Inhaltszusammenfassung:
Bald nach dem zweiten Weltkrieg gab es eine — teilweise von den Militärregierungen gesteuerte — Kampagne gegen die „Grimmschen Märchengreuel"; auf der Suche einer Erklärung für die Abgründe nationalsozialistischer Inhumanität war man auch auf „die Grausamkeit im Märchen"1 gestoßen. Aber die Irritation ging nicht sehr tief. Bald bildeten die kritischen Äußerungen zum Märchen nur noch die Plattform, von der sich engagierte Märchenfreunde abstießen in die luftigen Höhen unbeschwerter Märchenbegeisterung: Zweitklassige Poeten kehrten sich ab von der äußeren Not und produzierten epigonale, romantisierende Kunstmärchen2; auf den Theatern etablierten sich die operettenhaften Weihnachtsmärchen fester und gewinnbringender denn je; Märchengesellschaften wurden gegründet; und einzelne Märchen„erzählerinnen" präsentierten sich im schummrigen Licht städtischer Konzertsäle einem Honoratiorenpublikum.