyotypischen Aberrationen zugesprochen werden.
Darüber hinaus wurde der Einfluss pharmakologischer Telomerase-Inhibition auf die Telomerbiologie Myeloischer Leukämien untersucht. Die chronische Phase der CML bietet sich als Modellsituation für den klinischen Einsatz von Telomerase-Inhibitoren an, da dieses Stadium durch einen erhöhten zellulären turnover bei (relativer) klinischer Stabilität, sowie durch eine verkürzte Telomerlänge bei erhöhter Telomeraseaktivität charakterisiert ist. Die hier untersuchten CML-Linien zeigten eine signifikante Verkürzung der Telomere, welche sich allerdings bei Erreichen einer scheinbar linienspezifischen Telomerlänge, im Sinne eines Plateaus, stabilisierte. Aufgrund möglicher Resistenzentwicklungen könnte der ALT-Weg (Alternative Lengthening of Telomeres) eine Erklärung dafür bieten.
Abstract:
Telomeres are complexes of a number of non-coding TTAGGG repeats and various telomere-binding proteins located at the ends of chromosomes. Telomere repeats protect the chromosomal ends against enzymatic degradation, aberrant recombination and end-to-end fusions. As a result of the endreplication problem, during each cell devision of normal somatic cells in vitro and with aging in vivo, the number of telomere repeats decreases, leading to genetic instability and cellular senescence. Therefore telomere length provides indirect information about the mitotic history of these cells. In germ line cells and the majority of human cancers studied, the telomere length is stable and maintained by, amongst other factors, the enzyme telomerase, which is able to synthesize terminal TTAGGG telomeric repeats and thus to counteract replicative telomere shortening.
In contrast, due to an only marginal expression of telomerase, hematopoietic progenitor cells seems to be incapable of counteracting replication dependent telomere attrition completely, which is reflected in telomere length shortening of peripheral blood granulocytes with age.
Myeloid leukemias are malignant disorders which result from a leukemic transformation of a pluripotent hematopoietic stem cell. Progressive telomere shortening could be linked to genetic instability of hematopoietic cells and as a consequence to disease evolution as well as disease stage of myeloid leukemias.
In Chronic Myeloid Leukemia (CML), we aimed to investigate the role of telomere biology for prognosis and clinical progression under treatment with the selective tyrosine kinase inhibitor imatinib. Telomere length has been shown to decrease with evolution and therefore with duration of the disease. However, a significant increase in average telomere length of peripheral granulocytes depending on response to treatment with imatinib was observed. In vitro studies argue against a direct effect of imatinib on telomerase activity leading to telomere elongation of CML cells. The telomere elongation under treatment with imatinib seems to reflect a steadily increasing fraction of Philadelphia-negative cells (with normal or only slightly reduced telomere length) contributing to response of treatment.
Acute Myeloid Leukemia (AML) represents another malignant disorder of hematopoietic stem cells. We tested the hypothesis that telomere shortening and karyotypic instability are linked in AML. The present study could show pronounced and highly significant age-adjusted telomere shortening in patients with AML in a large and homogeneous cohort of patients and samples. Progressive telomere shortening as well as expression of the catalytic subunit of telomerase (hTERT) was found to be correlated with chromosomal abnormalities. These findings suggest an important role of telomere biology in the development of genetic instability particularly with regard to multiple, secondary aberrations.
Furthermore, the impact of pharmacological telomerase inhibition on telomere biology of myeloid leukemia’s was investigated. Characterized by an increased cellular turnover, telomere shortening and increased telomerase activity, the clinically relative stable chronic phase of CML represents a model disorder to determine the clinical efficacy of telomerase inhibitors. The CML cells examined here showed significant telomere shortening, stabilized by reaching an apparently line-specific plateau. Development of resistance due to the ALT-pathway (Alternative Lengthening of Telomeres) could be one possibility of explaining the respective plateaus.