Inhaltszusammenfassung:
Misslokalisationsprofile beschreiben die inkorrekte Lokalisation von nahe der Lokalisationsschwelle liegenden taktilen Stimuli, die an bestimmten Körperregionen appliziert werden. Mit Hilfe dieser Misslokalisationsprofile kann Einsicht in die Verarbeitung taktiler Informationen in den sensorischen Arealen des Neokortex gewonnen werden.
Mit dem vorliegenden Experiment sollte untersucht werden, ob die Verarbeitung bilateral applizierter Reize zu interhemisphärischen Interaktionen führt. 15 Probanden wurden dahingehend getestet, ob ihre Wahrnehmung taktiler Reize nahe der Lokalisationsschwelle an der rechten Hand durch zuvor applizierte Stimuli an der linken Hand beeinflusst wird. Für den linken Daumen und den linken kleinen Finger wurden Interferenzstimuli verwendet, die 200ms bzw. 500ms vor Reizung eines beliebigen Fingers der rechten Hand appliziert wurden.
Die aus Misslokalisationsprofilen gewonnenen Daten ergaben, dass die an der linken Hand applizierten Interferenzstimuli die Lokalisation der an der rechten Hand applizierten Stimuli massiv beeinflussten. Die vorherige Stimulation des linken Daumens ergab eine signifikante Zunahme der Misslokalisationen am korrespondierenden Finger der rechten Hand. In ähnlicher Weise ergab die vorige Stimulation des kleinen Fingers der linken Hand eine signifikante Zunahme der Misslokalisationen am rechten Ringfinger. Aus den Untersuchungen geht hervor, dass Störreize, die an einer Hand appliziert werden, zu Interaktionen mit der Verarbeitung der Stimuli der anderen Hand führen, und zwar dann, wenn sie zeitlich so appliziert werden, dass der SII Kortex in die Verarbeitung involviert wird. Weiterhin unterstützen die Ergebnisse die These, dass die Interaktion in der Verarbeitung bilateral applizierter taktiler Impulse einer somatotopen Gliederung folgt und somit auf einer frühen Stufe der Informationsverarbeitung stattfindet.