Inhaltszusammenfassung:
Es wurde in jeweils zwei Experimenten und Fallstudien untersucht, inwiefern der Aufgabentyp und das Vorhandensein eines nonverbalen Signalrepertoires Auswirkungen haben auf den Prozess und die Ergebnisse von Aufgabenbearbeitungen sowie das Erleben der kollaborativen virtuellen Umgebung und der interpersonalen Interaktion. In Experiment 1 kooperierten jeweils 3 Personen pro Gruppe und in Experiment 2 sowie den beiden Fallstudien jeweils 6 Personen. Sie bearbeiteten einerseits eine Kriminalaufgabe, die in Anlehnung an das Task Circumplex von McGrath (1984) in die Phasen Informationssammlung und Auswahl einer Lösungsalternative eingeteilt wurde. Andererseits sollten sie mehrere Multiple-Choice-Aufgaben lösen, bei denen ebenfalls der Prozess des Auswählens einer Lösungsalternative im Vordergrund stand, die Aufgaben jedoch im Gegensatz zur Kriminalaufgabe eine niedrigere Aufgabenkomplexität aufwiesen.
Die desktop-basierten kollaborativen virtuellen Umgebungen, die in der Studienreihe eingesetzt wurden, stellten einen graphisch repräsentierten dreidimensionalen Raum dar, in dem Gruppenmitglieder, repräsentiert als Avatare, Sitzungen abhalten können. Die Kommunikation erfolgte über Audioverbindung und Textchat. In den Experimenten wurde variiert, ob den Gruppen zusätzlich ein nonverbales Repertoire zur Verfügung stand. Das Repertoire beinhaltete Signale zum Ausdrücken von Zustimmung, Ablehnung, Wortmeldung, Beifall und Verwirrung sowie Pfeile als Referenzierungshilfe und ein Mikrofon zur Visualisierung von Rederechten.
Bezogen auf den Kommunikationsprozess wurde überprüft, ob die Nutzungshäufigkeit der Kommunikationskanäle von dem postulierten Aufwand abhängt, der bei der Verwendung der einzelnen Kanäle entsteht. Es wurde angenommen, dass Interaktionspartner mit möglichst wenig Aufwand größtmögliche Effekte innerhalb der Kommunikation erzielen wollen und sich deshalb vorrangig der Kommunikationskanäle bedienen, die den Aufgabenanforderungen entsprechen und am wenigsten Kosten verursachen. Wie erwartet, wurde der Audiokanal in den Bedingungen mit und ohne nonverbalem Repertoire am häufigsten eingesetzt. In der Bedingung, in der nonverbale Signale zur Verfügung standen, wurden diese häufiger als der Textkanal genutzt. Dieser in beiden Experimenten nachgewiesene Befund stützt die Annahme, dass nonverbale Signale unaufwändiger produziert und rezipiert werden können als Textbeiträge und weniger mit verbalen Beiträgen interferieren, weil die Nutzung eher beiläufig auf der Basis bildlicher Verarbeitung erfolgt (Mayer, 2001).
Nach Straus und McGrath (1994) erfordert das Auswählen einer Lösungsalternative eine höhere Abstimmung der Gruppenmitglieder untereinander als das Sammeln von Informationen. Die kumulierte Beitragsdichte der unterschiedlichen Kommunikationskanäle sowie die Nutzung der nonverbalen Signale in der Bedingung mit Repertoire war bei den Aufgabentypen Auswahl einer Lösungsalternative bei hoher bzw. niedriger Aufgabenkomplexität höher als bei dem Aufgabentyp Informationssammlung. Dies entsprach den Annahmen, die auf der Basis des Task Circumplex (McGrath, 1984) und des Task-Media-Fit Approach (McGrath & Hollingshead, 1993) formuliert wurden und durch Straus (1999) bereits für textbasierte computervermittelte Kommunikation empirisch bestätigt wurden. Ergänzend zur objektiv erfassten Beitragsdichte bildeten auch die subjektiven Variablen der Zufriedenheit mit dem Kommunikationsprozess und der Bewertung der Verfügbarkeit des nonverbalen Repertoires hypothesenkonforme Unterschiede ab, die vor demselben theoretischen Hintergrund postuliert wurden. In der Experimentalreihe konnten keine Unterschiede in der Unterbrechungshäufigkeit und den Performanzmaßen Lösungsgüte und Bearbeitungszeit in Abhängigkeit vom Vorhandensein des nonverbalen Repertoires nachgewiesen werden.
Auf der Basis der Experimentalergebnisse wurde die Umgebung, die in den beiden Fallstudien verwendet wurde, optimiert. Außerdem kannten sich die Gruppenmitglieder der Fallstudien, hatten bereits an virtuellen Sitzungen in der Umgebung teilgenommen und die Aufgabenbearbeitung wurde moderiert.
Im Vergleich zu den ebenfalls auf 6-Personen Gruppen basierenden Ergebnissen von Experiment 2 fiel vor allem auf, dass in den Fallstudien die nonverbalen Signale mit sieben Signalen pro Gruppe und Minute fast doppelt so oft genutzt wurden. Insbesondere bei der Äußerung von Zustimmung und Ablehnung wurde der Vorteil der zeitlich synchronen und Redebeiträge nicht unterbrechenden Signalproduktion erkannt und genutzt, den das nonverbale Repertoire und der Textchat im Vergleich zum Audiokanal bieten. Die subjektiven Bewertungen wiesen darauf hin, dass den Gruppenmitgliedern die Verwendung des Repertoires leichter fiel und es positiver bewertet wurde als durch die Probanden in Experiment 2, was ebenfalls auf die höhere Vertrautheit mit dem Repertoire zurückgeführt wurde.
Abstract:
Some nonverbal signals, like gestures, are not available in computer-supported communication based on audio and textual messages. Therefore computer-supported collaborative working is subjected to restrictions concerning the process of communication. The effects of nonverbal signs and their relevance in collaborative virtual environments are reported. Two experiments and two case studies were performed to investigate the effects of the availability of nonverbal signs on the communication process, performance measures and subjective ratings regarding the virtual environment and the communication. The collaborative virtual environments used in the studies were desktop-based, three-dimensional and provided an audio channel as well as textchat. The users sat around a virtual table and were represented by avatars. It was varied in the experiments if an additional nonverbal channel with gestures (e.g. hand raising, nodding) was available. Furthermore, different task types were used in the experiments and case studies in order to investigate how task types influence the usage of the available communication channels.