Inhaltszusammenfassung:
Alltagskultur fiel lange Zeit durch das Sieb der wissenschaftlichen Disziplinen:
Für die etablierten Kulturwissenschaften war sie zu banal, für die Volkskunde war sie nicht urtümlich genug, und sie paßte auch nicht in das Tableau pittoresker Artefakte, zu dem die Volkskundler die Volkskultur gerinnen ließen. Die Soziologie schließlich gewann nach Simmel nie mehr die konkrete Lebensnähe zurück, konzentrierte sich vielmehr überwiegend auf Institutionen und von der Alltagswelt abgehobene Sozialsysteme. Seit einigen Jahren aber hat Alltag eine ziemlich beständige Hochkonjunktur in der Wissenschaft. Auf dem Umweg über die Anregungen amerikanischer und französischer Anthropologen wurde die lebensweltliche Philosophie (in der Tradition von Edmund Husserl und Alfred Schütz) wiederentdeckt. Die weitaus meisten Arbeiten, in denen Alltag zum Thema gemacht wird, versuchen sich denn auch an sehr prinzipiellen Entwürfen zum Verständnis von Alltagswelt und Alltagsbefindlichkeit; sie zielen auf Alltag als eine generelle Bedingungsstruktur gelebten Lebens, als universales Gerüst menschlicher Kommunikation.