Inhaltszusammenfassung:
RhDNase (Dornase alfa) wird seit ungefähr zehn Jahren erfolgreich bei Patien-ten mit Mukoviszidose inhalativ angewendet. RhDNase zerkleinert die DNA aus dem purulenten Zelldebris im Trachealsekret und verbessert so die Fließeigen-schaften (Rheologie) aufgrund der Konsistenzveränderung des Sekretes, was den Abtransport aus der Lunge erleichtert. Wir untersuchten, ob sich die bisherigen positiven Beobachtungen auch bei beatmeten Patienten mit Beatmungskomplikationen (Atelektasen) nachvollziehen lassen. Um den Wirkungsnachweis von intratracheal applizierter rekombinanter humaner DNase bei der Atelektasentherapie intubierter und beatmeter pädiatrischer Patienten zu bestimmen, wurde die hier vorliegende nicht-kontrollierte, prospektive, offene und monozentrische Anwendungsbeobachtung an intensivtherapeutisch betreuten pädiatrischen Patienten unter mechanischer Ventilation der Universitäts-Kinderklinik Tübingen untersucht. Als primäres klinisches Zielkriterium untersuchten wir die radiologisch verifizier-bare Verbesserung von Belüftungsstörungen (Gruppe 1) und Infiltraten (Gruppe 2) und verglichen mit einer Kontrollgruppe aus einer kontrollierten Studie, die unter NaCl 0,9%-Therapie Belüftungsstörungen entwickelten. Das Maß der entsprechenden radiologischen Verbesserung wurde in dieser Untersuchung anhand eines von uns erstellten Scoresystems beurteilt. 46 intensiv-medizinisch betreute Patienten, die 35 radiologisch gesicherte Atelektasen entwickelten, wurden zweimal täglich mit 0,1 mg/kg Körpergewicht rhDNase intratracheal therapiert. Beobachtet wurde mittels Beatmungsparameter und radiologischen Kontrolluntersuchungen, bei 16 Patienten mittels DNA-Quantifizierung, Zytologie und Zytokinexpression im Trachealsekret. Bei unveränderter Klinik wurde mittels bronchoskopischer Befunde verifiziert.
Wir fanden in Patientengruppe 1 insgesamt 35 pädiatrische Patienten mit Vor-liegen einer Belüftungsstörung (Altersmedian 0,48 Jahre, SD 4,6, Minimum 22 Tage, Maximum 16,4 Jahre). Die radiologische Bewertung der Ereignisse wäh-rend der Therapie mit rhDNase ergab innerhalb der ersten 24 Stunden eine signifikante Verbesserung aller Ereignisse aus Gruppe 1 um 56,4%. Nach 24 Stunden waren bereits 20 der insgesamt 51 (39,2%) Belüftungsstörungen radio-logisch nicht mehr nachweisbar. Zum Vergleich von Gruppe 1 und der Kontrollgruppe wurde von uns eine dem Alter und der Diagnose der Kontrollgruppe angeglichene (= gematchte Gruppe 1) erstellt. Diese artefiziell erstellte Gruppe 1 setzte sich aus insgesamt 21 Patienten zusammen. Ihr Altersmedian lag bei 0,32 Jahren (SD 0,36), das Alters-minimum war 15 Tage, das Maximum 1,65 Jahre. Die Gruppe 2 (Infiltrate) setzte sich aus insgesamt 11 pädiatrischen Patienten zusammen (Altersmedian 1,74 Jahre, SD 4,8, Minimum 27 Tage, Maximum 14,6 Jahre). Wir fanden bei 11 Patienten 17 Infiltrate, die sich in 3 der 17 Fälle erst nach 72 Stunden, in 4 Fällen nach 96 Stunden und in 16 Fällen nach mehr als 96 Stunden unter der Behandlung mit rhDNase radiologisch nachweisbar besserten. Innerhalb der ersten 48 Stunden war radiologisch keine Verbesserung zu erkennen. Erst nach 72 Stunden zeigte sich eine geringe Verbesserung um 16,2%. Unsere Kontrollgruppe (Therapie mit NaCl 0,9%) bestand aus insgesamt 17 intubierten und beatmeten pädiatrischen Patienten (Altersmedian 0,27 Jahre, SD 0,6, Minimum 6 Tage, Maximum 2,3 Jahre). Zu Beginn der Untersuchung wurden in der Kontrollgruppe sieben Atelektasen, neun Dystelektasen und eine Minderbelüftung diagnostiziert. Nach 24 Stunden war bei lediglich 2 von 17 (11,8%) Patienten eine Belüftungsstörung behoben, nach 72 Stunden waren 12 von 17 (70,6%) Patienten ohne Befund. Nach mehr als 96 Stunden konnte noch eine Dystelektase nachgewiesen werden.
Unsere Ergebnisse stimmen mit denen von Hendriks et al. überein, die retros-pektiv bei 30 Kindern beobachtet wurden (radiologische Verbesserung bei 17 von 25 (68%) Kindern am Folgetag der Behandlung) [41].
Es ist zu bedenken, daß bei dieser vorliegenden Untersuchung die Atelektasen-therapie mit rhDNase nicht unter standardisierten Bedingungen durchgeführt wurde (z.B. nicht einheitliche PEEP-Erhöhung, Intensivierung der Mukolyse, Bronchoskopie plus Lavage), so daß eine placebo-kontrollierte Studie zwingend notwendig ist.