Inhaltszusammenfassung:
Ein Überblick über die bisherigen empirischen Forschungen zur berufsorientierten Religionspädagogik lässt erkennen, dass bislang keine differenzierten quantitativen Studien zur differentiellen Einstellungsforschung an berufsbildenden Schulen vorliegen, die empirische Evidenz für systematische Unterschiede hinsichtlich schulart- und schulformspezifischer Einschätzungen des Religionsunterrichts liefern. Dabei machen Experten in der schulischen Praxis im Sinne von Erfahrungsurteilen auf derartige Differenzen aufmerksam. Ziel der vorliegenden Arbeit, die sich als explorative Studie versteht, ist es daher zum einen, Einflüsse verschiedener Berufsschularten (gewerblich, kaufmännisch, hauswirtschaftlich) und Berufsschulformen (berufliches Gymnasium, duales System, Berufsfachschulen und Berufsvorbereitungsjahr) auf die Einschätzung des Religionsunterrichts durch Schülerinnen und Schüler zu erheben. Und zum anderen, Störfaktoren für den Religionsunterricht und Ursachenattributionen aus Schülerperspektive zu analysieren. Damit sind zugleich die drei zentralen Fragestellungen der Arbeit benannt. Hierzu wurden in einer pädagogisch-psychologischen Studie 339 Schüler des Berufsschulzentrums Waiblingens, einer Kreisstadt im Großraum Stuttgart, befragt.
Da bislang keine hinreichend geeigneten Instrumente für dieses Forschungsanliegen vorliegen, musste ein Instrumentarium konstruiert werden, das die Einstellungen der Jugendlichen an beruflichen Schulen zum dortigen Religionsunterricht erhebt. Der Fragebogen wurde nach folgenden Schritten entwickelt: Konzeptentwicklung und Itemsammlung, Skalenkonstruktion und abschließende Skalenüberprüfung. Die Güte der Skalen, die auf der Basis einer Faktorenanalyse konstruiert wurden, wurde mittels der Berechnung der Faktorenstabilität überprüft und die interne Konsistenz der Skalen mittels Reliabilitätsanalysen über die einzelnen Untergruppen (Geschlecht, Berufsschulart und -form) hinweg auf die Stabilität hin getestet. Die Reliabilitätskennwerte (interne Konsistenz mittels Cronbach-Alpha) der einzelnen Skalen erlauben Gruppenvergleiche zu Forschungszwecken. Es wurden insgesamt 24 Skalen bzw. Subskalen entwickelt und überprüft. Sie lassen sich inhaltlich in mehrere Gruppen aufteilen: (1) Inhalte im Religionsunterricht und Wichtigkeit der Themen, (2) Arten religiösen Lernens und Lernformen, (3) Lebens- und Berufsrelevanz des Faches, (4) Schülerverhalten im Religionsunterricht, (5) Religiosität der Schülerinnen und Schüler, (6) Grunddimensionen des religiösen Lernens, (7) Hindernisfaktoren, (8) Einschätzung des Religionsunterrichts (konkret und allgemein) sowie (9) Einschätzung des Religionslehrers.
Die Befunde zeigen, dass die drei Variablen Berufsschulart, Geschlecht und Schulform signifikante Unterschiede in der Ausprägung einiger Skalen und Subskalen hervorrufen, also Schülerurteile sich je nach Schulform und Schulart signifikant unterscheiden können.
Als ein zentrales Ergebnis kann formuliert werden: Allgemein gesprochen wird der Religionsunterricht im Kontext der berufsbildenden Schule von den Schülern akzeptiert. Bemerkenswert ist jedoch, dass die Religionslehrkräfte bei den Schülern erheblich größere Zustimmung finden.
Für die Ergebnisse gilt, dass sie für das Berufsschulzentrum repräsentativ sind, jedoch keine globale Repräsentativität beanspruchen. Lehrereffekte lassen sich nicht ausschließen wie auch eine Interaktion der Variablen Berufsschulart und Geschlecht. Diese Effekte lassen sich nur in überregional angelegten Forschungsdesigns kontrollieren.
Abstract:
A survey of empirical quantitative research on religious pedagogy in vocational schools comes to the result that no studies have been carried out so far, which are dedicated to research on pupils' attitudes and show differences in those attitudes caused by the specific kinds of vocational schools. And yet teachers and other experts of vocational school education point to those differences as potential areas of research.
This study wants to explore the effects on pupils' attitudes towards religious education caused by different kinds of vocational schools (technical, domestic, business) and different systems of vocational schools (gymnasium [Fachgymnasium], dual education [duales Ausbildungssystem], training college [Berufsfachschule]). Moreover, pupils' opinions about problems within the area of religious learning and teaching are to be analysed. In order to achieve this, 339 pupils of the vocational school centre at Waiblingen were interviewed.
Since no adequate instruments have been designed so far, a questionnaire had to be developed to research on pupils' attitudes towards religious education at vocational schools. The quality of the scales constructed on the basis of a factor analysis was reviewed by way of factor stability, the inner consistence of those scales by way of the analysis of reliability (Cronbach-alpha) regarding the three subgroups (sex, kind and system of vocational school). The indices of reliability of those scales permit between-group-comparisons for research purposes. All in all, 24 scales respectively subscales were developed and reviewed. According to their content they can be divided into various groups: (1) topics of religious education; (2) ways of religious learning and teaching; (3) importance with regard to life and profession; (4) pupils' discipline during lessons; (5) pupils' religiosity; (6) dimensions of religious learning; (7) problems interfering with religious learning and teaching; (8) attitudes towards religious education; (9) pupils' evaluation of the teacher.
The results suggest that the three independent variables (kind and system of vocational school, sex) cause significant differences in pupils' opinions and attitudes towards religious education. In general, pupils accept religious education at vocational schools. Teachers, however, receive much better evaluations. The results are not overall representative. The influence of individual teachers, for example, cannot be excluded. Possible interactions between the variables sex and kind of vocational school have to be considered, too. These effects can only be controlled in national projects of research.