Inhaltszusammenfassung:
Im Anschluss an Diagnose und Behandlung treten bei den meisten an Brustkrebs erkrankten Frauen eine Vielzahl psychischer und sozialer Probleme sowie physische Beeinträchtigungen auf.
„Sport nach Krebs“ stellt ein ambulantes, wohnortnahes Nachsorgekonzept in der Rehabilitation dar, das speziell für brustkrebsoperierte Frauen von den Landessportverbänden angeboten wird. Neben der Verbesserung funktioneller behandlungsbedingter Beeinträchtigungen sollen die positiven Wirkungen von Bewegung, Spiel und Sport die Lebensqualität der Teilnehmerinnen erhöhen.
Die vorliegende Arbeit geht der Frage nach, inwieweit sich die sportlichen Aktivitäten in einer Gruppe Gleichbetroffener in physischer, psychischer und sozialer Hinsicht auf den Prozess der Krankheitsbewältigung auswirken. Die Erkenntnisgewinnung erfolgte mittels qualitativer und quantitativer Methoden zum einen anhand teilnehmender Beobachtung und Interviews mit Frauen einer Tübinger Krebssportgruppe und zum anderen durch eine Fragebogenuntersuchung an 264 Teilnehmerinnen verschiedener Krebssportgruppen aus Baden-Württemberg.
Dabei zeigte sich, dass im /beim Krebssport unterschiedliche Bewältigungsformen angesprochen werden, die sich übereinstimmend mit Erkenntnissen der psychoonkologischen Copingforschung im Anpassungsprozess an die Erkrankung als effektiv erwiesen haben.
Als aktives und selbstbestimmtes Verhalten zeichnet sich die Teilnahme am Krebssport durch einen ereignisdistanzierten Umgang mit der Krankheit aus, da Abwechslung und Ablenkung beim Sporttreiben gesucht werden. Darüber hinaus bietet der soziale Kontext einer Gruppe Gleichbetroffener die Möglichkeit der sozialen Einbindung und unterstützt den Austausch und Vergleich mit anderen Erkrankten. Die Ausprägung der einzelnen Bewältigungsformen war vom Lebensalter oder Familienstand abhängig sowie von behandlungsspezifischen Faktoren. Die soziale Einbindung bevorzugten überwiegend alleinstehende Frauen und der Erfahrungsaustausch wurde signifikant häufiger von jenen Frauen bevorzugt, die zusätzlich zur Operation eine Chemo- oder Strahlentherapie erhalten hatten. Bedrohungsabwehrendes Verhalten wurde vor allem in der frühen Krankheitsphase sowie von älteren Frauen favorisiert.
Alle Untersuchungsteilnehmerinnen schätzten die gesundheitlichen Wirkungen des Sporttreibens und verbanden mit ihrer Sportteilnahme am häufigsten die Erwartung, ihre erkrankungsbedingten physischen Beeinträchtigungen reduzieren zu können. Die durch den Sport erzielte Verbesserung der Armbeweglichkeit, der Belastbarkeit und der Fatigue wirken sich positiv und stabilisierend auf die Psyche aus, da die Anforderungen des Alltags besser bewältigt werden können. Als weitere personale Ressource wird das Gefühl der Selbstwirksamkeit verstärkt, da sich der Sport als Möglichkeit erweist, die eigene physische Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden positiv zu beeinflussen und selbst einen aktiven Beitrag zum Genesungsprozess zu leisten. Daraus erklärt sich die Abhängigkeit der von den Probandinnen der Fragebogenuntersuchung subjektiv eingeschätzten Bewältigungskompetenz von der Dauer der Teilnahme an der Krebssportgruppe. Frauen, die seit über zwei Jahren an der Krebssportgruppe teilgenommen haben, waren signifikant häufiger davon überzeugt, viel besser oder besser als andere Betroffene mit ihrer Erkrankung umgehen zu können.
Der positive Einfluss auf die personalen Ressourcen ist im Wesentlichen durch die Strukturmerkmale der Sportsondergruppe bedingt, wobei das auf die Erkrankung abgestimmte Sportprogramm und die fachkompetente Anleitung den Frauen auch nach jahrelanger Teilnahme besonders bedeutsam erscheinen.
Als zielgruppenorientiertes Übungsprogramm mit den Schwerpunkten Bewegung, Spiel und Sport verwirklicht das Angebot „Sport nach Krebs“ einen ganzheitlich orientierten Ansatz in der Krebsnachsorge, da physische, psychische und soziale Dimensionen der Gesundheit gleichermaßen gefördert und verbessert werden. Die Teilnahme am Angebot „Sport nach Krebs“ kann als effektives Krankheitsbewältigungsverhalten gewertet werden, weil sie jeder brustkrebserkrankten Frau die Hilfe anbieten kann, die in der individuellen Situation benötigt wird.
Abstract:
Diagnosis and treatment of breast cancer can have very damaging effects on quality of life. Survivors may suffer from depression, anxiety, low self-esteem and physical problems such as weight gain, fatigue and poor fitness.
Physical exercise after a cancer disease represents an ambulatory rehabilitation sequence especially for women with breast cancer. It is offered by the Landessportbund as a close to the place of residence program. The supervised physical exercise consists of a cardio-vascular training, power and stretching as well as relaxation. The intention is to improve life quality in terms of a better physical and functional status and psychosocial well-being. The present study was designed to examine if and how this kind of physical activity mediates positive changes in psychosocial variables and coping behaviour. Knowledge was obtained by qualitative and quantitative methods concerning on one hand in interviews and observing participation in a group of women with breast cancer which meets regularly for exercising once a week in Tuebingen. In addition the results of a questionnaire which was given to 264 participants in different sports groups for cancer patients in Baden Wuerttemberg were included.
The results of the study pointed out that a regular physical exercise referring to the specific situation of breast cancer patients is able to enhance positive coping skills. Exercise supports an active overt behaviour indicating attentional distraction from the disease. Furthermore the social context of a sports group encourages to exchange experiences with other concerned breast cancer patients and provides mutual social support. Different forms of coping behaviour were determined by age, marital status and medical treatment. Search for affiliation was significantly more often preferred by women living alone, whereas women with additional radiation and chemotherapy after surgery preferred search for information. Threat minimization was favoured by elder women as well as in early disease status.
All participants emphasized the health-related benefit of exercise in reducing physical distress. Furthermore the reduction of fatigue, the improvement of mobility and the facilitation to accomplish the daily tasks have a positive effect on personal resources such as body-self concept, self-efficacy expectancies and self-confidence. The effects on personal resources were also determined by the structural attributes of the exercise program and group. The study showed that women who participated more than two years perceived their ability to cope with the disease significantly better than the others.