Inhaltszusammenfassung:
Ziel dieser Studie war es, die Prävalenz und unterschiedlichen Formen von Störungen der weiblichen Sexualfunktion (female sexual dysfunction (FSD)) und die Beziehung zwischen hormonaler Kontrazeption und sexuellen Funktionsstörungen bei deutschen Medizinstudentinnen zu untersuchen. Des Weiteren wurde der Einfluss der in oralen Kontrazeptiva enthaltenen Sexualhormone auf die weibliche Sexualfunktion verglichen.
Mithilfe eines auf dem sog. Female Sexual Function Index (FSFI) basierenden Online-Fragebogens mit zusätzlichen Fragen zu Kontrazeption, sexueller Aktivität sowie weiteren möglichen Einflussfaktoren auf die Sexualfunktion wurden Studentinnen an sechs medizinischen Fakultäten in Deutschland befragt. Die so erhaltenen Daten wurden mithilfe programmierter Algorithmen auf Unstimmigkeiten geprüft. Für alle relevanten Subscores wurden FSFI-Scores berechnet und die Anzahl der Frauen mit einem Risiko für Sexualstörungen bestimmt. Die Auswirkungen verschiedener Kontrazeptionsmethoden auf die Sexualfunktion wie auch unterschiedliche orale hormonale Kontrazeptiva (unterteilt nach Präparaten, die Gestagene mit androgener oder antiandrogener Wirkung enthielten, und nach dem Gehalt an Ethinylestradiol (EE; 20 µg, 30 µg und >30 µg)) wurden miteinander sowie gegen Kontrollgruppen verglichen.
Ausgefüllt wurden 1.219 Fragebögen, von denen nach Überprüfung der Daten 1.086 in die Auswertung einbezogen wurden. Der durchschnittliche FSFI-Gesamtscore betrug 28,6 ± 4,5. Von den teilnehmenden Frauen hatten 32,4 % gemäß FSFI-Definitionen ein FSD-Risiko. Aufgrund der entsprechenden Domain-Scores bestanden FSD-Risiken in den Bereichen Orgasmus (bei 8,7 % der Frauen), Libido (bei 5,8 %), Befriedigung (bei 2,6 %), Lubrikation (bei 1,2 %), Schmerzen (bei 1,1 %) und sexuelle Erregung (bei 1,0 %). Signifikante Auswirkungen auf den FSFI-Gesamtscore hatten als Faktoren die Verhütungsmethode und das Rauchen, wobei die hormonale Kontrazeption mit einem niedrigeren FSFI-Gesamtscore und geringeren Libido- und Erregungsscores assoziiert war als die Nicht-Verhütung und die ausschließlich nichthormonale Kontrazeption. Weitere Variablen wie Stressbelastung, Schwangerschaft, Rauchen, Beziehung und Kinderwunsch hatten, wie aufgrund früherer Studien zu erwarten war, ebenfalls einen bedeutenden Einfluss auf die Sexualfunktion. Keine statistisch signifikanten Unterschiede in den FSFI-Scores zeigten sich zwischen Frauen, die orale hormonale Kontrazeptiva mit androgen oder antiandrogen wirkenden Gestagenen einnahmen, und auch nicht zwischen den unterschiedlichen EE-Dosierungen.
Insgesamt war die Häufigkeit von Studentinnen mit hohem FSD-Risiko im Einklang mit der Literatur, wenngleich sich bei den Domain-Subscores Unterschiede im Vergleich zu früher beschriebenen Kollektiven zeigten. Frauen, die eine – insbesondere hormonale – Kontrazeption betrieben, hatten niedrigere Scorewerte für die Sexualfunktion. Der Gehalt an Gestagenen mit androgener oder antiandrogener Wirkung bzw. Unterschiede in der EE-Dosierung erschienen als Einflussfaktoren hinsichtlich der weiblichen Sexualfunktion jedoch vernachlässigbar. Unter anderen zeigten die Variablen Stress, Beziehung und Rauchen eine Assoziation mit der Sexualfunktion und könnten somit zu einem besseren Verständnis der Ätiologie weiblicher Sexualfunktionsstörungen beitragen.
Abstract:
This study’s objective was to investigate the prevalence and types of female sexual dysfunction (FSD) and the relationship between hormonal contraception and FSD in female German medical students. Moreover, the influence of sex hormones in oral contraceptives on female sexual function was compared.
An online questionnaire based on the Female Sexual Function Index (FSFI) with additional questions on contraception, sexual activity and other factors that may influence sexual function was completed by students from six medical schools. Obtained data was screened for inconsistencies by programmed algorithms. FSFI scores for all relevant subscores were calculated and numbers of women at risk for sexual dysfunction compared determined. The effects of different contraceptive methods on sexual function as well as different types of oral hormonal contraceptives (classified into those containing androgenic or antiandrogenic progestins and by ethinylestradiol (EE) dosage (20 µg, 30 µg and >30 µg) were compared against each other and against control groups.
1,219 completed questionnaires were received and 1,086 included in the analyses after screening. The mean total FSFI score was 28.6 +/- 4.5. 32.4% of women were at risk for FSD according to FSFI definitions. Based on domain scores, 8.7% for were at risk for FSD concerning orgasm, 5.8% for desire, 2.6% for satisfaction, 1.2% for lubrication, 1.1% for pain and 1.0% for arousal. The method of contraception and smoking were factors with significant effect on the total FSFI score whereby hormonal contraception was associated with lower total FSFI scores and lower desire and arousal scores than no contraception and non-hormonal contraception only. Other variables such as stress, pregnancy, smoking, relationship and wish for children had an important impact on sexual function as expected according to earlier studies. No statistically significant differences in FSFI scores were found between women using OHCs containing androgenic or antiandrogenic progestins, nor were any seen between different EE dosages.
In conclusion, the prevalence of students at high risk for FSD was consistent with the literature although domain subscores differed from samples previously described. Women using contraception, especially hormonal contraception, had lower sexual functioning scores. However, the impact of an androgenic or antiandrogenic progestin content or different dosages of EE as modulating factors of female sexual function seemed negligible. Stress, relationship and smoking among other variables were found to be associated with sexual function and may thus provide insight into the aetiology of sexual disorders.