Inhaltszusammenfassung:
ATP-empfindliche Kaliumkanäle (KATP-Kanäle) sind Heterooktamere aus vier porenbildenden Untereinheiten (Kir6.1, Kir6.2) und vier Sulfonylharnstoffrezeptoren (SUR1, SUR2A, SUR2B). Während ATP bei Bindung an Kir6 eine Hemmung des Kanals hervorruft, induziert vor allem ADP eine SUR-vermittelte, Mg2+-abhängige Aktivierung. Die Kanalaktivität wird also u.a. über das ATP/ADP-Verhältnis gesteuert, was zu einer Kopplung des Membranpotentials an den metabolischen Zustand der Zelle führt. Dies ist Grundlage für die Rolle der KATP-Kanäle bei z.B. der Insulinsekretion und dem Schutz von Cardiomyocyten und Neuronen bei Hypoxie.
Eines der Ziele dieser Dissertation bestand darin, eine mögliche Beeinflussung der in Gegenwart von MgATP beobachteten Abnahme der Glibenclamid-Bindung an den KATP-Kanal durch die ATPase-Hemmer Orthovanadat (Vi) und Berylliumfluorid (BeFx) zu prüfen. Zwei Kapitel beschäftigten sich mit dem Verhalten des KATP-Kanals bei N-terminaler Manipulation seiner Untereinheiten. So wurde zum einen untersucht, wie sich die Mutation Kir6.2(V59G) auswirkt, zum anderen wie sich die Eigenschaften von SUR2B bei Deletion der Transmembrandomänen TMD0 verändern. Schließlich wurde mit Hilfe eines Hefe-Zweihybrid-Systems für Membranproteine (MY2H) nach Interaktionspartnern von Kir6.1 und somit des vaskulären KATP-Kanals (Kir6.1/SUR2B) gesucht.
Die Bindung eines Inhibitors wie Glibenclamid (GBC) an den SUR stabilisiert den Geschlossenzustand des KATP-Kanals. MgATP hingegen übt (parallel zur Kir-vermittelten Hemmung) über den SUR einen aktivierenden Einfluss aus, begünstigt also eine andere Konformation als GBC, so dass mit zunehmender MgATP-Konzentration eine Reduktion der GBC-Bindung beobachtet wird. Hierfür scheint die Hydrolyse des SUR-gebundenen MgATP zu MgADP und Orthophosphat (Pi) erforderlich zu sein. Es wird vermutet, dass insbesondere der posthydrolytische Zustand nur eine geringe Affinität für GBC aufweist. Dies führte zur Frage, ob eine Beeinflussung des bei Kir6.2/SUR1(Q1178R) besonders starken MgATP-Effekts auf die GBC-Bindung durch die ATPase-Hemmer Orthovanadat (Vi) und Berylliumfluorid (BeFx) möglich ist.
MgATP inhibierte die Bindung von [3H]GBC (1 nM) an Kir6.2/SUR1(Q1178R) mit einer IC50 von 30 µM (- Vi) bzw. 8 µM (+ 1 mM Vi). Stabilisierung einer posthydrolytischen Konformation durch Vi erhöhte also die Potenz von MgATP, änderte jedoch nicht die Amplitude der Hemmkurve, d.h. die bei hohen (> 0.3 mM) MgATP-Konzentrationen verbleibende [3H]GBC-Bindung. Hingegen stabilisiert BeFx die prähydrolytische Konformation der ATPase. Während die IC50, mit der MgATP die Bindung von [3H]GBC hemmte, durch BeFx (1 mM) nur geringfügig verändert wurde, verringerte sich die Amplitude der Hemmkurve, d.h. der maximale MgATP-Effekt auf die [3H]GBC-Bindung war in Gegenwart von BeFx geringer.
Die Ergebnisse untermauern somit die Hypothese, dass der SUR im Lauf eines ATPase-Zyklus Zustände mit unterschiedlicher GBC-Affinität durchläuft.
Valin 59 ist Bestandteil der sog. Gleithelix, für die eine Beteiligung an der Steuerung der Kanalaktivität angenommen wird. Kir6.2(V59G)/SUR1 weist eine hohe Offenwahrscheinlichkeit bei stark reduzierter ATP-Empfindlichkeit auf. Besonders niedrig ist die ATP-Empfindlichkeit in Gegenwart von Mg2+. Dies zeigt, dass die SUR-vermittelte Aktivierung durch Mg-Nukleotide nicht beeinträchtigt ist.
