Inhaltszusammenfassung:
Diese Betrachtung gehört einer hierzulande eher verpönten Gattung an. Schon der Versuch, sie bezeichnen zu wollen, gerät eher ins Komische; Namen wie "Geoliteratur" oder "Literaturgeographie" tauchen auch in differenzierteren Angeboten der Literaturwissenschaft nicht auf. Dabei ist das Genre in einigen anderen Ländern wohletabliert, nicht einmal nur im Sinne einer Sondersparte lokaler Denkmalpflege, sondern als übergreifende wissenschaftliche Fragestellung nach dem lebendigen Bezug zwischen dem Lebensraum eines Poeten und seinem Werk. Indem wir "Lebensraum" sagen und dabei - hoffentlich - stutzig werden, wird freilich auch deutlich, warum die Gattung verpönt sein muß, warum erst in allerjüngster Zeit wieder beachtlichere Anthologien unter landschaftlichem Blickpunkt erscheinen konnten, und warum die - an sich höchst relevante - Frage nach dem Heimatbegriff und dem Heimatbewußtsein der Avantgarde nur sehr zögernd gestellt wird: diese Frage nach den landschaftlichen "Prägekräften" gravitiert noch immer sehr stark zum Mythos von Blut und Boden, oder, falls dies zu viel behauptet ist, sie ist zumindest schwer aus mehr oder weniger irrationalen Bereichen in die Perspektive nüchterner Betrachtung zu rücken.