Experimentelle Untersuchung sprachkorrelierter Hirnpotenziale und ihrer funktionellen Bedeutung vor dem Hintergrund zweier neurobiologischer Sprachtheorien

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Zitierfähiger Link (URI): http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:bsz:21-opus-35694
http://hdl.handle.net/10900/45299
Dokumentart: Dissertation
Erscheinungsdatum: 2008
Sprache: Deutsch
Fakultät: 4 Medizinische Fakultät
Fachbereich: Sonstige
Gutachter: Kotchoubey, Boris (Prof. Dr.)
Tag der mündl. Prüfung: 2008-05-16
DDC-Klassifikation: 610 - Medizin, Gesundheit
Schlagworte: Ereigniskorreliertes Potenzial , Elektroencephalogramm , Visuell evoziertes Potenzial , Langsames Hirnpotenzial , Evoziertes Potenzial
Freie Schlagwörter: N400 , P600 , Sprachverstehen
N400 , P600 evoked potentials , Language
Lizenz: http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=de http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/doku/lic_mit_pod.php?la=en
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Inhaltszusammenfassung:

Ziel der vorliegenden Studie war es mit der Methode des EEGs und der Analyse der ereigniskorrelierten Potentiale N400 und P600 zwei grundlegende Theorien zur Sprachverarbeitung zu unterscheiden und gegeneinander abzuwägen. Die N400 kann dabei nach der Theorie des Modularismus als Indikator für semantische Verletzungen und die P600 als Indikator für syntaktische Verletzungen gewertet werden. Nach der Theorie des Konnektionismus spiegeln N400 und P600 aber uneindeutige und eindeutige Informationsverarbeitung wider. Um zwischen den beiden Theorien unterscheiden zu können, müssen die beiden Faktoren Semiotik (Semantik-Syntax) und Entropie (eindeutig-mehrdeutig) gegeneinander abgewogen werden. Dafür wurden in der vorliegenden Forschungsarbeit zwei Methoden gewählt: Versuchsanleitung und Stimulusmaterial. Insgesamt wurden vier Bedingungen untersucht: semantisch eindeutig, semantisch mehrdeutig, syntaktisch eindeutig und syntaktisch mehrdeutig. Für die semantisch eindeutige Bedingung wurden sowohl Sprichwörter als auch Antonyme untersucht. Sowohl die Verhaltensdaten (Reaktionszeit und Anzahl der richtigen Antworten) als auch die EEG-Daten wurden registriert und ausgewertet. Dabei ergaben sich folgende Faktoren, für die mehrere mehrfaktorielle Varianzanalysen durchgeführt wurden: Semiotik (Semantik-Syntax), Entropie (eindeutig-mehrdeutig), Kongruenz (richtig-falsch), Elektrode (frontal-zentral-parietal) und Hemispäre (links-rechts). In einer separaten Analyse wurden außerdem Antonyme und Sprichwörter miteinander verglichen (Faktor Versuch) In einem Nachversuch wurden die Versuche, auf die ein Tastendruck erfolgte, nochmals präsentiert, diesmal jedoch mit mentalem Zählen um den Effekt der motorischen Reaktion zu überprüfen (Faktor Wiederholung). Es ließen sich Hinweise für beide Theorien finden. Ein N400-Effekt wurde nur durch semantisch eindeutige Reize hervorgerufen wobei syntaktische Bedingungen eine größere N400 hervorriefen als semantische Bedingungen. Der P600-Effekt war in eindeutigen Bedingungen größer als in mehrdeutigen und in syntaktischen als in semantischen Bedingungen. In den Nachversuchen ohne Tastendruck zeigten sich insgesamt negativere EKP-Werte als in den Hauptversuchen mit Tastendruck. Diese Verschiebung hatte allerdings überwiegend keinen Einfluss auf die Signifikanz der einzelnen Faktoren und der Interaktionen. Somit lässt sich feststellen, dass die Ergebnisse der Theorienprüfung nicht durch die Bewegungen (Tastendruck) beeinflusst wurden. Die EKPs der Antonyme befanden sich insgesamt auf einem elektrophysiologisch negativerem Niveau als die der Sprichwörter, zeigten sonst aber wenige Unterschiede zu diesen. Die Ergebnisse liefern Hinweise sowohl für die Theorie des Modularismus als auch für die des Konnektionismus. Am einleuchtendsten scheint das Alternativmodell der semantischen Netzwerke zu sein, dem die "automatic spreading activation" zugrunde liegt und das Teile beider Theorien, mit dem Schwerpunkt auf dem Konnektionismus, beinhaltet. Grundlegendes Prinzip ist dabei, dass die Funktion von Sprache darin besteht verständliche Informationen zu transportieren. Für eine schnelle und unbehinderte Kommunikation ist es essenziell, dass eindeutige Signale vermittelt werden. Wenn sich das Gegenüber erst für eine Alternative entscheiden muss, wird der Informationsfluss verlangsamt. Für die Sprachverarbeitung finden dabei Prozesse zum Verständnis und außerdem die formale Korrektur statt. Dabei besteht keine starre linguistische Einteilung, sondern ein Netzwerk, in dem ein Wort das umgebende Netzwerk voraktiviert um die Verarbeitung zu beschleunigen und zu vereinfachen. Im Fall der Eindeutigkeit bleibt letztendlich nur ein in Frage kommender Knoten übrig. Im Fall der Mehrdeutigkeit verbleibt eine Auswahl an Wörtern oder Ausdrücken. Wenn einer dieser in Frage kommenden Knotenpunkte aktiviert wird, ist keine spezifische Hirnantwort messbar. Wenn der Input inkongruent ist, wird im eindeutigen Fall eine P600 gemessen. Dies ist ein Hinweis darauf, dass ein interner Prozess stattfindet und keine externe Information von Nöten ist. Wenn der Input allerdings mehrdeutig ist, muss eine Entscheidung für einen der möglichen Knotenpunkte stattfinden und dafür wird Information von außen benötigt. Um deren Wahrnehmung und Verarbeitung zu vereinfachen wird eine Negativität produziert, eine N400 wird gemessen.