Glibenclamid (1 µM) erwies sich in Abwesenheit von ATP als völlig wirkungslos, verbesserte jedoch bei gleichzeitiger Applikation mit ATP dessen Hemmstärke. Die hohe Aktivität von Kir6.2(V59G)/SUR1 konnte durch Phospholipide nicht noch weiter gesteigert werden. Auch Polykationen wie Neomycin, die die aktivierende Wirkung endogener Phospholipide aufheben und wildtypische KATP-Kanäle daher inhibieren, zeigten an der Mutanten kaum Wirkung.
Zusammen mit analogen Experimenten an KATP-Kanälen mit verkürztem Kir-N-Terminus unterstützen die Messergebnisse die Hypothese, dass inhibitorische Wechselwirkungen zwischen Kir-N-Terminus und SUR sowie eine Kanalhemmung durch Glibenclamid über die Gleithelix auf die Pore übertragen werden. Die SUR-vermittelte Aktivierung durch Mg-Nukleotide wird hingegen nicht über die Gleithelix auf die Pore übertragen.
Für ein besseres Verständnis der SUR-Struktur wurden die Auswirkungen einer Deletion von TMD0 (der ersten der drei Transmembrandomänen) auf die Eigenschaften von SUR2B(Y1206S) erforscht, wobei die YS-Mutation Bindungsstudien mit [3H]GBC ermöglichte.
Die Affinität von Glibenclamid, Repaglinid und dem Öffner P1075 hing nur in relativ geringem Maß von TMD0 ab. Kir6.2 bewirkte eine Verbesserung (Faktor 1.6) der Affinität von SUR2B(YS)deltaTMD0 für Repaglinid, wenn auch in geringerem Maße als bei nicht-verkürztem SUR2B(YS) (Faktor 5.7). Interaktionen zwischen SUR2B(YS)deltaTMD0 und Kir6.2 konnten auch mittels Co-Immunopräzipitation gezeigt werden, ebenso eine Homomultimerisierung von SUR2B(YS)deltaTMD0 in Abwesenheit von Kir6.2. Hingegen ergaben Patch-Clamp-Messungen keinen Hinweis auf funktionelle KATP-Kanäle aus Kir6.2 und SUR2B(YS)deltaTMD0. Dies unterstreicht die Bedeutung von TMD0 für die Bildung eines funktionierenden Kanals und/oder den Transport des Kanals in die Membran.
Mit Hilfe eines Hefe-Zweihybrid-Systems für Membranproteine (MY2H) wurden Interaktionen von Kir6.1 mit NCU-G1, LEM2, Laptm4a, sowie der Untereinheit a der F1Fo-ATP-Synthase festgestellt. Diese Proteine sind im wesentlichen intrazellulär lokalisiert, was die Aufmerksamkeit auf die noch wenig erforschten intrazellulären KATP-Kanäle lenkt. Zukünftige Fortschritte auf diesem Forschungssektor werden die physiologische Bedeutung der in dieser Dissertation festgestellten Interaktionen klären.
Abstract:
ATP-sensitive potassium channels (KATP channels) are heterooctamers of four pore-forming subunits (Kir6.1, Kir6.2) and four sulfonylurea receptors (SUR1, SUR2A, SUR2B). While ATP-binding to Kir6 causes channel inhibition, ADP in particular induces a SUR-mediated Mg2+-dependent activation. This means that the ATP/ADP ratio (besides other factors) regulates channel activity, thus linking the membrane potential to the metabolic cell state. This is the basis for the role of KATP channels in e.g. insulin secretion and the protection of cardiomyocytes and neurons under hypoxia.
One goal of this dissertation was to examine whether the ATPase inhibitors orthovanadate (Vi) and beryllium fluoride (BeFx) affect the MgATP induced decrease of glibenclamide binding to the KATP channel. Two chapters dealt with the consequences of manipulating the N-termini of its subunits. On one hand it was analysed how the mutation Kir6.2(V59G) affects the channel, on the other hand it was explored how the properties of SUR2B changed upon deletion of transmembrane domain TMD0. Finally a yeast-two-hybrid system for membrane proteins (MY2H) was used to search for interaction partners of Kir6.1 and hence the vascular KATP channel (Kir6.1/SUR2B).
