Inhaltszusammenfassung:
Der vorliegende Teil einer Vergleichsarbeit mit N. Müller-Berner benennt Gründe, Problemstellungen und familiäre Situationen, die Gerichte dazu veranlassen, im Rahmen von Sorge- und Umgangsrechtsverfahren die Begutachtung eines bereits über 14-jährigen Jugendlichen in Auftrag zu geben.
Da diese spezifische Fragestellung in der Fachliteratur bisher noch nicht evaluiert wurde, konnten keine vergleichenden Studien- oder Untersuchungsergebnisse herangezogen werden. Basis der Arbeit bilden somit 8 anfangs generierte Hypothesen, die sich aus den Erfahrungsberichten der Mitarbeiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie Tübingen ableiten ließen. Die mittels einer geschlechterdifferenzierten Retrospektivanalyse von Gutachten (diese Arbeit untersucht die weiblichen, die Arbeit von N. Müller-Berner die männlichen Jugendlichen) sowie einer Richterbefragung gewonnenen Ergebnisse lassen sich als folgendes Bild skizzieren:
Insgesamt wird eine Begutachtung innerhalb dieser Altersgruppe in oben genannter Auseinandersetzung nur selten angefordert. In der Mehrzahl der begutachteten Fälle findet sich eine komplexe, extrem konfliktbehaftete familiäre Situation. Es zeigt sich weiter, wie stark auch ältere Jugendliche noch unter der elterlichen Trennungs- und Streitsituation leiden und wie groß ihre emotionale Belastung und Hilfsbedürftigkeit sind. Die zeitgleich bestehende Eigenständigkeit der Jugendlichen wird insbesondere durch den in allen Fällen respektierten jugendlichen Willen bezüglich der zukünftigen Sorge- und/oder Umgangsrechtsregelung sichtbar.
Zu hoffen ist, dass vorliegende Studie insbesondere die Personen erreicht, die in direktem Kontakt mit entsprechend betroffenen Jugendlichen stehen: Sie will für deren spezifische Sorgen und Probleme sensibilisieren und einen Überblick über besonders problematische familiäre Situationen ermöglichen.
Nicht zuletzt soll sie zu weiterführender Forschung sowie nachfolgenden, größeren Studien auf diesem bisher kaum beachteten Gebiet anregen.