Abstract:

Ziel der vorliegenden Studie war es mit der Methode des EEGs und der Analyse der ereigniskorrelierten Potentiale N400 und P600 zwei grundlegende Theorien zur Sprachverarbeitung zu unterscheiden und gegeneinander abzuwägen. Die N400 kann dabei nach der Theorie des Modularismus als Indikator für semantische Verletzungen und die P600 als Indikator für syntaktische Verletzungen gewertet werden. Nach der Theorie des Konnektionismus spiegeln N400 und P600 aber uneindeutige und eindeutige Informationsverarbeitung wider. Um zwischen den beiden Theorien unterscheiden zu können, müssen die beiden Faktoren Semiotik (Semantik-Syntax) und Entropie (eindeutig-mehrdeutig) gegeneinander abgewogen werden. Dafür wurden in der vorliegenden Forschungsarbeit zwei Methoden gewählt: Versuchsanleitung und Stimulusmaterial. Insgesamt wurden vier Bedingungen untersucht: semantisch eindeutig, semantisch mehrdeutig, syntaktisch eindeutig und syntaktisch mehrdeutig. Für die semantisch eindeutige Bedingung wurden sowohl Sprichwörter als auch Antonyme untersucht. Sowohl die Verhaltensdaten (Reaktionszeit und Anzahl der richtigen Antworten) als auch die EEG-Daten wurden registriert und ausgewertet. Dabei ergaben sich folgende Faktoren, für die mehrere mehrfaktorielle Varianzanalysen durchgeführt wurden: Semiotik (Semantik-Syntax), Entropie (eindeutig-mehrdeutig), Kongruenz (richtig-falsch), Elektrode (frontal-zentral-parietal) und Hemispäre (links-rechts). In einer separaten Analyse wurden außerdem Antonyme und Sprichwörter miteinander verglichen (Faktor Versuch) In einem Nachversuch wurden die Versuche, auf die ein Tastendruck erfolgte, nochmals präsentiert, diesmal jedoch mit mentalem Zählen um den Effekt der motorischen Reaktion zu überprüfen (Faktor Wiederholung). Es ließen sich Hinweise für beide Theorien finden. Ein N400-Effekt wurde nur durch semantisch eindeutige Reize hervorgerufen wobei syntaktische Bedingungen eine größere N400 hervorriefen als semantische Bedingungen. Der P600-Effekt war in eindeutigen Bedingungen größer als in mehrdeutigen und in syntaktischen als in semantischen Bedingungen. In den Nachversuchen ohne Tastendruck zeigten sich insgesamt negativere EKP-Werte als in den Hauptversuchen mit Tastendruck. Diese Verschiebung hatte allerdings überwiegend keinen Einfluss auf die Signifikanz der einzelnen Faktoren und der Interaktionen. Somit lässt sich feststellen, dass die Ergebnisse der Theorienprüfung nicht durch die Bewegungen (Tastendruck) beeinflusst wurden. Die EKPs der Antonyme befanden sich insgesamt auf einem elektrophysiologisch negativerem Niveau als die der Sprichwörter, zeigten sonst aber wenige Unterschiede zu diesen. Die Ergebnisse liefern Hinweise sowohl für die Theorie des Modularismus als auch für die des Konnektionismus. Am einleuchtendsten scheint das Alternativmodell der semantischen Netzwerke zu sein, dem die "automatic spreading activation" zugrunde liegt und das Teile beider Theorien, mit dem Schwerpunkt auf dem Konnektionismus, beinhaltet. Grundlegendes Prinzip ist dabei, dass die Funktion von Sprache darin besteht verständliche Informationen zu transportieren. Für eine schnelle und unbehinderte Kommunikation ist es essenziell, dass eindeutige Signale vermittelt werden. Wenn sich das Gegenüber erst für eine Alternative entscheiden muss, wird der Informationsfluss verlangsamt. Für die Sprachverarbeitung finden dabei Prozesse zum Verständnis und außerdem die formale Korrektur statt. Dabei besteht keine starre linguistische Einteilung, sondern ein Netzwerk, in dem ein Wort das umgebende Netzwerk voraktiviert um die Verarbeitung zu beschleunigen und zu vereinfachen. Im Fall der Eindeutigkeit bleibt letztendlich nur ein in Frage kommender Knoten übrig. Im Fall der Mehrdeutigkeit verbleibt eine Auswahl an Wörtern oder Ausdrücken. Wenn einer dieser in Frage kommenden Knotenpunkte aktiviert wird, ist keine spezifische Hirnantwort messbar. Wenn der Input inkongruent ist, wird im eindeutigen Fall eine P600 gemessen. Dies ist ein Hinweis darauf, dass ein interner Prozess stattfindet und keine externe Information von Nöten ist. Wenn der Input allerdings mehrdeutig ist, muss eine Entscheidung für einen der möglichen Knotenpunkte stattfinden und dafür wird Information von außen benötigt. Um deren Wahrnehmung und Verarbeitung zu vereinfachen wird eine Negativität produziert, eine N400 wird gemessen.

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