Inhaltszusammenfassung:
Die Indikationsstellung zu komplexen interventionellen endoskopischen Untersuchungen sowie zur Propofolsedierung ist bei Patienten, die älter als 90 Jahre sind, umstritten. In die vorliegende retrospektive Kohortenstudie mit Kontrollgruppenvergleich wurden 170 hochaltrige Patienten integriert, die im Erfassungszeitraum von 7,25 Jahren in der Zentralen Endoskopieeinheit (ZEE) der Universität Tübingen untersucht wurden. Ziele der Studie waren die Erfassung von Indikationen und Konsequenzen der Untersuchungen sowie die Auswertung der Komplikationen sowohl der endoskopischen Untersuchung wie auch der Propofolsedierung. Es wurde gezeigt, dass es sich bei den endoskopischen Maßnahmen der Patienten in der 10. Lebensdekade zu einem hohen Anteil um Notfalluntersuchungen an Hochrisikopatienten mit relevanten Komorbiditäten handelte. Das Durchschnittsalter betrug 92 Jahre, überwiegend war das weibliche Geschlecht vertreten. Die diagnostische Ausbeute und Interventionsrate
waren hoch. Im Vergleich zu einer per Zufallsstichprobe gewonnenen Kontrollgruppe von 134 Patienten (Durchschnittsalter 61 Jahre, überwiegend männliches Geschlecht) wurden bei den geriatrischen Patienten signifikant häufiger ERCP-Untersuchungen und komplexe interventionelle Maßnahmen durchgeführt.
Bei Gastroskopien wurde eine um ein Drittel längere Untersuchungszeit benötigt. Bei den hochbetagten Patienten kam es während und nach den endoskopischen Prozeduren signifikant zu größeren Schwankungen des systolischen Blutdruckes und sie verbrachten eine längere Zeit im Aufwachraum. Eine erhöhte Komplikationsrate ließ sich nicht nachweisen und es konnte gezeigt werden, dass bei angepasster Dosisreduktion Propofolsedierung auch bei Endoskopien von Patienten in der 10. Lebensdekade sicher anwendbar ist.