Inhaltszusammenfassung:
Einleitung: Nikotin und Alkohol sind die am weitesten verbreiteten Suchtstoffe und treten sehr häufig als kombinierte Abhängigkeit auf. Dabei findet man für beide Substanzen stärkere Abhängigkeiten als beim isolierten Konsum. Auch die gesundheitlichen Folgen potenzieren sich beim kombinierten Gebrauch. Eine Therapie beider Abhängigkeiten ist demzufolge von immenser Bedeutung.
Fragestellung: In der vorliegenden Studie wurde bei N=90 (von 94) stationär aufgenommenen Patienten untersucht, wie gut eine parallel zu einer Alkoholentwöhnung angebotene Tabakentwöhnungstherapie von den Patienten angenommen wird und wie sich die Tabakabstinenz auf das Outcome nach drei Monaten auswirkt. Ebenso wurden weitere mögliche Prädiktoren für einen Rückfall in die beiden Abhängigkeiten untersucht.
Methoden: Neben dem Rauchstatus und Rauchcharakteristika wurden die Stärke der Alkohol- (AUDIT) und Tabakabhängigkeit (FTND), die Bereitschaft und Motivation zur Abstinenz, Entzugssymptome (QSU), der Grad der Depressivität (BDI) und der Abstinenzverlauf drei Monate nach Ende der stationären Therapie erhoben.
Ergebnisse: Insgesamt waren 77 % der befragten Patienten Raucher. Die angebotene Tabakentwöhnung wurde von 40,6 % der rauchenden Patienten durchgeführt. Die Motivation und Bereitschaft zur Teilnahme liegt hier um das Dreifache höher als in der Gesamtbevölkerung. Als ein ausschlaggebender Faktor konnten dabei die Gewissensbisse der Patienten identifiziert werden. Nach sechs Wochen waren 26 % aller Teilnehmer abstinent. Ohne die vorzeitigen Therapieabbrecher liegt die Erfolgsrate bei fast 37 %. Nach drei Monaten rauchen bei einer im Schnitt um 20 % geringeren Zigarettenzahl alle Teilnehmer wieder, weisen jedoch deutlich geringere Alkoholrückfallraten auf als die übrigen Raucher und Nieraucher. Lediglich die ehemaligen Raucher haben ein besseres Outcome bezüglich des Alkohols. Es konnte gezeigt werden, dass eine erfolgreiche Abstinenzphase in der Anamnese (Alkohol und/oder Tabak) mit einem höheren Erfolg in der aktuellen Therapie beider Abhängigkeiten einhergeht.
Die Raucher sind im Durchschnitt 11 Jahre jünger und mit einer hohen statistischen Signifikanz stärker alkoholabhängig als die Nichtraucher. Ein Drittel der Raucher hat zudem Erfahrungen mit illegalen Drogen. Gesundheitliche Beschwerden sind bei den Rauchern weitaus häufiger zu finden, während der BMI deutlich unter dem der Nichtraucher liegt.
Ein wichtiger Prädiktor für eine erfolgreiche Alkoholentwöhnung ist das Vorliegen einer Depression, wobei sich hier kein Unterschied zwischen Rauchern und Nichtrauchern feststellen ließ. Ein positiver Einfluss des sozialen Umfeldes und der persönlichen Umstände (Familienstand, Berufstätigkeit) konnte nicht nachgewiesen werden. Weitere Prädiktoren finden sich in der subjektiven Therapiezufriedenheit der Patienten, sowie in der Stärke des Rauchverlangens und der Erwartung positiver Wirkungen durch das Rauchen.
