Inhaltszusammenfassung:
Betalaktam Antibiotika, Glykopeptide und das neue Oxazolidinon Linezolid werden zur Therapie schwerer Infektionen eingesetzt und weisen ein zeitabhängiges pharmakodynamisches Wirkprofil auf. Eine optimale antibakterielle Wirkung von Betalaktamen wird erzielt, wenn die Wirkspiegel möglichst lange oberhalb der minimalen Hemmkonzentration (MHK) der Erreger liegen. Dieses zeitabhängige pharmakodynamische Wirkprofil trifft höchstwahrscheinlich auch für Glykopeptide und das Oxazolidinon Linezolid zu. Kritisch kranke Patienten weisen jedoch eine Reihe von pathophysiologischen Besonderheiten auf, die zu einer veränderten Pharmakokinetik der verabreichten Medikamente führen. Das ausreichend lange Überschreiten der MHK der Infektionserreger unter standardisierter Dosierung ist in dieser Patienten-Gruppe nicht mehr gewährleistet. Aufgrund experimenteller und zunehmend auch klinischer Daten wird daher für Antibiotika mit zeitabhängigem pharmakodynamischem Profil die kontinuierliche Infusion favorisiert. Gerade bei diesen schwer kranken Patienten sollen durch die kontinuierliche Infusion zuverlässig hohe Antibiotika-Wirkspiegel über der MHK erreicht und somit bessere Therapieerfolge erzielt werden.
Ziel dieser Studie ist es, bei kritisch kranken Patienten Steady-state-Wirkspiegel von kontinuierlich verabreichten Antibiotika (Piperacillin/Tazobactam, Vancomycin, Meropenem und Linezolid) im Plasma und in der Alveolarepithel-Flüssigkeit (ELF) zu messen. Aus diesen Werten wird die Penetration der verabreichten Antibiotika in die ELF abgeleitet und die im steady state ermittelten Plasma- und ELF-Spiegel werden der MHK häufig zugrunde liegender Erreger gegenübergestellt.
Bei der vorliegenden Studie handelt es sich um eine kontrollierte, offene, prospektive, monozentrische Phase IV Studie. 30 kritisch kranke Patienten mit einem Altersdurchschnitt von 63,3 ± 17,0 Jahren wurden eingeschlossen. 16 Patienten wurden der Piperacillin-Tazobactam-, 12 der Vancomycin-, 5 der Meropenem- und 2 der Linezolid-Gruppe zugeordnet. Aufgrund in der klinischen Praxis angewandter Antibiotika-Kombinationen, wurden insgesamt 5 Patienten in jeweils 2 Prüfgruppen eingeschlossen.
Die durchschnittlichen Plasma-Konzentrationen von Piperacillin (P) und Tazobactam(T) beliefen sich auf 15,4 ± 8,9 µg/mL und 1,3 ± 0.9 µg/mL. In der ELF wurden jeweils 55,7 ± 25,0 µg/mL (P) und 6,0 ± 3,4 µg/mL (T) gemessen. Das Verhältnis von Piperacillin zu Tazobactam im Plasma bzw. der ELF betrug 1:0,085 und 1:0,105 gegenüber 1:0,125 in der gebrauchsfertigen Lösung.
In der Vancomycin- (V), Meropenem- (M) und Linezolid-Gruppe (L) wurden jeweils durchschnittliche Plasma-Konzentrationen von 17,1 ± 5,3 µg/mL (V), 5,9 ± 5,1 µg/mL (M) und 11,0 ± 3,6 µg/mL (L) gemessen. Die ELF-Spiegel beliefen sich jeweils auf 16,2 ± 13,3 µg/mL für Vancomycin, 7,4 ± 6,7 µg/mL für Meropenem und 11,5 ± 11,2 µg/mL für Linezolid.
Die hieraus abgeleitete Penetration in die ELF belief sich auf 370 ± 240% für Piperacillin, 560 ± 580% für Tazobactam, 92 ± 85% für Vancomycin und150 ± 70% für Meropenem.
Die MHK im Plasma für sensible Erreger wurde in der Piperacillin-Tazobactam-Gruppe in 93,3%, in der Vancomycin-Gruppe in 92,8% und in der Meropenem-Gruppe in 83,3% der Fälle überschritten. In der ELF wurde die MHK in der Piperacillin-Tazobactam-Gruppe in 100%, in der Vancomycin-Gruppe in 92,8% und in der Meropenem-Gruppe in 66,6% der Fälle erreicht.
Die MHK resistenter Erreger wurde im Plasma bzw. ELF in der Piperacillin-Tazobactam--Gruppe in 26,6% bzw. 87,5%, in der Vancomycin-Gruppe in 92,8% bzw. 51,7% und in der Meropenem-Gruppe zu jeweils 33,3% der Fälle erreicht.