Binding of inhibitors like glibenclamide (GBC) to SUR stabilises a closed conformation of the KATP channel. By contrast MgATP (in parallel to the Kir-mediated inhibition) exerts an activating influence via SUR, thus promoting a different conformation. Therefore increasing concentrations of MgATP progressively reduce GBC binding, an effect apparently requiring hydrolysis of SUR-bound MgATP to MgADP and orthophosphate (Pi). It is assumed that particularly the post-hydrolytic state exhibits only a low affinity for GBC. This raised the question whether the effect of MgATP, which is exceptionally strong for the mutant Kir6.2/SUR1(Q1178R), could be altered by the ATPase inhibitors orthovanadate (Vi) and beryllium fluoride (BeFx).
MgATP inhibited binding of [3H]GBC (1 nM) to Kir6.2/SUR1(Q1178R) with an IC50 of 30 µM (- Vi) and 8 µM (+ 1 mM Vi) respectively, showing that. stabilisation of a post-hydrolytic conformation by Vi increases the potency of MgATP. However, Vi did not change the amplitude of the inhibition curve, i.e. the amount of [3H]GBC remaining bound at high (> 0.3 mM) MgATP concentrations. By contrast, BeFx stabilises a pre-hydrolytic ATPase conformation. While the IC50 for MgATP inhibition of [3H]GBC binding was only slightly changed by BeFx (1 mM), the amplitude of the inhibition curve was reduced, i.e. in the presence of BeFx the maximum effect of MgATP on [3H]GBC binding was reduced.
Therefore the results support the hypothesis that during an ATPase cycle SUR occupies states with different affinity for GBC.
Another chapter dealt with an N-terminal mutation in Kir6.2. Valine 59 is part of the so-called slide helix, which supposedly is involved in KATP channel gating. Kir6.2(V59G)/SUR1 exhibits a high open probability and strongly reduced sensitivity towards inhibition by ATP. ATP sensitivity is especially low in the presence of Mg2+. This shows that the SUR-mediated activation by Mg-nucleotides is not impaired. Glibenclamide (1 µM) turned out to be completely ineffective in the absence of ATP, however, it enhanced the inhibitory effect of ATP when applied together with the latter. Phospholipids could not further increase the high activity of Kir6.2(V59G)/SUR1. Polycations like neomycin, which abolish the activatory effects of endogenous phospholipids and therefore inhibit wild type KATP channels, had relatively little impact on the mutant.
Together with analogous experiments on KATP channels with a truncated Kir-N-terminus the results support the hypothesis that inhibitory interactions between Kir-N-Terminus and SUR, as well as channel inhibition by glibenclamide are conveyed to the pore by the slide helix. However, SUR-mediated activation by Mg-nucleotides is not transmitted to the pore via the slide helix.
In order to improve understanding of the SUR structure the impact of deleting TMD0 (the first of the three transmembrane domains of SUR) on the properties of SUR2B(Y1206S) was explored, with the YS mutation enabling binding experiments with [3H]GBC.
The affinities of glibenclamide, repaglinide and the opener P1075 only weakly depended on TMD0. Kir6.2 enhanced the affinity of SUR2B(YS)deltaTMD0 for repaglinide by a factor of 1.6, which is less than observed with the full-length SUR2B(YS) (factor 5.7). Interactions between SUR2B(YS)deltaTMD0 and Kir6.2 were demonstrated also by co-immunoprecipitation, as well as homomultimerisation of SUR2B(YS)deltaTMD0 in the absence of Kir6.2. However, patch-clamp-experiments gave no evidence for functional KATP channels composed of Kir6.2 and SUR2B(YS)deltaTMD0. This underlines the importance of TMD0 for assembly of a functional channel and/or trafficking of the channel to the plasma membrane.
Using a yeast-two-hybrid system for membrane proteins (MY2H) NCU-G1, LEM2, Laptm4a and subunit a of the F1Fo-ATP-synthase were detected to interact with Kir6.1. Since the former proteins are located essentially intracellularly this draws the attention to the so far insufficiently explored intracellular KATP channels. Future progress in this field will clarify the physiological relevance of these newly-discovered interactions.