Inhaltszusammenfassung:
Abschiedsvorlesung am 12. Juli 2005 an der Universität Tübingen
In Aristoteles' bestem Staat ist die Wirtschaft an politischen Vorgaben ausgerichtet, die ihrerseits ethisch determiniert sind. Aristoteles bemüht sich um empirische Absicherung, soweit diese mit seinen ethischen Axiomen konform geht. Bei der Zurückweisung der platonischen Weiber- und Kindergemeinschaft sowie des "aristokratischen" Besitzkommunismus läßt er sich von der empirisch erfahrbaren Kollektivgutproblematik leiten. Seine "naturrechtliche" Begründung der Sklaverei orientiert sich hingegen nicht an seinem Axiom der Eigenliebe, sondern an seiner ethischen Vorgabe eines "gelungenen" Lebens des athenischen Bürgers. In seiner berühmten Ableitung des Zinsverbots dominiert der Ethiker über den Denker Aristoteles. Die Analyse der aristotelischen Konzeption zeigt schließlich, daß Aristoteles' Ethik unethisch wird, wenn sie die Wirklichkeit ausschaltet, wie auch die heutige Sozialpolitik unsozial wird, wenn sie gegen ökonomische Gesetzmäßigkeiten gerichtet ist. Doch wird nicht der gesamte Aristoteles in den Orcus verbannt; es wird dafür plädiert, bei ordnungspolitischen Entwürfen nicht wie bisher auf den Ethiker, sondern auf den Empiriker Aristoteles zu setzen.