Inhaltszusammenfassung:
Hintergrund
Obwohl die gesundheitlichen Folgeschäden des Tabakkonsums gut bekannt sind, gelingt vielen Rauchern der Weg zur Abstinenz nicht. Für die Entwicklung der Abhängigkeit spielen dabei psychische als auch biologische Faktoren eine wesentliche Rolle. Erstere ist am besten durch ein lerntheoretisches Modell, letztere im Wesentlichen durch eine nikotin-vermittelte Wirkung zu erklären. Diese zeigt sich sehr vielfältig: Transmitter wie Dopamin, Noradrenalin, Acetylcholin, 5-Hydroxytryptamin, Gamma-Aminobuttersäure und ß-Endorphine werden sowohl durch eine Freisetzung als auch durch eine Blockade beeinflusst. Vor allem aber der Einfluss auf das dopaminerge System soll durch eine direkte Stimulierung der Dopaminfreisetzung im Nucleus accumbens (dem Belohnungszentrum) und die damit verbundne Verstärkerwirkung eine Schlüsselrolle bei der Entwicklung der Abhängigkeit einnehmen.
Ein weiterer potentieller Einfluss des dopaminergen Systems auf das Rauchverhalten besteht über Persönlichkeitsvariablen, die mit dopaminergen Transmissionen in Verbindung gebracht werden. Hypothesen bestehen dahingehend, dass eine ausgeprägte „Harm-Avoidance“ mit einer hohen Aktivität im serotonergen System in Zusammenhang steht, während ein hohes Maß an „Novelty-Seeking“ mit einer geringen basalen Dopaminaktivität in Verbindung gebracht wird. (Etter et al. 2003).
Methode
In dieser Studie wurden 202 Raucher, die an einer verhaltenstherapeutischen Gruppentherapie in Verbindung mit einer Nikotinsubstitution teilgenommen hatten, auf rauchanamnestische und psychologische Variablen (TPQ (Tridimensional-Personality-Questionnaire)-Novelty-Seeking, TPQ-Reward-Dependence, Symptome des Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndorms, kurz ADHS) hin untersucht. Zusätzlich wurden als mögliche biologische Prädiktoren der Abhängigkeit und Abstinenzfähigkeit die genetische Polymorphismen der Neurorezeptoren Dopamin D2 (TaqA1, rs1800497), D4 (VNTR-48-bp) und Dopamintransportergen (SLC6A3-Gen, rs2617604) erfasst.
Ergebnisse
In dieser Studie konnte kein Zusammenhang zwischen den Rauchvariablen wie Anzahl der gerauchten Zigaretten pro Tag, FTND-Wert, Anzahl der Rauchjahre sowie Alter bei Beginn des regelmäßigen Rauchens mit Polymorphismen des dopaminergen Systems DRD2 (TaqA1, rs 1800497), DRD4 (48bp-A1-Allel) und DAT (rs 2617604) festgestellt werden. Dies gilt auch für die hypothetischen Mediationsvariablen (TPQ-Novelty-Seeking, TPQ-Reward Dependence, Symptome der ADHD).
Zur Ermittlung potentieller Einflussfaktoren auf die Abstinenzraten wurde eine logistische Regression durchgeführt. Es konnte weder bei den dopaminergen Polymorphismen DRD2 (TaqA1, rs 1800497), DRD4 (48bp-A1-Allel) und DAT (rs 2617604) noch bei den psychologischen Variablen ein signifikanter Einfluss gefunden werden. Es fanden sich dagegen nebenbefundlich schwache Hinweise auf eine Zusammenhang zwischen Symptomen der ADHD und der gerauchten Zigaretten pro Tag und einer erhöhten Ausprägung des Persönlichkeitsmerkmals „Reward-Dependence“ und einem erhöhten Punktwert im FTND.
Lediglich bei der Analyse des 48-Basenpaar-Genotypes konnten signifikante Zusammenhänge mit der Anzahl der gerauchten Zigaretten pro die und der Rauchdauer in Jahren gefunden werden, welche jedoch nur schwer zu interpretieren sind.
Schlussfolgerung
Die Ergebnisse führen zu der Annahme, dass bei der Entwicklung einer Tabakabhängigkeit von einer weitaus komplexeren Entstehungsgrundlage auszugehen ist. Der Beitrag des dopaminergen Systems ist eingebettet in eine komplexe Interaktion von Genetik, Umwelt und Persönlichkeit.
Die große Zahl von Sequenzvarianten erschwert es, exakt diejenigen Sequenzen zu bestimmen, welche an der Ätiologie der Suchtentwicklung beteiligt sind. Ein „Raucher-Gen“ per se wird daher nicht zu finden sein. Dennoch könnten weitere Untersuchungen zeigen, dass eine Kombination aus bestimmten Polymorphismen eine Suchtentwicklung fördert und somit eine erhöhte Disposition zur Tabakabhängigkeit darstellen. Vielversprechend zeigt sich hierbei die Untersuchung assoziierter Haplotypen-Blöcke über hochinformative taqSNPs.
Abstract:
Abstract
The objective of this study was to find mediation between genetic polymorphisms in dopaminergic pathways, genetically dopaminergic determined personality dimensions and smoking behaviour. Based on findings of the literature it was hypothesized that there is a prognostic influence of the genetic on smoking behaviour, which is supported by personality dimensions.
202 adult regular smokers who participated in an abstinence program were recruited. They completed self-report questionnaires assessing psychological (TPQ (Tridimensional-Personality-Questionnaire)-Novelty-Seeking, TPQ-Reward-Dependence, symptoms of attention-deficit-hyperactivitydiseasee - ADHC) and smoking variables (cigarettes per day, age of starting smoking, years of smoking, FTND), accomplished with genotyping of dopaminergic polymorphisms (DRD2 (TaqA1, rs1800497), DRD4 (VNTR-48-bp) and DAT (SLC6A3-Gen, rs2617604).
There was no significant association between smoking variables and genetic polymorphismen, nor for the mediation of personality dimensions. Secondary findings showed small coherency between ADHD/ smoked cigarettes per day and FTND/high level of reward-dependance.
The results affirm the complexity of tobacco dependence. The dopaminergic pathway may be one part, which interacts with more genetic pathways, environment and personality. But the great variability of possible polymorphisms makes it difficult to specify. But a “smoker-gene” by itself seems unlikely, rather a combination of many polymorphismen which interact with each other. In this connection examinations of reporter-gene constructs for relevant haplotype seems to be promising.