Inhaltszusammenfassung:
Einleitung:
Bis zu 50% der Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn und Colitis ulcerosa) benötigen im Verlauf ihrer Erkrankung eine teilweise dauerhafte immunsuppressive Therapie. Limitationen der etablierten Behandlungsoptionen sind Unverträglichkeitsreaktionen und unzureichendes Ansprechen.
Ziele und Methoden:
Ziel der vorliegenden Arbeit war die Untersuchung potentieller Therapiealternativen bei Versagen der etablierten Therapieoptionen bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED).
Konkret sollten drei Fragestellungen beantwortet werden:
1) Die Verträglichkeit und Effektivität von 6-Mercaptopurin (6-MP) bei Unverträglichkeitsreaktionen gegenüber Azathioprin.
2) Die Effektivität von Infliximab bei Versagen von Tacrolimus und vice versa bei steroidrefraktärem Schub der Colitis ulcerosa/indeterminata.
3) Die Effektivität und Verträglichkeit von Leflunomid als Drittlinien-Therapie bei Versagen von Azathioprin und Methotrexat bei steroidabhängigem Verlauf des Morbus Crohn.
Insgesamt konnten 110 Patienten mit CED aus dem Robert-Bosch-Krankenhaus zur Bearbeitung der genannten Fragestellungen identifiziert werden.
Vierundsiebzig CED-Patienten hatten 6-MP nach Azathioprinunverträglichkeit erhalten. Siebenundzwanzig Patienten mit Colitis ulcerosa/indeterminata waren nach Therapieversagen von Tacrolimus mit Infliximab bzw. vice versa behandelt worden und neun Patienten mit steroidabhängigem Verlauf eines Morbus Crohn hatten nach Unverträglichkeit gegenüber Azathioprin und Methotrexat Leflunomid als Drittlinien-Therapie erhalten.
Ergebnisse:
1) 41% der Patienten (30/74) mit Azathioprinunverträglichkeit tolerierten eine Umstellung auf 6-MP ohne ein erneutes Auftreten von Nebenwirkungen. 57% dieser Patienten (17/30) profitierten auch langfristig klinisch (Response/ Remission) vom Wechsel des Präparats. Patienten mit erneuten Nebenwirkungen auch unter 6-MP entwickelten in etwa der Hälfte der Fälle neue oder zusätzliche Unverträglichkeitsreaktionen.
2) 30% (8/27) der Patienten mit Tacrolimus- bzw. Infliximabversagen erreichten eine stabile Remission. Die vier Patienten die ein nur inkomplettes Ansprechen der Colitis ulcerosa erreichten mussten mittelfristig ebenso kolektomiert werden wie 73% (11/15) der Patienten ohne Ansprechen der „Rescue“-Therapie.
3) Nur einer von neun Patienten profitierte klinisch von der Einleitung einer Drittlinien-Therapie mit Leflunomid nach Azathioprin- und Methotrexatversagen. Sechs von neun Patienten entwickelten Nebenwirkungen, die einen Abbruch des Therapieversuchs zur Folge hatten.
Zusammenfassung:
Nach Azathioprinunverträglichkeit stellt 6-MP eine Option bei knapp der Hälfte der CED-Patienten dar.
Bei Patienten mit steroidrefraktärer Colitis ulcerosa und Versagen einer Tacrolimus- bzw. Infliximab-Therapie kann die jeweils andere Substanz (bei sorgfältiger Abwägung der Risiken einer Eskalation der Immunsuppression) bei fast einem Drittel eine langfristige Remission erzeugen.
Leflunomid scheint allenfalls in Einzelfällen von Morbus Crohn bei dem (negativ) selektierten Patientengut mit Therapieversagen auf Azathioprin und Methotrexat eine Option darzustellen.