Inhaltszusammenfassung:
Durch die Festsetzung von Umweltqualitätsgrenzwerten werden vorgegebene Umweltqualitäts- oder Schutzziele operationalisiert. Im Operationalisierungsprozess (dem Grenzwertsetzungsprozess) sind jedoch Fehlentscheidungen aufgrund von Unsicherheiten in der Bewertung gegebener Verschmutzungssituationen bzw. der Eigenschaften verwendeter Prozeduren der Entscheidungsfindung möglich. Das „zu akzeptierende Umweltrisiko“ wird nicht nur durch die politische Zielformulierung, sondern zugleich durch die Festlegung der Entscheidungsstruktur auf Operationalisierungsebene bestimmt.
Gegenstand dieser Arbeit ist die prozedurale Dimension des Operationalisierungsprozesses der Grenzwertsetzung. Das Konzept der prozeduralen Rationalität wird als Bewertungskriterium verwendet. Anwendungsbeispiel ist der europäische Grundwasserschutz und die Bewertung anthropogener Stoffeinträge in Grundwasser.
Der Grenzwertsetzungsprozess wird als Teil eines Risiko-Management-Prozesses verstanden und umfasst die Delegation der Risikocharakterisierung an naturwissenschaftliche Experten, die Abschätzung naturwissenschaftlich begründeter Grenzwerte durch „die naturwissenschaftliche Instanz“ sowie die Bewertung von Abschätzungsunsicherheiten geprägter naturwissenschaftlicher Informationen durch „die politische Instanz“. Spezifika naturwissenschaftlicher Verfahren (Verteilungsannahmen, Faktoransatz) werden in die Analyse einbezogen, wobei vom Schutz menschlicher Gesundheit und vom Schutz aquatischer Ökosysteme ausgegangen wird. Die Delegationsbeziehung wird in einem bayesianischen Entscheidungsprozess formalisiert und unter dem Gesichtspunkt zusätzlicher Informationsbeschaffung bei gegebenen Vorinformationen über die Regulierungsbedürftigkeit von Stoffen diskutiert.