Aufgrund der geringen Patientenzahl der Linezolid-Gruppe wurden aus diesen Daten keine Werte abgeleitet, sondern nur deskriptiv dargestellt.
Unsere Ergebnisse zeigen bei kritisch kranken Patienten hohe, individuelle, nicht vorhersehbare Schwankungen der Plasma- bzw. ELF-Antibiotikaspiegel. Die Penetration der verschiedenen Prüfpräparate in die ELF ist in allen 4 Studiengruppen unerwartet hoch und scheint für Piperacillin und Vancomycin z.T. mit dem Grad der Lungenschädigung zu korrelieren. Dennoch wird die MHK häufiger zugrunde liegender Erreger bei kritisch kranken Patienten weder im Plasma, noch in der ELF zu 100% erreicht. Daher erscheint uns ein Therapiemonitoring und eine daraus abgeleitete Dosisanpassung bei kritisch kranken Patienten dringend geboten.
Aufgrund der guten Penetration kontinuierlich verabreichter Antibiotika in die ELF und die so vermiedenen hohen Spitzen- und tiefen Talspiegel, ist diese Therapieform der intermittierenden Gabe zumindest als gleichwertig anzusehen. Hierfür spricht auch die niedrige 28-Tage Mortalität unserer Patienten, die sich auf maximal 25% (Vancomycin-Gruppe) beläuft. Es bedarf jedoch weiterer Studien zur kontinuierlichen Antibiotika-Infusion mit einer größeren Anzahl an Probanden, um genauere Aussagen über die Penetration und das klinische Outcome der Patienten zu treffen.
Abstract:
Continuous infusion of time dependent antibiotics is an alternative mode of administration for treatment of severe bacterial infections. Although the penetration of these drugs into the epithelial lining fluid (ELF) under intermittent infusion has been investigated, data available under continuous infusion is spars.
OBJECTIVE: determine the steady state serum and alveolar concentrations of piperacillin/tazobactam (P/T), vancomycin (V), meropenem (M) and linezolid (L) administrated by continuous infusion to critically ill mechanically ventillated patients with pneumonia or other severe infection. Penetration into ELF was determined as well as serum and ELF concentrations were compared to the minimal inhibitory concentrations (MIC) for each of these antibiotics. DESIGN: single center, prospective, controlled study.
PATIENTS: thirty critical ill patients of an intensive care unit have been enrolled (age 63,3 ± 17,0; Apache II score 14,2 ± 5,4). 16 patients have been assigned to piperacillin/tazobactam, 12 to vancomycin, 5 to meropenem and 2 to linezolid. 5 patients have been simultaneously included into two different groups.
SETTING: Patients received antibiotic treatment as judged by the treating physician. All antibiotics were given by continuous infusion at the recommended daily dose preceded by a single shot loading dose.
INTERVENTIONS: a standardized bronchoscopy with bronchoalveolar lavage was performed at steady state. The apparent volume of epithelia lining fluid recovered was determined using urea as endogenous marker. A blood sample was taken at the moment of bronchoscopy to determine urea and serum concentrations of the administrated antibiotic. Measurements were performed using high pressure liquid chromatography coupled with mass spectrometry.
MAIN RESULTS: Mean (± standard deviation) serum concentrations were respectively 15,4 ± 8,9 µg/mL (P/T), 17,6 ± 5,3 µg/mL (V) and 5,9 ± 5,1 µg/mL (M). Concurrent alveolar concentrations were 55,7 ± 25,0 µg/mL (P/T), 11,5 ± 7,2 µg/mL (V) and 7,4 ± 6,7 µg/mL (M). Deduced penetrations into ELF were respectively 370 ± 240 % (P/T), 92 ± 85% (V) and 150 ± 70% (M). Due to lack of data for linezolid, we limited ourselves to an unvalued description of the available measurements. Serum and alveolar linezolid concentrations as well as penetration of this group (n=2) were 6,7 µg/mL, 11,7 µg/mL and 170% (L1) respectively 6,1 µg/mL, 22,6 µg/mL and 370% (L2). MIC for susceptible micro-organism in serum respectively ELF was reached in 93% and 100% (P/T), 92,8% and 92,8% (V), 83,3 % and 66,6% (M). MIC for resistant strains in serum respectively ELF was reached in 26,6% and 87,5% (P/T), 92,8% and 57,1% (V), 33,3% and 33,3% (M).
CONCLUSION: Our study demonstrated that under continuous infusion adequate plasma levels of time dependent antibiotics can be reached with no unexpected fluctuations and MIC for susceptible strains is reached in most of the cases. Although penetration into ELF is higher than demonstrated in other studies, adequate concentrations in serum and at the site of infection cannot be guaranteed, especially for resistant micro-organism. Therefore a therapeutic drug monitoring should be performed in order to adjust the daily dose. Further data are needed to evaluate therapeutic and overall outcome of these continuous infused time dependent antibiotics.