Inhaltszusammenfassung:
Die Arbeit präsentiert die bisher umfassendste Übersicht über den Themenbereich der zerebralen Gefäßentzündungen, einer seltenen Gruppe von Krankheitsbildern mit einem weit gefächerten klinischen Spektrum. Beobachtet und analysiert wurden Klinik, Wertigkeit diagnostischer Methoden, Therapieoptionen, Verlauf und Prognose von 79 Patienten mit zerebraler Vaskulitis, die im Zeitraum von 1990 bis 2004 in der Neurologischen Universitätsklinik Tübingen behandelt wurden. Patienten mit primärer ZNS-Vaskulitis (PACNS) und jene mit einer sekundären ZNS-Vaskulitis im Rahmen einer systemischen Erkrankung wurden dabei getrennt analysiert.
Es zeigte sich, dass beide Verlaufsformen sich in ihrer Manifestation kaum unterscheiden und klinisch einzig durch das Auftreten systemischer Befunden wie Arthritiden und Fieber bei sekundärem Befall zu trennen sind.
Die Schwierigkeit diagnostischer Schritte zeigte sich darin, dass, mit Ausnahme der Hirnbiopsie, keine Methode beweisend für eine ZNS- Vaskulitis ist. Die Indikation zur Entnahme einer Biopsie sollte jedoch nur dann erfolgen, wenn ein begründeter Verdacht auf eine zerebrale Vaskulitis vorliegt und andere Differentialdiagnosen so weit nur möglich ausgeschlossen wurden. Eine Erhebung von Laborwerten (Blut- und Liquoruntersuchung) sowie die Durchführung bildgebender Verfahren (insbesondere MRT) erwies sich also trotz deren geringer Spezifität als durchaus sinnvoll.
Im Verlauf kam es bei allen Formen zerebraler Vaskulitiden zu Rezidiven. Ein verkürztes rezidivfreies Intervall zeigte sich bei PACNS-Patienten mit auffälligem Liquorbefund, mit Befall bevorzugt großer Gefäße sowie mit weiblicher Geschlechtszugehörigkeit. Dieses Ergebnis überrascht. Bisher wurde eher von einem prognostischen Vorteil für Frauen und für Patienten mit Befall überwiegend kleiner Gefäße ausgegangen.
Als neuer Aspekt von großem klinisch-therapeutischem Interesse fand sich, dass neben der herkömmlichen Behandlung mit Steroiden allein oder in Kombination mit anderen Immunsuppressiva, die Gabe von Thrombozytenaggregationshemmern einen möglichen einen prognostischen Benefit darstellt.
Die Arbeit und ihre Ergebnisse sollen einen Anstoß für weiter benötigte prospektive klinische Studien geben.
Abstract:
This study presents the most comprehensive review of cerebral vasculitis thus far. Cerebral vasculitis is a rare group of disorders characterized by a broad spectrum of heterogeneous symptoms.
Between 1990 and 2004, a total of 79 patients with cerebral angiitides were treated by the Department of Neurology, University Clinic Tübingen. The data from each patient was collected, investigated and analysed. Patients with primary angiitis of the central nervous system (PACNS) and those with secondary CNS vasculitis, due to other systemic disorders, were analysed seperately.
The clinical presentation of either form varies only in the apperance of systemic features in seconrdary vascultis such as fever or arthritis.
The difficulty in diagnosis is due to the fact that only a cerebral tissue biopsy is able to confirm CNS vasculitis. However, such a biopsy should only be taken, if there is a valid suspicion and when other possibilities have been ruled out by differential diagnoses. Laboratory tests such as the analysis of blood or cerebrospinal fluid as well as neuroimaging methods (especially MRI) have proven to be useful in the diagnostic process.
The follow-up examinations revealed relapses in any type of CNS vasculitis. A shorter relapse time could be found in patients with primary CNS vasculitis in conjunction with pathological cerebrospinal fluid, with affection of large vessels or with a female sex. This result is surprising. Up to now, females and patients with an affection of small vessels had been thought to have a prognostic advantage.
As a new aspect of clinical and therapeutic interest, we could find that, besides common threatment with steroids alone, or in combination with other cytotoxic agents, patients could receive prognositc benefit from thrombocytes aggregation inhibitors.
This study intends to be an impetus for further clinical studies.