Inhaltszusammenfassung:
Für den Aufbau eines Reviers sind Tiere meist auf ein Ortsgedächtnis angewiesen. Ein einzelnes räumliches Ziel ist dabei nicht definiert, stattdessen müssen die Tiere innerhalb ihres Reviers zwischen vielen Orten navigieren können. Merkmale einzelner Orte müssen wahrgenommen und erinnert werden und die Orte miteinander in Beziehung gesetzt werden.
Mit Hilfe einer Computersimulation können spezifische kognitive Fähigkeiten kontrolliert und manipuliert werden, ohne die anderen Merkmale eines Individuums zu verändern. Dies ist bei Experimenten mit Tieren nur schwierig zu erreichen. Die Modellierung der räumlichen Informationsverarbeitung ermöglichte mir die Untersuchung der kognitiven Ökologie des Revierverhaltens.
Ein Ortsgedächtnis setzt voraus, dass sich das Individuum im Raum lokalisieren kann. Eine häufig anzutreffende Methode zur Bestimmung der eigenen Position im Raum ist die Wegintegration. Sie beruht auf der Messung der Eigenbewegung und findet sich sowohl bei Tieren als auch bei Robotern. Jedoch akkumulieren bei dieser Messung Fehler über die Zeit, solange keine externe Rekalibrierung erfolgt. Als eine Möglichkeit zur allozentrischen Orientierungsmessung führe ich in meiner Arbeit daher einen Polarisationskompass ein, den ich für einen Miniaturroboter (Khepera) entwickelt habe. Die Verwendung des Kompasssystems erlaubte eine signifikante Verringerung des Fehlers der Wegintegration. Dabei ist der Polarisationskompass von geringem Gewicht und beansprucht wenig Energie, beides essentielle Eigenschaften von Sinnessystemen bei Miniaturrobotern und Tieren.
Da die Beziehung vieler Orte repräsentiert werden muss, erfordert Revierverhalten ein räumliches Gedächtnis in Form einer Karte. Die Navigation anhand einfacher Regeln, die von einem Ort zum nächsten führen, reichen dabei nicht aus. In meiner Simulation habe ich daher zwei alternative “Karten” als räumliche Repräsentationen, Graph und Gitter, implementiert und mit einem Modell des Revieraufbaus kombiniert. Die exklusive Nutzung des Raums, d.h. die Etablierung von Revieren, wird durch die Vermeidung der Individuen untereinander erreicht. Die Graph-Struktur erfordert dabei eine geringere Gedächtniskapazität als das Gitter. Graphen wurden ursprünglich in der Robotik für die Lösung von Aufgaben der Wegfindung eingeführt. Beide Repräsentationen, Graph und Gitter, eignen sich als kognitiven Hintergrund des Revieraufbaus.
In der Simulation habe ich die Einflüsse der Informationsverarbeitung sowie
externer Faktoren auf die Raumnutzung untersucht. Höhere Lernraten und erhöhter Gedächtnisabruf führten zu ausgeprägterer Ortstreue. Areale, die von mehr als einem Individuum besucht wurden, verringerten sich. Zunehmende Fähigkeiten der Informationsverarbeitung resultierten also in stabilerer Raumnutzung und erlaubten eine effizientere Vermeidung der Konkonkurrenten. Zudem legten die Individuen geringere Distanzen zurück um exklusive Areale zu beanspruchen.
Wachsender Konkurrenzdruck führte zur Vergrößerung der individuellen Areale, während die Größe der Reviere stabil blieb. Sobald sich jedoch die Konkurrenten nicht mehr ausweichen konnten, wurden auch keine Reviere mehr gebildet. Solch konditionales Revierverhalten wurde auch bei Tieren beschrieben. Die Strukturierung des Habitats beeinflusst das Verhalten ebenfalls. Falls Hindernisse vorhanden waren, bildeten sich die Reviergrenzen bevorzugt dort aus.
Die Ergebnisse zeigen auf, welch wichtige Rolle kognitive Fähigkeiten für das
Verständnis von Verhalten spielen. Die Informationsmenge, die für eine Entscheidung zur Verfügung steht, ist ausschlaggebend. Relativ sparsame Verarbeitungsprozesse, wie beispielsweise die Graph-Struktur im Vergleich zum Gitter, können für die Steuerung von Verhalten effizient sein, wenn dadurch neuronale Komplexität eingespart werden kann.
Abstract:
Territoriality represents an instance of a behaviour that is based on the ability of spatial learning. Thereby, no simple spatial goal can be defined, but territorial animals have to navigate between multiple places within their territory. They have to assess and learn characteristics of places, and have to memorise the relations between the places. In a simulation, specific cognitive abilities can be controlled and manipulated independent from the other traits of an individual, a condition not easily achievable in animal experiments. I explicitely modelled spatial information processing abilities in order to approach the cognitive ecology of territorial behaviour.
A common means of self-localisation in animals and robots is the measurement of egomotion, i.e. path integration. However, path integration is prone to accumulating errors if no external cues are available for recalibration. I introduced a polarisation compass for a miniature robot (Khepera) as an allocentric orientation measurement. The compass brought a significant reduction of the path integration error while claiming low energy supply and weight, properties that are essential in both miniature robots and animals.
The self-localisation in the environment provides the basis for the formation of an internal representation of the environment. Presumably, territoriality requires a map-like representation since the relation between many places does not allow the navigation by simple rules connecting defined starting and goal positions. Two alternatives of such a spatial memory, a graph and a grid structure, are combined with a model of territory establishment. Thereby, exclusive space use is achieved by the avoidance of competitors. The graph representation requires a lower memory capacity than the grid, and it was originally proposed as a solution for way-finding tasks. Nevertheless, both memory structures are equally suitable for territoriality, suggesting a graph as a favourable representation.
In simulation, I investigated the influences of information processing abilities and of external factors on space use. Higher learning rates as well as increased amounts of memory retrieval resulted in more confined space use. The area used by more than one individual declined. Thus, higher information processing abilities led to an increasing stability of space use whereby competitors were avoided more efficiently. The individuals achieved exclusive ranges by decreased travelling distances.
On the other hand, a growing number of individuals competing for the same area led to an enlargement of the individual ranges whereby the territory sizes initially remained stable. However, if the population density did not allow the avoidance of competitors, the ranges used exclusively collapsed. This compares to conditional territoriality as found in animals. As an additional external factor, I investigated the effects of the structuring of the physical environment. If obstacles were present, the territory boundaries tended to line up with these obstacles.
The results emphasise the role of cognitive abilities in the understanding of animal behaviour. The amount of information available for decision making is crucial. The usage of simple rules might be more efficient than high problemsolving abilities since the computational complexity can be saved.