Hinsichtlich der Tabakabstinenz zeigte sich bei den Raucherentwöhnungs- teilnehmern ein höherer AUDIT-Summenwert (stärkere Alkoholabhängigkeit) als tendenziell positiver Faktor. Als weiterer Prädiktor wurde die Motivation der Patienten eruiert. Hierbei haben die Vorteile des Nichtrauchens vor den Nachteilen des Rauchens ausnahmslos die höchste Bedeutung. Die Bewertung der Nachteile des Rauchens korreliert dabei mit dem Durchhalten der Therapie bzw. dem vorzeitigen Abbruch. Eine lediglich geringe Erwartung an die positive Verstärkung des Rauchens führt zu höherem Erfolg. Die Zuversicht hinsichtlich der Abstinenz zeigt dagegen keine Übereinstimmung mit dem tatsächlichen Therapieerfolg.
Diskussion: Ein parallel zur Alkoholentwöhnung durchgeführter Rauchstopp erscheint nach den vorliegenden Daten sinnvoll und wichtig. Unmotivierte Patienten sollten in Kurzinterventionen und mit einem Training zur Steigerung der Selbstwirksamkeit in ihren Kompetenzen gestärkt werden, um die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Rauchstopp zu schaffen. Bei allen Interventionen sollte besonders auf die Nachteile des Rauchens eingegangen werden, da deren Bewertung mit dem Erfolg korreliert. Auch in der ambulanten Therapiephase sollte vermehrt auf die Tabakabstinenz eingegangen werden. Ebenso sollte das Überprüfen und frühzeitige Behandeln einer Depression Bestandteil der Nachbetreuung sein, da beide Maßnahmen das Outcome verbessern und einen Rückfall vor- oder frühzeitig verhindern könnten.
Abstract:
Background: Nicotine and alcohol are the most common drugs worldwide and very often there exists a combined addiction to both substances. In the case of a combined addiction one finds a more severe addiction than when only one substance is consumed. Additionally, the health risks are increased when both substances are used. For these reasons, a form of therapy which addresses both types of addiction is very important.
Methods: In this study, 90 patients were evaluated to determine how a smoking cessation programme would be received and what the effects would be after three months. Other possible predictors of a relapse into either addiction were also analyzed. We used standardized questionnaires such as AUDIT, FTND, QSU, BDI as well as questionnaires to determine current smoking status and final outcome after three months.
Results: 77% of patients questioned were smokers and 40.6% of them participated in the smoking cessation programme. Among these subjects the motivation was three times higher than average for the German population. We identified feelings of guilt as the differentiating factor. After six weeks 26% of participants were abstinent. After three months every patient was smoking again, but 20% fewer cigarettes. Impressively, the smoking cessation group showed manifestly lower relapse rates into alcohol addiction than those who continued to smoke and those who had never smoked. Only the group of former smokers had a better outcome. A former successful period of abstinence (from alcohol and/or tobacco) correlates with higher success rates for the therapy to treat both addictions.
Smokers were on average 11 years younger and significantly more addicted to alcohol than non-smokers. One third of the smokers had used illegal drugs at least once. Smokers had many more health problems and a noticeably lower BMI. An important predictor of withdrawal was pre-existing depression, in which respect there was no difference between smokers and non smokers. A positive influence from patients’ social and personal environment could not be found. Additional predictors were patients’ subjective satisfaction with the therapy, intensity of craving and anticipation of benefits achieved through smoking. Another positive factor for successful smoking cessation was a higher AUDIT (i.e. higher alcohol dependence) in the smoking cessation group. Furthermore the level of motivation is important; the benefits of non-smoking are especially relevant. The appreciation of the disadvantages of smoking correlates with preterm therapy dropout. Patients’ confidence in their ability to achieve abstinence shows no correlation with the actual success of the therapy.
Conclusions: A combined and simultaneous smoking cessation and alcohol withdrawal programme seems to be important and reasonable. Unmotivated patients should receive brief interventions and training to improve their self-efficacy in order to obtain the prerequisites for successful smoking cessation. In all intervention the negative effects of smoking in particular should be shown because an appreciation of these correlates with success. During the outpatient therapy period it is important to cater to nicotine abstinence and depression as well because both types of intervention can improve the outcome and may prevent relapse.