Inhaltszusammenfassung:
Alljährlich - zumeist zu Weihnachten - vernimmt der deutsche Zeitungsleser
amüsiert, welches Wort bei einer Art "Miß-Wort-Wahl" zum "Wort des Jahres"
gekürt wurde. 1985 war es z.B. "Glykol", dicht gefolgt von "SDI", "Eureka",
"Aids" und anderen.2 Außerdem sei 1985 das "Jahr der Abkürzungen" gewesen. Als Urheber dieser Kür wird zumeist eine "Gesellschaft für deutsche Sprache" genannt. Selbst Sprachwissenschaftler wissen heute kaum noch, daß es sich bei dieser Gesellschaft um einen Verband von Sprachpflegern handelt, der - großenteils vom Bundesinnenministerium finanziert - staatlichen, wirtschaftlichen und privaten Kunden in Sprachfragen Auskunft gibt. Es ist noch gar nicht so lange her, daß diese Gesellschaft Aufsätze wie diesen allein wegen ihres Titels erbarmungslos zerfetzte. Noch weniger wissen, daß die Gesellschaft für deutsche Sprache 1946 als Nachfolgerin des "Deutsehen Sprachvereins" gegründet wurde und von diesem die Zeitschrift "Muttersprache" übernahm, deren hundertjähriges Bestehen sie am 1. April 1986 feierte. Fast völlig unbekannt ist ihnen leider vor allem auch geblieben, daß dieser Sprachpfleger-Verband keineswegs nur ein harmloser oder gar lächerlicher, den Mitmenschen schulmeisterlich am Mundwerk herumfingernder Haufen von Nörglern und Pedanten war, sondern auch als geistiger Vater einiger hochmilitanter Operationen während der beiden Weltkriege angesehen werden muß. Auf die Geschichte des Sprachvereins und seiner Zeitschrift kann ich hier nicht ausführlich eingehen.