Die Rolle interner Modelle bei der Wahrnehmung von Eigenbewegungen

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Zitierfähiger Link (URI): http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-opus-36312
http://hdl.handle.net/10900/45339
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2008
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Sonstige
Gutachter: Thier, Hans-Peter (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2006-11-10
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Schlagworte: Bewegungswahrnehmung , Kleinhirn , Bewegungssteuerung , Bewegungshandlung , Neurowissenschaften
Freie Schlagwörter:
Perception , Action Efference copy , Self
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_ohne_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Neuere Studien haben gezeigt, dass unser Gehirn bei der motorischen Kontrolle der eigenen Bewegungen auf sog. „interne Modelle“ (= ZNS-interne Repräsentationssysteme, die die kausale Beziehung zwischen Handlungen und ihren Konsequenzen simulieren) zurückgreift und insbesondere das Cerebellum ihrer Repräsentation und Optimierung unterliegt. Es gibt jedoch nur wenige Erkenntnisse darüber, wie wir die Wahrnehmung unserer eigenen Bewegungen verarbeiten. Die vorliegende Arbeit untersucht, (i) ob wir auch hierbei auf interne Modelle der sensorischen Konsequenzen unserer eigenen Bewegungen zurückgreifen und (ii) ob die Optimierung dieser perzeptuellen Modelle ebenfalls eine wesentliche Aufgabe des Cerebellums ist. Als exemplarisches Untersuchungsmodell für die psychophysischen Messungen diente dabei die simultane Untersuchung von Wahrnehmung und Durchführung der eigenen Handbewegungen. Hier gelang uns der psychophysische Nachweis, dass das perzeptuelle Bewusstsein der eigenen Handbewegungen auf einem inferentiellen Prozess aus Abgleich zwischen interner sensorischer Vorhersage und sensorischer Bewegungsrückmeldung beruht. Diese interne sensorische Vorhersage kann sich bei kontinuierlich veränderten visuellen Bewegungsrückmeldungen anpassen, um so dem Wahrnehmungssystem auch dann eine akkurate Vorhersage zu liefern, wenn dieses nicht auf externe Bewegungsrückmeldung zurückgreifen kann. Zudem wird die angepasste interne sensorische Vorhersage vom Gehirn auch dazu verwendet, interne motorische Bewegungspläne anzupassen (Publikation Journal of Neurophysiology). Diese Funktionen interner Modelle der Wahrnehmung sind bei Patienten mit Kleinhirnschädigungen gestört: Bei fehlender visueller Rückmeldung können sie weder auf eine optimierte interne Vorhersage für die Wahrnehmung zurückgreifen noch eine solche zur Anpassung der internen motorische Planung gebrauchen. Die gegenwärtige Denkweise, dass experimentelle nachgewiesene motorischen Defizite bei Kleinhirnpatienten Folge eines primären Defizits in der motorischen Kontrolle sind, könnte sich also als zu einfach erweisen, insofern diese zumindest teilweise auf Defiziten im perzeptuellen Lernen beruhen könnten. Damit verändert sich die Sichtweise des Kleinhirns: Möglicherweise dient es nicht vorrangig der Planung und Koordination motorischer Funktionen per se, sondern primär der Erstellung und Optimierung interner Vorhersagen, welche sekundär für Wahrnehmung und Kontrolle von Eigenbewegungen gebraucht werden können (Publikation Current Biology).

Abstract:

Recent studies have demonstrated that the brain resorts to so-called “internal models” (internal representations of the central nervous system which simulate the causal relationships between actions and their consequences) for motor control and that in particular cerebellar loops are part of these representations and their updating. However, only few studies have focused on the question how the we perceive our own actions. This work investigates (i) whether the perception of one’s own actions also resorts to internal models of the sensory consequences of ones actions and (ii) whether updating of these perceptual models relies on cerebellar functioning. This is exermplarily examined by simultaneously recording both action perception and action execution. We were able to show that the perceptual awareness of one’s own action builds on an inferential process of comparing internal sensory predictions and acutal sensory feedback of ones actions. These internal predictions can be recalibrated by constantly modified visual feedback, thus allowing an exact perceptual anticipation even in case of missing external action feedback. Moreover, the brain uses such a recalibrated sensory prediction to adapt internal motor programms for action execution (publication in The Journal of Neurophysiology). These functions of internal models are impaired in patients with cerebellar damage: In case of missing visual feedback they are unable to resort to a recalibrated internal prediction for perceiving one’s own movements and, moreover, to use it for adapting internal motor programs. The current view holding that motor deficits in cerebellar patients are primary a consequence of impaired motor control might be too simple in that impaired motor control might again result from impaired perceptual learning. Thus, the perspective on the functional role of the cerebellum might need to changed: The cerebellum does not seem to primarily serve motor planning and coordination per se, but to issue and recalibrate internal predictions, which can then be used for both perception and control of ones own movements (publication in Current Biology).

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