Das nationalsozialistische „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ am Beispiel der 1939 an der Psychiatrie Tübingen durchgeführten Sterilisationsgutachten

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Zitierfähiger Link (URI): http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-opus-73981
http://hdl.handle.net/10900/46141
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2014
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Medizin
Gutachter: Foerster, Klaus (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2008-11-04
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Schlagworte: Psychiatrisches Gutachten , Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie , Zwangssterilisation , Nationalsozialismus , Tübingen
Freie Schlagwörter: Psychiatrische Begutachtung , Universitäts-Nervenklinik Tübingen , Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses , Sterilisation
Psychiatric assesment , University Psychiatric Clinic of Tübingen , Law for the Prevention of Hereditarily Diseased Offspring , Sterilization
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Die Umsetzung des "Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" (GzVeN) vom 14. Juli 1933 an der Psychiatrie Tübingen in den Jahren der nationalsozialistischen Diktatur von 1933 bis 1945 ist Thema einer von der Sektion der forensischen Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen veranlassten retrospektiven Studie. Im Rahmen dieser Studie beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit der Anwendung und Durchführung des GzVeN im Jahr 1939 an der Psychiatrie in Tübingen. Die Datenerfassung erfolgte anhand von im Original erhaltenen und im Universitätsarchiv Tübingen aufbewahrten Patientenakten, die ein Sterilisationsgutachten enthielten. Sämtliche Ergebnisse der Auswertung müssen unter dem Vorbehalt betrachtet werden, dass ein gewisser Anteil der Akten verloren ging oder nicht einsehbar war. Von 551 auffindbaren Patientenakten wurden 111 Akten mit Erbgesundheitsgutachten in die Auswertung der Dissertation einbezogen, die in 72 Gutachten männliche und in 39 Gutachten weibliche Personen betrafen. Allgemein ließ sich feststellen, dass zwar mehr Männer als Frauen Erbgesundheitsgutachten erhielten, die Empfehlung zur Sterilisation dagegen bei Frauen häufiger ausgesprochen wurde. Die meisten der Gutachten enthielten die Diagnose „Schizophrenie“, „angeborener Schwachsinn“ oder "erbliche Fallsucht". Entsprechend den Forderungen des GzVeN waren alle der 1939 in Erbgesundheitsfragen begutachteten Personen im fortpflanzungsfähigen Alter zwischen 13 und 48 Jahren und zu 85 Prozent unverheiratet. Weiterhin konnte aufgezeigt werden, dass die Begutachteten zu 90 Prozent den sozialen Unterschichten angehörten, ausschließlich Mitglieder christlicher Kirchen waren und die deutsche Nationalität hatten. Nach Kriegsbeginn im Herbst 1939 ist zudem ein deutlicher Rückgang in der Anzahl der erstellten Gutachten in Erbgesundheitsfragen zu verzeichnen. Die erarbeiteten Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass Patienten an der Psychiatrie Tübingen im Jahr 1939 den Gesetzesvorgaben entsprechend begutachtet wurden. Im Rahmen dieser Vorgaben wurden Sterilisationsempfehlungen jedoch zurückhaltend ausgesprochen. Eine Aussage über die Zahl der tatsächlich durchgeführten Sterilisationen kann aufgrund fehlender Daten an dieser Stelle nicht gemacht werden.

Abstract:

The realization of the „Law for the Prevention of Hereditarily Diseased Offspring” (14th July 1933) at the psychiatry Tübingen between 1933 and 1945, the time of the National Socialistic dictatorship, is being analyzed in a retrospective study by the section of the forensic psychiatry and psychotherapy Tübingen. As a part of this study, the at hand dissertation examines the execution of the „Law for the Prevention of Hereditarily Diseased Offspring” at the psychiatry Tübingen in the year 1939. The data collection was being realized with the original and at the University Tübingen archived patient files including medical opinions regarding sterilization. The results of the dissertation have to be seen under reserve as a certain amount of patient files got lost or was not accessible. There were 551 patient files viewed. 111 files with medical opinions regarding the prevention of hereditarily diseased offspring were considered in the dissertation’s analysis. Out of the 111 medical opinions, 72 were done for male patients and 39 for females. Although more men than women were examined, the respective doctors recommended sterilization for women more often. Most of the medical opinions featured the diagnosis “schizophrenia”, “native dementia” or “inherited falling sickness”. In accordance with the „Law for the Prevention of Hereditarily Diseased Offspring”, all examined patients were in reproductive age and between 13 and 48 years old. 85 percent were unmarried. Furthermore, it could be shown that 90 percent of all patients belonged to the social lower class, were Christian and owned the German nationality. With the start of the Second World War in autumn 1939, a significant decrease of medical opinions regarding sterilization was detected. The acquired results support the conclusion that patients of the psychiatry Tübingen in 1939 were examined in accordance with the legal requirements of the „Law for the Prevention of Hereditarily Diseased Offspring”. Still, sterilizations were recommended in a restrained manner. A solid statement about the amount of realized sterilizations cannot be made due to missing data.

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